‘Abdu’l-Bahá | ‘Abdu’l-Bahá in London
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11:6
Frohe Kunde! Frohe Kunde! Das Großer-Friede-Banner weht überall!
11:7
Frohe Kunde! Frohe Kunde! Das Licht in der Lampe der Einheit strahlt hell!
11:8
Frohe Kunde! Frohe Kunde!Das Feuer der Liebe des Herrn lodert schnell!
11:9
Frohe Kunde! Frohe Kunde! Der Heilige Geist wird die Fülle geben!
11:10
Frohe Kunde! Frohe Kunde! Denn hier ist ewiges, ewiges Leben!
11:11
O ihr Schläfer, wacht auf! O ihr Achtlosen, werdet weise! O Blinder, werde sehend! O Tauber, höre! O Stummer, sprich! O Toter, steh’ auf!
11:12
Seid glücklich! Seid glücklich! Seid der Freude voll!
11:13
Heute ist der Tag der Verkündigung des Báb! Es ist das Fest des Vorläufers der Gesegneten Schönheit (Bahá’u’lláh). Es ist der Tag des Heraufdämmerns des Morgens der Führung.«
Zweiter Besuch ‘Abdu’l-Bahás in Großbritannien vom 13. Dezember 1912 bis zum 21. Januar 1913Über das Gebet
12:1
97 Cadogan Gardens, London, 26. Dezember 1912
12:2
Frage: ́»Sollte Gebet die Form praktischen Handelns annehmen?«
12:3
Antwort: »Ja. In der Bahá’í-Religion werden Künste, Wissenschaften und Handwerk als Gottesdienst angesehen. Jemand, der ein Blatt Papier herstellt, gewissenhaft und so gut er kann, der all seine Kräfte auf die Vervollkommnung dieses Papiers verwendet, der preist damit Gott. Kurz, jede Mühe und Anstrengung, die der Mensch mit der ganzen Kraft seines Herzens unternimmt, ist Gottesdienst, sofern es die hehrsten Motive sind und der Wunsch, der Menschheit zu dienen, die ihn antreiben. Gott zu dienen heißt: der Menschheit dienen und sich der Nöte der Menschen annehmen. Dienen ist Gebet. Ein Arzt, der sich voll Sanftmut und Mitgefühl, vorurteilslos und im Glauben an die Zusammengehörigkeit aller Menschen der Kranken annimmt, preist damit Gott.«
12:4
Frage: »Was ist der Sinn unseres Daseins?«
12:5
Antwort: »Vollkommenheiten zu erwerben. Wir stammen aus der Erde. Warum sind wir vom Mineralreich ins Pflanzenreich übergegangen und vom Pflanzenreich ins Tierreich? Damit wir in jedem dieser Reiche Vollkommenheit erreichen, damit wir uns die besten Eigenschaften der Mineralstoffe aneignen, damit wir die Kraft des Wachstums, wie sie die Natur der Pflanze ausmacht, zu unserer Natur machen, damit wir uns mit den Instinkten der Tierwelt schmücken und über die Kräfte des Sehens, Hörens, Riechens, Tastens und Schmeckens verfügen – bis wir uns aus dem Tierreich ins Menschenreich erheben, wo uns Verstand, Erfindungskraft und die Kräfte des Geistes geschenkt sind.«
Über das Böse
13:1
Frage: »Was ist das Böse?«
13:2
Antwort: »Das Böse ist die Unvollkommenheit. Sünde ist der Zustand des Menschen in der Welt der niederen Natur, denn in der Natur gibt es Makel wie Ungerechtigkeit, Gewaltherrschaft, Hass, Feindseligkeit und Streit – solches sind die Merkmale der niederen Natur. Dieses sind die Sünden der Welt, die Früchte des Baumes, von dem Adam kostete. Durch Erziehung müssen wir uns von diesen Unvollkommenheiten befreien. Die Propheten Gottes wurden hernieder gesandt und die Heiligen Bücher geschrieben, damit der Mensch befreit werde. So wie der Mensch aus dem Schoße seiner irdischen Mutter in diese Welt der Unvollkommenheit geboren wurde, wird er durch göttliche Erziehung in die geistige Welt hineingeboren. Wird ein Mensch in die Welt der äußeren Erscheinungen geboren, entdeckt er das Universum, wird er aber aus dieser Welt in die geistige Welt geboren, entdeckt er das Himmelreich.«
Der Fortschritt der Seele
14:1
Frage: »Schreitet die Seele in dieser Welt eher durch Leid oder durch Freude fort?«
14:2
Antwort: »Seele und Geist des Menschen schreiten fort, wenn er von Leid heimgesucht wird. Je tiefer der Boden gepflügt wird, desto besser wird der Same sprießen und umso reicher die Ernte ausfallen. So wie der Pflug eine tiefe Furche zieht und die Erde von Unkraut und Disteln säubert, so reinigen Leid und Trübsal den Menschen von den Belanglosigkeiten dieses irdischen Lebens, bis er den Zustand völliger Loslösung erreicht. Sein Lebensgefühl hinieden wird dann von göttlicher Glückseligkeit geprägt sein. Man könnte sagen, der Mensch ist unreif; die Hitze des Leidensfeuers wird ihn reifen lassen. Blickt zurück in die Vergangenheit, und ihr werdet sehen, dass die größten Menschen am meisten gelitten haben.«
14:3
Frage: »Sollte demnach jemand, der durch Leiderfahrung eine höhere Entwicklungsstufe erreicht hat, Freude fürchten?«
14:4
Antwort: »Im Leid wird er zu ewiger Freude gelangen, und nichts wird ihm diese Freude nehmen können. Die Apostel Christi haben gelitten; sie haben ewige Freude gewonnen.«
14:5
Frage: »Also ist es unmöglich, ohne Leiderfahrung Glückseligkeit zu erlangen?«
14:6
Antwort: »Nur durch Leiderfahrung gewinnt man ewige Glückseligkeit. Wer die Ebene der Selbstaufopferung erreicht hat, ist im Besitze wahrer Freude. Weltliche Freude vergeht.«
14:7
Frage: »Ist die Seele eines Verstorbenen imstande, zu einem noch hier Lebenden zu sprechen?«
14:8
Antwort: »Ein solches Gespräch ist möglich, aber es ist nicht von der Art unserer Gespräche. Zweifellos beeinflussen die Kräfte der höheren Welten die Kräfte unserer Ebene. Des Menschen Herz ist ein offener Kanal für Inspiration; dies versteht man unter geistiger Kommunikation. So wie man sich im Traum mit einem Freund unterhält, obwohl der Mund nicht spricht, so verhält es sich mit einem geistigen Gespräch. Jemand kann sich an sein eigenes Selbst wenden und es fragen: ›Soll ich dies tun? Ist es ratsam für mich, dieses Vorhaben zu beginnen?‹ Solcher Art ist das Gespräch mit dem höheren Selbst.«
Die vier Arten der Liebe
15:1
97 Cadogan Gardens, London, 4. Januar 1913
15:2
»Was für eine Macht ist doch die Liebe! Sie ist die wunderbarste, die größte aller Lebenskräfte.
