Bahá’u’lláh | Ährenlese aus den Schriften Bahá’u’lláhs
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27:1
Aller Preis sei der Einheit Gottes, und alle Ehre sei Ihm, dem höchsten Herrn, dem unvergleichlichen, allherrlichen Herrscher des Weltalls, der aus völligem Nichtsein die Wirklichkeit aller Dinge erschuf, der aus dem Nichts die lautersten, feinsten Elemente Seiner Schöpfung ins Dasein rief, der Seine Geschöpfe vor der Erniedrigung des Fernseins und den Gefahren endgültigen Ausgelöschtseins errettet und sie in Sein Reich unzerstörbarer Herrlichkeit aufgenommen hat. Nichts außer Seiner allumfassenden Gnade und Seiner alldurchdringenden Barmherzigkeit hätte dies jemals vollbringen können. Wie sonst hätte es schierem Nichts gelingen können, aus sich selbst heraus Wert und Fähigkeit zu erlangen, um aus dem Zustand des Nichtseins in das Reich des Seins zu treten?
27:2
Nachdem Er die Welt und alles, was darin lebt und webt, erschaffen hatte, wünschte Er durch das unmittelbare Wirken Seines unumschränkten, höchsten Willens, dem Menschen die einzigartige Auszeichnung und Fähigkeit zu verleihen, Ihn zu erkennen und zu lieben – eine Fähigkeit, die man als den der gesamten Schöpfung zugrunde liegenden schöpferischen Antrieb und Hauptzweck ansehen muß… Auf die innerste Wirklichkeit jedes erschaffenen Dings hat Er das Licht eines Seiner Namen ergossen; jedes hat Er zum Empfänger der Herrlichkeit einer Seiner Eigenschaften gemacht. Die Wirklichkeit des Menschen jedoch hat Er zum Brennpunkt für das Strahlen aller Seiner Namen und Attribute und zum Spiegel Seines eigenen Selbstes erkoren. Von allem Erschaffenen ist allein der Mensch zu einer so großen Gunst, einer so dauerhaften Gabe auserwählt.
27:3
Diese Kräfte, welche die Sonne göttlicher Großmut, die Quelle himmlischer Führung der Wirklichkeit des Menschen verliehen hat, sind jedoch latent in ihm, gleich wie die Flamme in der Kerze verborgen und das Licht potentiell in der Lampe ist. Der Glanz dieser Kräfte kann durch weltliche Wünsche verdunkelt werden, wie das Licht der Sonne unter dem Staub und Schmutz, die den Spiegel bedecken, verborgen bleiben kann. Weder die Kerze noch die Lampe können durch eigenes Streben und ohne Hilfe entzündet werden, noch ist es dem Spiegel jemals möglich, sich selbst von seinem Schmutze zu befreien. Es bedarf keines Beweises, daß die Lampe niemals brennen wird, ehe ein Feuer in ihr entzündet ist, und der Spiegel niemals das Bild der Sonne wiedergeben noch ihr Licht und ihren Glanz widerspiegeln kann, ehe nicht der Schmutz von seiner Oberfläche entfernt ist.
