‘Abdu’l-Bahá | Briefe und Botschaften
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146:8
Und du, o Dienerin Gottes, lies du liebevoll dieses Gebet zu deinem Herrn und sprich zu Ihm:
146:9
O Gott, mein Gott! Fülle mir den Kelch völliger Loslösung, und umgeben von Deinen herrlichen Gaben, erfreue mich mit dem Wein der Liebe zu Dir. Befreie mich vom Angriff der Leidenschaft und Begierde und löse mich aus den Fesseln der niederen Welt. Ziehe mich verzückt hinan zu Deinem hehren Reich, und belebe mich im Kreis Deiner Mägde mit dem Odem Deiner Heiligkeit.
146:10
O Herr, erleuchte mein Angesicht mit dem Lichte Deiner Gaben. Lass meine Augen strahlen, wenn sie die Zeichen Deiner allbeherrschenden Macht schauen. Ergötze mein Herz mit der Herrlichkeit Deines allumfassenden Wissens, mache meine Seele froh mit Deiner belebenden Freudenbotschaft, o Du König dieser Welt und des Reiches droben, o Du Herr der Herrschaft und Macht, damit ich Deine Beweise und Zeichen verbreite, Deine Sache verkünde, Deine Lehren fördere, Deinem Gesetz diene und Dein Wort erhöhe.
146:11
Du bist wahrlich der Machtvolle, der Immervergebende, der Fähige, der Allmächtige.
146:12
Was die grundlegenden Lehren des Glaubens angeht: Wisse, dass die Botschaft nur durch gute Taten und geistige Eigenschaften verbreitet werden kann, durch eine kristallklare Sprache und durch die Freude, die sich im Antlitz dessen widerspiegelt, der die Lehren darlegt. Es ist grundlegend, dass die Taten des Lehrers die Wahrheit seiner Worte bezeugen müssen. Dies ist der Zustand dessen, der die süßen Düfte Gottes allenthalben verbreitet, und die Eigenschaft dessen, der aufrichtig in seinem Glauben ist.
146:13
Hat der Herr dich dazu befähigt, diesen Zustand zu erreichen, so sei versichert, dass Er dir Worte der Wahrheit eingeben und dich durch den Odem des Heiligen Geistes sprechen lassen wird.
147
147:1
Denke über die Ereignisse zur Zeit Christi nach; dann werden die gegenwärtigen Ereignisse verständlich und offenbar werden.
148
148:1
O ihr Söhne und Töchter des Gottesreiches! In ihrer Dankbarkeit streben die Vögel des Geistes nur danach, zu den Himmelshöhen emporzufliegen und mit wundersamer Kunst ihre Lieder zu singen. Die jämmerlichen Regenwürmer jedoch wollen sich nur in die Erde graben. Wie heftig sie sich mühen, in die tiefsten Tiefen zu gelangen! Genauso sind die Erdensöhne. Ihr höchstes Ziel ist, in dieser vergänglichen Welt, diesem Tod im Leben, ihren Unterhalt zu mehren. Und dies trotz des Umstandes, dass ihnen Hand und Fuß durch tausend Kümmernisse und Sorgen gebunden sind und sie keinen Augenblick vor Gefahren geschützt sind; niemals sind sie sicher, nicht einmal vor plötzlichem Tod. So werden sie nach kurzer Zeit völlig ausgelöscht; keine Spur bleibt, die von ihnen berichtet, keines ihrer Worte wird jemals wieder vernommen.
148:2
Darum lobet und preiset Bahá’u’lláh; denn durch Seine Gnade und Hilfe seid ihr Söhne und Töchter des Gottesreiches, dank Ihm seid ihr nun Singvögel auf den Auen der Wahrheit und schwingt euch himmelwärts zu den Höhen des Ruhmes, der nie vergeht. Ihr habt euren Platz gefunden in der unsterblichen Welt; der Hauch des Heiligen Geistes weht über euch; ihr habt ein anderes Leben erwählt, ihr habt Zutritt zur Schwelle Gottes erlangt.
148:3
So errichtet denn freudevoll Geistige Räte; befasst euch mit dem Lobpreis und dem Ruhm des Herrn, nennt Ihn den Heiligen und den Größten. Richtet eure flehenden Hilferufe zum Reich des Allherrlichen, und stimmt jeden Augenblick eine Myriade Danksagungen an, dass ihr diese überreiche Gunst, diese überragende Gnade erlangt habt.
149
149:1
O du, der du Augen hast zu sehen! Was du erlebt hast, ist die reine Wahrheit und gehört ins Reich der geistigen Schau.