15:3
Die Liebe gibt dem Leblosen das Leben; sie entzündet eine Flamme in erkalteten Herzen. Die Liebe gibt dem Hoffnungslosen Hoffnung und macht leidgeprüfte Herzen froh.
15:4
In der Welt des Seins gibt es wahrlich keine größere Macht als die der Liebe. Wenn des Menschen Herz im Feuer der Liebe erglüht, ist er bereit, alles zu opfern, sogar sein Leben. Im Evangelium wird gesagt, dass Gott die Liebe ist.
15:5
Es gibt vier Arten der Liebe. Die erste ist die Liebe, die von Gott zum Menschen strömt. Sie besteht in Seinen unerschöpflichen Gunstbeweisen, in der göttlichen Ausstrahlung und in himmlischer Erleuchtung. Durch diese Liebe erhält die Welt des Seins Leben. Durch sie empfängt der Mensch die Gabe des körperlichen Seins, bis er durch den Odem des Heiligen Geistes – dieselbe Liebe – ewiges Leben erlangt und das Ebenbild des lebendigen Gottes wird. Diese Liebe ist der Ursprung aller Liebe in der Welt der Schöpfung.
15:6
Die zweite Art der Liebe strömt vom Menschen zu Gott. Dies ist Glaube, Hingezogensein zum Göttlichen, Entflammtsein, Fortschritt, Eintritt in das Reich Gottes. So empfängt man Gottes Güte und die Erleuchtung vom Lichte des Königreichs. Diese Liebe ist der Urgrund aller Liebe zur Menschheit. Sie lässt die Sonnenstrahlen der Wahrheit in den Herzen der Menschen aufleuchten.
15:7
Die dritte Art ist die Liebe Gottes zu Gott oder zur Einzigkeit Gottes. Das ist das Übergehen Seiner Schönheit in die Schöpfung, das Widerstrahlen Seiner Selbst im Spiegel aller Kreatur. Das ist die Wirklichkeit der Liebe, die ursprüngliche, die ewige Liebe. Auf einem Strahl dieser Liebe gründet sich jede andere.
15:8
Die vierte Art ist die Liebe von Mensch zu Mensch. Die Liebe, die zwischen den Herzen der Gläubigen besteht, geht aus dem Ideal der geistigen Einheit hervor. Diese Liebe wird durch das Wissen um Gott erreicht, so dass man erkennt, wie die göttliche Liebe im Herzen aufleuchtet. Jeder sieht in der Seele des anderen einen Spiegel der Schönheit Gottes. Und hat er diesen Grad der Ähnlichkeit entdeckt, fühlt er sich in Liebe zum anderen hingezogen. Diese Liebe wird alle Menschen zu Wogen eines Meeres, zu Sternen eines Firmamentes und zu Früchten eines Baumes machen. Diese Liebe wird wahre Übereinstimmung ermöglichen und den Grundstein zu echter Einigkeit legen.
15:9
Aber die Anziehung, die zuweilen Freunde verbindet, ist keine (echte) Liebe, da sie zur Vergänglichkeit verurteilt ist. Sie ist nur ein Strohfeuer. In einem leichten Wind geben die dünneren Bäume nach. Der Ostwind beugt den Baum nach Westen, und dreht der Wind nach Westen, neigt sich der Baum nach Osten. Diese Art der Liebe gründet sich auf zufällige Gegebenheiten des Lebens. Das ist keine Liebe, sondern lediglich eine Vertrautheit, die dem Wechsel unterworfen ist.
15:10
Heute kann man zwei Seelen in scheinbar enger Freundschaft sehen, morgen kann sich dies alles geändert haben. Gestern noch waren sie bereit, füreinander zu sterben, heute meidet einer die Gesellschaft des andern. Das ist keine Liebe, das ist Hingabe des Herzens an die Zufälle des Lebens. Wenn das Moment, welches diese ›Liebe‹ hervorgerufen hat, verschwindet, dann geht auch die Liebe; sie kann also nicht echt sein.
15:11
Die Liebe zeigt sich nur in den vier Erscheinungsformen, die ich soeben erklärt habe:
15:12
a) die Liebe Gottes gegenüber der Identität Gottes – Christus hat gesagt: ›Gott ist die Liebe.‹
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