27:4
Und da es kein Band unmittelbaren Verkehrs geben kann, das den einen wahren Gott an Seine Schöpfung bindet, da keinerlei Ähnlichkeit zwischen dem Vergänglichen und dem Ewigen, dem Bedingten und dem Absoluten bestehen kann, hat Er bestimmt, daß in jedem Zeitalter und in jeder Sendung eine reine, unbefleckte Seele in den Reichen von Erde und Himmel offenbar werde. Diesem feinen, geheimnisvollen, himmlischen Wesen gab Er eine zweifache Natur: die körperliche, die der Welt des Stoffes angehört, und die geistige, die aus Gottes eigener Substanz geboren ist. Er hat Ihm ferner eine doppelte Stufe verliehen. Die erste Stufe, die sich auf Seine innerste Wirklichkeit bezieht, verkörpert Ihn als den, dessen Stimme die Stimme Gottes selbst ist. Dafür zeugt die Überlieferung: »Mannigfach und geheimnisvoll ist Meine Verbindung mit Gott. Ich bin Er, und Er ist Ich, außer daß Ich bin, der Ich bin, und Er ist, der Er ist.« Und ebenso die Worte: »Erhebe dich, o Muḥammad, denn siehe, der Liebende und der Geliebte sind miteinander vereint und eins geworden in Dir.« Und ähnlich spricht Er: »Es ist kein Unterschied zwischen Dir und Ihnen, außer daß Sie Deine Diener sind.«Aus dem Gebet für den Monat Rajab, offenbart durch den Ḥujjah (der 12. verborgene Imám) und den Gläubigen übermittelt durch ›das Zweite Tor‹ Abú-Ja‘far Muḥammad Ibn-i-‘Uthmán – Anm. d. Hrsg.Q Die zweite Stufe ist die menschliche Stufe, erläutert durch die Verse: »Ich bin nur ein Mensch wie ihr.«vgl. Qur’án 18:110 – Anm. d. Hrsg.Q »Sprich: Preis sei meinem Herrn! Bin ich mehr als ein Mensch, ein Apostel?«Qur’án 17:93 – Anm. d. Hrsg.Q Diese Wesen der Loslösung, diese strahlenden Wirklichkeiten sind die Kanäle der alldurchdringenden Gnade Gottes. Vom Lichte unfehlbarer Führung geleitet, ausgestattet mit höchster Souveränität, haben Sie den Auftrag, sich des belebenden Einflusses Ihres Wortes, der Ausgießungen Ihrer unfehlbaren Gnade, des heiligenden Hauches Ihrer Offenbarung zu bedienen, um ein jedes sich sehnende Herz, jeden empfänglichen Geist vom Schmutz und Staub irdischer Sorgen und Beschränkungen zu reinigen. Dann und nur dann wird das von Gott anvertraute Pfand, das in der Wirklichkeit des Menschen ruht, strahlend wie das aufsteigende Gestirn göttlicher Offenbarung aus dem Schleier der Verborgenheit hervortreten und das Banner seiner offenbaren Herrlichkeit hoch auf den Gipfeln der Menschenherzen aufrichten.
27:5
Aus den vorhergehenden Abschnitten und Hinweisen ist zweifellos klar geworden, daß in den Reichen von Erde und Himmel notwendigerweise ein Lebewesen offenbart werden muß, das als Manifestation und Träger für die Übermittlung der Gnade der Gottheit selbst, des höchsten Herrn alles Erschaffenen, wirken soll. Durch die Lehren dieser Sonne der Wahrheit wird jeder Mensch fortschreiten und sich entwickeln, bis er die Stufe erreicht, auf der er alle in ihm verborgenen Kräfte offenbaren kann, mit denen sein innerstes, wahres Selbst begabt worden ist. Zu eben diesem Zweck sind in jedem Zeitalter und in jeder Sendung die Propheten Gottes und Seine Auserwählten unter den Menschen erschienen und haben eine Kraft gezeigt, wie sie von Gott geboren ist, und eine Macht, wie sie nur der Ewige offenbaren kann.
27:6
Kann ein Mensch mit gesundem Verstande, allein aufgrund gewisser Worte, deren Sinn er nicht begriffen hat, ernstlich wähnen, daß das Tor der unendlichen Führung Gottes jemals vor den Menschen verschlossen sein könnte? Kann er sich für diese göttlichen Leuchten, diese strahlenden Lichter, einen Anfang oder ein Ende ausdenken? Welche Wasserflut läßt sich mit dem Strom Seiner allumfassenden Gnade vergleichen, welche Wohltat kann die Beweise einer so großen, durchdringenden Barmherzigkeit übertreffen? Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Welt, würde ihr einen Augenblick lang die Flut Seiner Barmherzigkeit und Gnade entzogen, völlig zugrunde ginge. Aus diesem Grunde waren die Tore göttlicher Barmherzigkeit vom Anfang an, der keinen Anfang hat, für alles Erschaffene weit geöffnet, und die Wolken der Wahrheit werden ihre Gunstbeweise und Gaben weiterhin bis zum Ende, das kein Ende hat, auf den Boden menschlicher Fähigkeit, Wirklichkeit und Persönlichkeit herabregnen. Solches ist Gottes Weise von Ewigkeit zu Ewigkeit.
