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9:1‘Abdu’l-Bahá sagte: Die Botschaft Krishnas ist die Botschaft der Liebe. Alle Propheten Gottes haben die Botschaft der Liebe überbracht. Keiner von ihnen hat je die Auffassung vertreten, dass Krieg und Hass gut sei. Alle bezeichnen gleichermaßen Liebe und Güte als das Beste.9:2Die Liebe äußert ihre Wirklichkeit in Taten, nicht in bloßen Worten. Worte allein besitzen keine Wirkung. Um ihre Kraft zu zeigen, muss Liebe einen Gegenstand, ein Werkzeug, einen Anlass haben.9:3Es gibt vielerlei Möglichkeiten, Liebe zu erzeigen: Da ist die Liebe zur Familie, zum Vaterland, zu Menschen gleicher Hautfarbe, die politische Begeisterung und auch die Liebe gleichgerichteter Interessen. Dies alles sind Mittel und Wege, um die Macht der Liebe zu erweisen. Ohne solche Mittel würden wir die Liebe weder sehen, noch hören oder fühlen, all dies würde nicht zum Ausdruck kommen. Wasser zeigt seine Möglichkeit auf mancherlei Weise, dadurch, dass es den Durst löscht oder die Saat zum Wachsen bringt und so weiter. Kohle äußert ihre Eigentümlichkeiten unter anderem im Gaslicht, während sich die Wirkung der Elektrizität zum Beispiel im elektrischen Licht zeigt. Gäbe es kein Gas und keine Elektrizität, so würden die Nächte der Welt dunkel sein. So bedarf es auch zur Äußerung der Liebe eines Werkzeuges, einer Ursache, eines Gegenstandes, einer Ausdrucksmöglichkeit.9:4Wir müssen einen Weg herausfinden, auf dem wir Liebe unter die Menschensöhne tragen können.9:5Liebe ist ohne Grenzen, Schranken und Ende. Materielle Dinge sind begrenzt, beschränkt und endlich. Mit begrenzten Mitteln könnt ihr unendliche Liebe nicht angemessen zum Ausdruck bringen.9:6Die vollkommene Liebe braucht ein selbstloses Werkzeug, das von jeder Art von Fessel völlig frei ist. Die Liebe zur Familie ist begrenzt, das Band der Blutsverwandtschaft nicht das stärkste. Oft sind Mitglieder der gleichen Familie uneins, ja, hassen sie einander.9:7Vaterlandsliebe ist endlich. Liebe zum eigenen Lande, die zum Hass gegen alle übrigen führt, ist keine vollkommene Liebe. Auch Landsleute sind nicht frei von Streitigkeiten.9:8Die Liebe zu
einer Volksgruppe ist begrenzt. Wohl herrscht hier eine gewisse Einheit, doch sie genügt nicht. Liebe darf keine Grenzen haben.9:9Liebe zur eigenen Volksgruppe kann gleichzeitig Hass gegen alle anderen bedeuten, und selbst Menschen, die diese Volkszugehörigkeit teilen, werden einander oft nicht lieben.9:10Politische Liebe ist gleichfalls stark mit Hass gegen andere Parteien verbunden. Derartige Liebe ist sehr begrenzt und schwankend.9:11Die aus gleichgerichteten Interessen fließende Liebe ist unbeständig. Vielfach ergeben sich dabei Abgrenzungen, die Eifersucht hervorrufen, und schließlich verdrängt der Hass die Liebe.9:12Vor einigen Jahren standen die Türkei und Italien in einem freundlichen politischen Verhältnis zueinander, und jetzt liegen sie miteinander im Kriege!9:13Alle diese Bande der Liebe sind unvollkommen. Es ist klar, dass begrenzte materielle Bindungen nicht genügen, um allumfassende Liebe angemessen auszudrücken.9:14Die große selbstlose Liebe zur Menschheit ist durch keine dieser unvollkommenen, halb selbstsüchtigen Bindungen gefesselt. Sie ist die einzige vollkommene Liebe, die allen Menschen möglich und nur durch die Macht des göttlichen Geistes zu erreichen ist. Keine weltliche Macht kann die allumfassende Liebe je zustande bringen.9:15Lasst alle in dieser göttlichen Macht der Liebe eins sein! Lasst alle danach streben, dass sie im Lichte der Sonne der Wahrheit wachsen und diese strahlende Liebe auf alle Menschen