149:2
Der Duft ist mit der Knospe eng verbunden und verschmolzen; sobald die Knospe sich öffnet, verbreitet sich ihr süßer Geruch weithin. Das Kraut ist nicht ohne Frucht, auch wenn es so scheint; denn in diesem Gottesgarten übt jede Pflanze ihren Einfluss aus, jede hat ihre Sonderheiten, jede kann es sogar mit der lachenden, hundertblättrigen Rose aufnehmen, wenn sie mit ihrem Duft die Sinne erfreut. Sei dessen gewiss! Wenngleich die Buchseiten nichts von den Worten und Bedeutungen auf ihnen wissen, werden sie doch wegen ihrer Verbindung mit diesen Worten von den Freunden ehrfürchtig von Hand zu Hand gereicht. Diese Verbindung ist überdies die reinste Gnadengabe.
149:3
Schwingt sich die Seele aus diesem vergänglichen Haufen Staub empor, erhebt sie sich in die Welt Gottes, dann fallen die Schleier ab, alle Wahrheiten treten ans Licht, alles Unbekannte wird klar, und verborgene Einsichten werden verstanden.
149:4
Bedenke, wie ein Wesen in der Welt des Mutterleibes taube Ohren, blinde Augen und eine stumme Zunge hat, wie es jeglicher Wahrnehmung beraubt ist. Doch sobald es aus jener dunklen Welt in diese Welt des Lichtes tritt, sehen seine Augen, hören seine Ohren und spricht seine Zunge. So wird es auch, wenn es von diesem sterblichen Ort in das Reich Gottes eilt, im Geiste wiedergeboren. Dann öffnet sich seiner Wahrnehmung Auge, seiner Seele Ohr horcht auf, und alle ihm bisher unbekannten Wahrheiten werden offenkundig.
149:5
Ein aufmerksamer Reisender wird sich seiner Entdeckungen unterwegs sicher wieder erinnern, es sei denn, er hätte einen Unfall, der seine Erinnerung auslöscht.
150
150:1
O Magd, entflammt im Feuer der Liebe Gottes! Gräme dich weder über die Misslichkeiten und die Not dieser niederen Welt noch freue dich in Zeiten ruhigen Behagens; denn beides wird vergehen. Das gegenwärtige Leben ist wie eine auflaufende Welle, eine Fata Morgana oder ein flüchtiger Schatten. Kann ein Zerrbild in der Wüste je als erquickendes Wasser dienen? Nein, bei dem Herrn der Herren! Niemals können die Wirklichkeit und ihr bloßer Schein dasselbe sein; groß ist der Unterschied zwischen Wahn und Tatsache, zwischen der Wahrheit und ihrem Trugbild.
150:2
Wisse, dass das Reich Gottes die wirkliche Welt, diese Welt hienieden aber nur sein vorausgeworfener Schatten ist. Ein Schatten hat kein eigenes Leben; sein Vorhandensein ist nur ein Hirngespinst und nichts mehr; es sind nur Bilder, vom Wasser gespiegelt, die dem Auge als Gemälde erscheinen.
150:3
Verlasse dich auf Gott. Vertraue Ihm. Preise Ihn und gedenke Seiner ständig. Er verwandelt wahrlich Kummer in Wohlbefinden, Sorge in Trost, Mühsal in vollkommenen Frieden. Er hat wahrlich Herrschaft über alle Dinge.
150:4
Wenn du auf meine Worte hörst, löse dich von den Fesseln allen Geschehens. Nein, danke deinem liebenden Herrn in allen Lebenslagen und stelle deine Angelegenheiten Seinem Willen anheim, der bewirkt, was Ihm gefällt. Dies ist wahrlich besser für dich als alles andere in beiden Welten.
151
151:1
O du, der du an die Einzigkeit Gottes glaubst! Wisse, dass nichts der Seele nützt außer der Liebe zum Allgütigen, nichts erleuchtet das Herz außer dem Glanz, der vom Reiche des Herrn scheint.
151:2
Sage dich los von allen anderen Sorgen, lass das Vergessen die Erinnerung an alles andere überwinden. Beschränke deine Gedanken auf das, was die Menschenseele zum Paradiese himmlischer Gnade erhebt, und lasse jeden Vogel des Gottesreiches zum höchsten Horizonte fliegen, zum Mittelpunkt ewiger Ehre in dieser vergänglichen Welt.
152
152:1
Zu der Frage nach der Seele eines Mörders und nach seiner Strafe ist die Antwort, dass der Mörder sein Verbrechen sühnen muss. Das heißt, wenn man den Mörder tötet, ist sein Tod die Sühne für sein Verbrechen, und nach seinem Tod wird Gott in Seiner Gerechtigkeit ihm keine zweite Strafe auferlegen, denn die göttliche Gerechtigkeit ließe dies nicht zu.