28
28:1
Glücklich der Mensch, der sich erheben wird, Meiner Sache zu dienen und Meinen allherrlichen Namen zu preisen. Ergreife Mein Buch mit der Kraft Meiner Macht und halte dich beharrlich an jedes Gebot, das dein Herr, der Verordner, der Allweise, darin verzeichnet hat. Siehe, o Muḥammad, wie die Reden und Taten der Anhänger des shí‘itischen Islám die Freude und Glut seiner frühen Tage gekühlt und die ursprüngliche Klarheit seines Lichtes getrübt haben. In seinen frühesten Tagen, als sie sich noch an die Vorschriften hielten, die mit dem Namen ihres Propheten, des Herrn der Menschheit, verknüpft waren, kennzeichnete eine ununterbrochene Kette von Siegen und Triumphen ihren Weg. Als sie allmählich vom Pfade ihres wahren Führers und Meisters abwichen, als sie sich vom Lichte Gottes abwandten und den Grundsatz Seiner göttlichen Einheit verfälschten, als sie ihre Aufmerksamkeit mehr und mehr auf diejenigen richteten, die nur Künder der Macht Seines Wortes waren, da kehrte sich ihre Kraft in Schwäche, ihr Ruhm in Schande, ihr Mut in Furcht. Du siehst, wohin sie geraten sind! Sieh, wie sie Ihm, dem Brennpunkt göttlicher Einheit, Gefährten zugesellten! Sieh, wie ihre üblen Taten sie daran hinderten, das Wort der Wahrheit – gepriesen sei Seine Herrlichkeit – am Tage der Auferstehung anzuerkennen. Wir hegen die Hoffnung, daß dieses Volk sich künftig gegen leere Hoffnungen und eitlen Wahn schirmen und zum wahren Verständnis der Bedeutung göttlicher Einheit gelangen wird.
28:2
Die Person der Manifestation war immer der Vertreter und das Sprachrohr Gottes. Er ist in Wahrheit der Tagesanbruch für Gottes trefflichste Namen, der Aufgangsort für Seine erhabenen Eigenschaften. Wollte man Ihm Gefährten zugesellen, wollte man diese als identisch mit Seiner Person betrachten, wie könnte man dann behaupten, das göttliche Sein sei eins und unvergleichlich, Sein Wesen sei unteilbar und einzig? Denke nach über das, was Wir dir durch die Macht der Wahrheit offenbart haben, und gehöre zu denen, die dessen Bedeutung verstehen.
29
29:1
Die Absicht Gottes bei der Erschaffung des Menschen war und wird immer sein, ihn zu befähigen, seinen Schöpfer zu erkennen und in Seine Gegenwart zu gelangen. Diesen höchsten Zweck, dieses erhabenste Ziel bezeugen alle himmlischen Bücher und die göttlich offenbarten, inhaltsschweren Schriften unzweideutig. Wer immer den Tagesanbruch göttlicher Führung anerkennt und Seinen heiligen Hof betritt, ist Gott nahegekommen und hat Seine Gegenwart erreicht, eine Gegenwart, die das wahre Paradies ist und für das die erhabensten Wohnstätten des Himmels nur ein Sinnbild sind. Ein solcher Mensch hat das Wissen um die Stufe dessen erreicht, der sich »in der Entfernung zweier Bogenlängen«vgl. Qur’án 53:9 – Anm. d. Hrsg.Q befindet und jenseits des Sadratu’l-Muntahá steht. Wer versäumt, Ihn zu erkennen, verdammt sich selbst zum Elend des Fernseins, das nichts ist als völliges Nichtsein, der Inbegriff des niedersten Feuers. Dies wird sein Schicksal sein, möge er auch dem äußeren Anschein nach die höchsten Stellen der Erde innehaben und ihren erhabensten Thron einnehmen.