widerspiegeln, damit ihre Herzen geeinigt werden und sie immerdar im Glanze dieser grenzenlosen Liebe bleiben.9:16Behaltet diese Worte, die ich in der kurzen Zeit, da ich in Paris in eurer Mitte weile, zu euch spreche. Ich ermahne euch ernstlich: Lasst eure Herzen nicht durch die materiellen Dinge dieser Welt in Fesseln schlagen. Ich heiße euch, nicht als Hörige der Materie selbstzufrieden auf dem Bette der Nachlässigkeit zu liegen, sondern euch zu erheben und euch von ihren Banden frei zu machen!9:17Das Tierreich ist im Stoff gefangen, den Menschen aber hat Gott mit Freiheit ausgestattet. Das Tier kann den Naturgesetzen nicht entrinnen, wogegen der Mensch sie zu beherrschen vermag, weil er die Natur begreifen und sich dadurch über sie erheben kann.9:18Die Macht des Heiligen Geistes, der den Verstand des Menschen erleuchtet hat, hat ihn befähigt, Mittel zu entdecken, die die Naturgesetze seinem Willen beugen. Er durchfliegt die Luft, durchkreuzt die Meere und bewegt sich sogar in ihren Tiefen.9:19Dies alles zeigt, wie der Verstand des Menschen befähigt wurde, ihn von den Begrenzungen der Natur zu lösen und viele ihrer Geheimnisse zu enträtseln. Der Mensch hat die Fesseln des Stoffes bis zu einem gewissen Grad zerbrochen.9:20Der Heilige Geist will dem Menschen noch größere Kräfte als diese geben, wenn er nur nach den Dingen des Geistes streben und sich bemühen möchte, sein Herz mit der göttlichen unendlichen Liebe in Harmonie zu bringen.9:21Wenn ihr ein Mitglied eurer Familie oder einen Landsmann liebt, so tut es mit einem Strahl der unendlichen Liebe! Tut es mit Gott und für Gott! Wo immer ihr die Eigenschaften Gottes findet, liebt jenen Menschen, gleichviel, ob er zu eurer Familie oder zu einer anderen zählt. Ergießet das Licht der grenzenlosen Liebe über jedes menschliche Wesen, das ihr antrefft, mag es gleich eurem Lande, eurer Herkunft, eurer politischen Partei oder irgendeiner anderen Nation, Farbe oder politischen Richtung angehören. Der Himmel wird euch helfen, wenn ihr daran arbeitet, die zerstreuten Völker der Welt unter den Schatten des allmächtigen Zeltes der Einigkeit zu sammeln.9:22Ihr werdet die Diener Gottes sein, die in Seiner Nähe wohnen, Seine göttlichen Gehilfen im Dienste an der ganzen Menschheit. Der ganzen Menschheit! Jedes menschlichen Wesens! Vergesst dies nie!9:23Sagt nicht, dass jemand Italiener, Franzose oder Engländer ist, denkt nur daran, dass er ein Sohn Gottes, ein Diener des Allerhöchsten ist, ein Mensch! Alle sind Menschen! Vergesst die Landeszugehörigkeiten – alle sind gleich im Angesicht Gottes.9:24Denkt nicht an eure eigene Begrenztheit, denn Gottes Hilfe wird mit euch sein. Vergesst euch selbst, denn Gottes Hilfe wird gewisslich zu euch kommen.9:25Wenn ihr die Barmherzigkeit Gottes anruft und auf ihren Beistand wartet, wird eure Kraft verzehnfacht werden.9:26Schaut auf mich: Ich bin so schwach, und doch erhielt ich die Kraft, zu euch zu kommen, ein armer Diener Gottes, der befähigt wurde, euch diese Botschaft zu verkünden. Ich werde nicht lange bei euch sein. Man muss nicht auf seine eigene Schwachheit blicken, denn es ist die Kraft des Heiligen Geistes der Liebe, der die Macht zum Lehren gibt. Der Gedanke an unsere eigene Schwachheit könnte uns nur verzweifeln lassen. Wir müssen unser Auge über alle irdischen Gedanken erheben, uns von jedem materiellen Gedanken lösen, Geistiges erbitten und unseren Blick auf die ewige freigebige Gnade des Allmächtigen heften, der unsere Seelen erfüllen will mit der Freude eines fröhlichen Dienstes gemäß Seinem Gebote: »Liebet einander!«Vgl. Joh. 15:12 – Anm. d. Hrsg.