153
153:1
O du Dienerin Gottes! An diesem Tage besteht der Dank an Gott für Seine Gnadengaben darin, ein strahlendes Herz und eine Seele zu besitzen, die den Eingebungen des Geistes offensteht. Dies ist das Wesen des Dankes.
153:2
Was die Danksagung durch Wort oder Schrift angeht, so ist sie fürwahr annehmbar, verglichen mit jenem anderen Dank aber nur unwirklicher Schein; denn wesentlich ist, was der Geist dir eingibt, die Ausstrahlungen aus der Tiefe des Herzens. Ich hoffe, dass du damit begnadet wirst.
153:3
Was des Menschen Mangel an Fähigkeiten und Verdiensten am Tag der Auferstehung anbelangt, so schließt ihn dies nicht von Gaben und Gnadenerweisen aus; denn es ist nicht der Tag der Gerechtigkeit, sondern der Tag der Gnade, während die Gerechtigkeit jedem das zuteilt, was ihm gebührt. Schaue daher nicht auf den Grad deiner Fähigkeit, sondern schaue auf die grenzenlose Gunst Bahá’u’lláhs. Allumfassend ist Seine Gnade, vollkommen Seine Güte.
153:4
Ich bitte Gott darum, dass du mit Seiner Hilfe und kraftvollen Unterstützung die tiefe Bedeutung der Thora mit Beredsamkeit, Verständnis, Nachdruck und Geschick lehrst. Wende dein Angesicht dem Reich Gottes zu, bitte um die Gaben des Heiligen Geistes, rede, und die Bestätigungen des Geistes werden sich zeigen.
153:5
Die mächtige Sonnenkugel, die du in deinem Traum sahst, war der Verheißene, ihre sich ausbreitenden Strahlen waren Seine Gnadengaben. Die lichtdurchlässige Wasseroberfläche bedeutet unbefleckte, reine Herzen, während die wogenden Wellen die große Erregung dieser Herzen und die Tatsache kennzeichnen, dass sie erschüttert und tief bewegt wurden; das heißt, die Wellen sind die Bewegungen des Geistes und die heiligen Eingebungen der Seele. Preise Gott, dass du in der Traumwelt solche Enthüllungen wahrnahmst.
153:6
Zur Bedeutung eines Menschen, der sich selbst völlig vergisst: Die Absicht ist, dass er sich erheben und sich im wahren Sinne opfern soll; das heißt, er soll die Antriebe des menschlichen Zustands auslöschen und sich solcher Merkmale entledigen, die tadelnswert sind und das trübe Dunkel dieses Erdenlebens ausmachen. Der Sinn ist nicht, seine Gesundheit zu vernachlässigen und seinen Leib zu schwächen.
153:7
Ich flehe inständig und demütig an der Heiligen Schwelle, dass deine liebe Mutter, deine lieben Schwestern und Verwandten himmlische Segnungen und göttliche Vergebung umfangen. Besonders bete ich für deinen Verlobten, der so plötzlich von dieser in die nächste Welt eilte.
154
154:1
O du Sohn des Königreiches! Deine höchst liebenswürdigen Briefe erfreuen allezeit mit ihrem gefälligen Stil unsere Herzen. Wenn das Lied vom Gottesreich handelt, frohlockt das Herz.
154:2
Preise Gott, dass du in jenes LandDeutschland.A gereist bist, Sein Wort zu erhöhen und den heiligen Duft Seines Reiches zu verbreiten, dass du als Gärtner in den Himmelsgärten dienst. Bald werden deine Anstrengungen von Erfolg gekrönt sein.
154:3
O du Sohn des Königreiches! Alles mit der Liebe Gottes Verbundene ist nützlich; ohne Seine Liebe sind alle Dinge schädlich und treten als Schleier zwischen den Menschen und den Herrn des Königreiches. Wo Seine Liebe ist, wird jede Bitternis süß und jede Gnadengabe bringt wohltuende Freude. So bringt zum Beispiel eine dem Ohr süße Melodie dem in Gott verliebten Herzen den wahren Geist des Lebens, die in sinnlichem Verlangen versunkene Seele jedoch besudelt sie mit Begierde. Jedes Wissensgebiet wird gebilligt und ist rühmenswert, wenn es mit der Liebe Gottes verbunden ist; Seiner Liebe beraubt, ist Wissen jedoch unfruchtbar – es führt fürwahr zum Wahnsinn. Jede Art von Erkenntnis, jede Wissenschaft ist wie ein Baum: Ist seine Frucht die Liebe zu Gott, so ist es ein gesegneter Baum; wo nicht, ist dieser Baum vertrocknetes Holz und nährt nur das Feuer.
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