29:2
Er, der Morgen der Wahrheit, ist ohne Zweifel durchaus imstande, eigensinnige Seelen aus dem Fernsein zu erretten und sie dahin zu bringen, sich Seinem Hofe zu nähern und in Seine Gegenwart zu gelangen. »Hätte es Gott gefallen, Er hätte sicherlich alle Menschen zu einem Volk gemacht.«Qur’án 11:118 – Anm. d. Hrsg.Q Seine Absicht ist jedoch, die im Geiste Reinen und im Herzen Losgelösten zu befähigen, vermöge ihrer eigenen, angeborenen Kräfte zu den Küsten des Größten Meeres aufzusteigen, damit dadurch jene, die die Schönheit des Allherrlichen suchen, von den Eigensinnigen und Verderbten unterschieden und getrennt werden. So ist es von der allherrlichen, strahlenden Feder verordnet worden…
29:3
Daß die Manifestationen göttlicher Gerechtigkeit, die Tagesanbrüche himmlischer Gnade, wenn sie unter den Menschen erschienen, stets aller irdischen Gewalt bar und der Mittel weltlicher Herrschaft beraubt waren, ist diesem selben Prinzip der Trennung und Unterscheidung, das die göttliche Absicht belebt, zuzuschreiben. Würde das ewige Wesen alles offenbaren, was in Ihm verborgen ist, würde Er in der Fülle Seiner Herrlichkeit leuchten, dann gäbe es niemanden, der Seine Macht bezweifelte oder Seine Wahrheit verwürfe. Nein, alles Erschaffene wäre durch die Beweise Seines Lichtes so geblendet und wie vom Donner gerührt, daß es zu völligem Nichtsein absänke. Wie könnten unter solchen Umständen die Gottesfürchtigen von den Eigensinnigen unterschieden werden?
29:4
Dieses Prinzip war in jeder der vergangenen Sendungen wirksam und ist zur Genüge bewiesen worden… Es ist der Grund dafür, daß in jedem Zeitalter, da eine neue Manifestation erschien und den Menschen eine neue Verkündigung der höchsten Macht Gottes gewährt wurde, jene, die nicht an Ihn glaubten, versäumt haben, Ihn zu erkennen, weil sie durch das Erscheinen der unvergleichlichen und ewigen Schönheit in der Gestalt eines sterblichen Menschen irregeführt wurden. Sie sind von Seinem Pfade abgeirrt und haben den Umgang mit Ihm, dem Sinnbild der Nähe Gottes, gemieden, sie haben sich sogar erhoben, um die Reihen der Getreuen zu lichten und jene auszurotten, die an Ihn glaubten.
29:5
Sieh, wie in dieser Sendung die Unwürdigen und Toren sich in ihrer Narrheit eingebildet haben, sie könnten durch Mittel wie Massenmord, Plünderung und Verbannung die Lampe löschen, die die Hand göttlicher Macht entzündet hat, oder die Sonne ewiger Herrlichkeit verdunkeln. Die Wahrheit, daß solche Trübsal das Öl ist, das die Flamme dieser Lampe nährt, scheinen sie nicht zu kennen. Dies ist Gottes umgestaltende Kraft. Er wandelt, was Er will. Wahrlich, Er hat Macht über alle Dinge…
29:6
Bedenket stets die Herrschaft, die der wahre König ausübt, und erkennet die Beweise Seiner Macht und Seines überragenden Einflusses. Heiligt eure Ohren von dem eitlen Geschwätz derer, die die Sinnbilder des Leugnens, die Vertreter der Gewalt und des Zornes sind. Die Stunde naht, da ihr erleben werdet, wie die Macht des einen, wahren Gottes, die über alles Erschaffene siegt, und die Zeichen Seiner Herrschaft die ganze Schöpfung umfassen. An jenem Tage werdet ihr gewahr werden, wie alles außer Ihm vergessen und als völliges Nichts angesehen wird.
29:7
Es sollte jedoch bedacht werden, daß Gott und Seine Manifestation unter keinen Umständen von der Hoheit und Erhabenheit, die Ihnen eigen ist, getrennt werden können. Nein, Hoheit und Erhabenheit sind vielmehr selber die Schöpfungen Seines Wortes, wenn ihr doch mit Meinen Augen sehen wolltet und nicht mit euren!