QDie Gefangenschaft ‘Abdu’l-Bahás10:0_15Avenue de Camoëns 4, Mittwoch, den 25. Oktober 191110:1Ich bedaure sehr, dass ich euch heute Morgen warten ließ, aber ich muss in kurzer Zeit so viel für die Sache der Liebe Gottes tun.10:2Es wird euch nichts ausgemacht haben, dass ihr ein wenig warten musstet, um mich zu sehen. Ich habe im Gefängnis Jahr um Jahr gewartet, dass ich euch besuchen könnte.10:3Vor allem aber sind unsere Herzen, Gott Lob, in ständiger Verbundenheit und mit gleichem Ziel durch die Liebe Gottes angezogen. Sind wir nicht durch die Segnungen des Himmelreiches mit unserer Sehnsucht, unserem Herzen und Geist in einem einzigen Band vereinigt? Beten wir nicht darum, dass alle Menschen einträchtig zusammenfinden möchten? Sind wir nicht darum jederzeit beisammen?10:4Als ich gestern Abend aus der Wohnung des Herrn Dreyfus heimkam, war ich sehr ermüdet, und doch habe ich nicht geschlafen. Sinnend lag ich wach.10:5Ich sagte: O Gott, hier bin ich in Paris. Was ist Paris, und wer bin ich? Nie habe ich geträumt, dass ich je aus der Nacht meines Gefängnisses zu euch kommen könnte, obgleich ich an meinen Urteilsspruch, als man ihn mir verlas, nicht glaubte.10:6Es wurde mir gesagt, dass ‘Abdu’l-Ḥamíd meine lebenslängliche Gefangenschaft befohlen hätte, und ich sagte: »Das ist unmöglich. Ich werde nicht immer ein Gefangener sein. Würde ‘Abdu’l-Ḥamíd Unsterblichkeit besitzen, so möchte ein solches Urteil durchführbar erscheinen. Sicher werde ich eines Tages frei sein. Man kann meinen Körper eine Zeitlang festhalten, doch hat ‘Abdu’l-Ḥamíd keine Macht über meinen Geist – er muss frei bestehen bleiben, ihn kann kein Mensch gefangen setzen.«10:7Durch Gottes Macht aus meiner Gefangenschaft entlassen, begegne ich hier den Freunden Gottes, und ich bin Ihm dankbar.10:8Lasst uns die Gottessache verbreiten, für die ich Verfolgungen erlitt.10:9Wie groß ist unser Vorrecht, dass wir hier zusammenkommen können, welch ein Glück für uns, dass Gott es uns ermöglicht hat, gemeinsam für das Kommen des Himmelreiches zu wirken!10:10Seid ihr froh, einen solchen Gast zu empfangen, der aus seiner Gefangenschaft befreit wurde, um euch die herrliche Botschaft zu überbringen? Ihn, der nie eine solche Zusammenkunft für möglich hätte halten können! Nun bin ich, der ich zu lebenslänglicher Gefangenschaft in einer weit entlegenen Stadt des Ostens verurteilt war, durch Gottes Gnade, durch Seine wunderbare Macht hier in Paris und spreche mit euch!10:11Von nun ab werden wir immer beisammen sein, Herz und Seele und Geist, und die Arbeit vorwärtstreiben, bis alle Menschen unter dem Zelte des Gottesreiches vereinigt sind und die Lieder des Friedens singen.Gottes größte Gabe für den Menschen
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