30
30:1
Gott bezeugt, daß kein Gott ist außer Ihm, dem Gnadenvollen, dem Meistgeliebten. Alle Gnade und Großmut sind Sein! Wem immer Er will, gibt Er, was immer Er wünscht. Er, wahrlich, ist der Allgewaltige, der Allmächtige, der Helfer in Gefahr, der Selbstbestehende. Wir, wahrlich, glauben an Ihn, der durch den Willen des einen, wahren Gottes, des Königs der Könige, des Allgepriesenen, in der Person des Báb herabgesandt worden ist. Wir schwören ferner dem Treue, der bestimmt ist, in der Zeit von Mustagháth offenbart zu werden, und ebenso jenen, die nach Ihm kommen werden bis zum Ende, das kein Ende hat. Wir erkennen in der Offenbarung eines jeden von ihnen, ob äußerlich oder innerlich, die Manifestation keines anderen als Gottes selbst – gehörtet ihr doch zu denen, die es begreifen! Ein jeder von ihnen ist ein Spiegel Gottes, der nichts ausstrahlt als Sein Selbst, Seine Schönheit, Seine Macht und Herrlichkeit – so ihr doch verstündet! Alle anderen außer ihnen sind als Spiegel anzusehen, fähig, die Herrlichkeit dieser Manifestationen widerzuspiegeln, die ihrerseits die Urspiegel des göttlichen Seins sind – wenn ihr doch nicht ohne Verständnis wäret! Niemand ist ihnen je entgangen, noch können sie gehindert werden, ihre Absicht auszuführen. Diese Spiegel werden ewig aufeinander folgen und werden fortfahren, das Licht des Altehrwürdigen der Tage widerzuspiegeln. Die deren Herrlichkeit widerspiegeln, werden ebenso für immer fortbestehen, denn der Strom göttlicher Gnade kann nie versiegen. Dies ist eine Wahrheit, die niemand widerlegen kann.
31
31:1
Betrachte mit deinem inneren Auge die Kette der aufeinanderfolgenden Offenbarungen, die die Manifestation Adams mit der des Báb verbindet. Ich bezeuge vor Gott, daß jede dieser Manifestationen durch das Wirken des göttlichen Willens und Heilsplanes herabgesandt wurde, daß jede Träger einer besonderen Botschaft war, daß jede mit einem göttlich offenbarten Buche betraut und beauftragt war, die Geheimnisse einer machtvollen Tafel zu enthüllen. Das jeder Offenbarung eigene Maß war genau vorherbestimmt. Dies, wahrlich, ist ein Beweis Unserer Gnade für sie, wenn ihr doch zu denen gehörtet, die diese Wahrheit begreifen! … Und als dieser Vorgang fortschreitender Offenbarung den Gipfel erreichte, da Sein unvergleichliches, Sein heiligstes und erhabenstes Antlitz den Augen der Menschen enthüllt werden sollte, beliebte Er, Sein Selbst hinter tausend Schleiern zu verbergen, damit ungeweihte, sterbliche Augen Seine Herrlichkeit nicht entdeckten. Dies tat Er zu einer Zeit, als die Zeichen und Beweise einer göttlich bestimmten Offenbarung auf Ihn niederströmten – Zeichen und Beweise, die niemand zählen kann außer dem Herrn, deinem Gott, dem Herrn aller Welten. Und als die festgesetzte Zeit der Verborgenheit erfüllt war, sandten Wir, noch immer in eine Myriade von Schleiern gehüllt, einen unendlich schwachen Schimmer der strahlenden Herrlichkeit aus, die das Antlitz des Jünglings umhüllt, und siehe, da wurde die ganze Schar der Bewohner in den Reichen der Höhe von gewaltiger Erregung ergriffen, und die von Gott Begünstigten fielen in Anbetung vor Ihm nieder. Er hat, wahrlich, eine Herrlichkeit offenbart, wie sie niemand in der ganzen Schöpfung je gesehen hat, da Er sich erhob, um in eigener Person Seine Sache allen zu verkünden, die in den Himmeln und auf Erden sind.
32
32:1
Was du über Abraham, den Freund des Allbarmherzigen, gehört hast, ist die Wahrheit, daran besteht kein Zweifel. Die Stimme Gottes befahl Ihm, Ismael als Opfer darzubringen, damit Seine Standhaftigkeit im Glauben Gottes und Seine Loslösung von allem außer Ihm den Menschen dargetan werde. Überdies war es Gottes Absicht, ihn als Lösegeld für die Sünden und Frevel aller Völker auf Erden zu opfern. Jesus, der Sohn Marias, flehte zu dem einen, wahren Gott – gepriesen seien Sein Name und Seine Herrlichkeit – Ihm die gleiche Ehre zuteil werden zu lassen. Aus demselben Grunde wurde Ḥusayn von Muḥammad, dem Gesandten Gottes, als ein Opfer dargebracht.
32:2
Kein Mensch kann je behaupten, das Wesen der verborgenen, mannigfaltigen Gnade Gottes begriffen zu haben. Niemand kann Seine allumfassende Barmherzigkeit ergründen. So groß sind die Verderbtheit der Menschen und ihre Übertretungen, so schmerzlich die Prüfungen gewesen, welche die Propheten Gottes und ihre Erwählten heimsuchten, daß die ganze Menschheit Folter und Untergang verdiente. Gottes verborgene, liebreiche Vorsehung hat sie jedoch durch ihre sichtbaren und unsichtbaren Kräfte beschützt und wird sie weiter vor der Strafe für ihre Bosheit bewahren. Bedenke dies in deinem Herzen, damit dir die Wahrheit offenbar werde, und sei standhaft auf Seinem Pfade.
33
33:1
Wir haben verfügt, daß das Wort Gottes mit allen in ihm ruhenden Kräften den Menschen in genauer Übereinstimmung mit jenen Bedingungen offenbart werde, die Er, der Allwissende, der Allweise, vorherbestimmt hat. Wir haben ferner bestimmt, daß der Schleier, der das Wort Gottes verbirgt, nichts anderes sei als dieses Wort selbst. So groß ist wahrlich Unsere Macht, Unsere Absicht zu vollenden. Würde dem Wort erlaubt, plötzlich alle in ihm verborgenen Kräfte freizugeben, würde kein Mensch die Schwere einer so mächtigen Offenbarung ertragen können. Nein, alles im Himmel und auf Erden würde bestürzt davor fliehen.
33:2
Bedenke, was auf Muḥammad, den Boten Gottes, herabgesandt wurde. Das Maß der Offenbarung, deren Träger Er war, war von Ihm, dem Allmächtigen, dem Allgewaltigen, klar vorausbestimmt. Jene, die Ihn hörten, konnten jedoch Seine Absicht nur entsprechend ihrer Stufe und ihrer geistigen Fassungskraft begreifen. Ebenso enthüllte Er das Antlitz der Weisheit im Verhältnis zu ihrer Fähigkeit, die Bürde Seiner Botschaft zu tragen. Kaum hatte die Menschheit die Stufe der Reife erreicht, als das Wort den Augen der Menschen die verborgenen Kräfte offenbarte, die ihm verliehen sind, – Kräfte, die sich in der Fülle ihrer Herrlichkeit offenbarten, als die Altehrwürdige Schönheit im Jahre sechzig in der Gestalt ‘Alí-Muḥammads, des Báb, erschien.
34
34:1
Aller Lobpreis und alle Herrlichkeit seien Gott, der durch die Kraft Seiner Macht Seine Schöpfung aus der Nacktheit des Nichtseins befreite und sie mit dem Mantel des Lebens bekleidete. Aus allem Erschaffenen hat Er durch Sein besonderes Wohlwollen die reine, edelsteingleiche Wirklichkeit des Menschen auserwählt und mit der einzigartigen Fähigkeit ausgestattet, Ihn zu erkennen und die Größe Seiner Herrlichkeit widerzuspiegeln. Diese zweifache Auszeichnung, die dem Menschen zuteil wurde, hat den Rost jedes eitlen Begehrens aus seinem Herzen getilgt und ihn des Gewandes, mit dem sein Schöpfer ihn zu bekleiden geruhte, würdig gemacht. Sie hat dazu geführt, seine Seele aus dem Elend der Unwissenheit zu erretten.
34:2
Dieses Gewand, mit dem Leib und Seele des Menschen geschmückt sind, ist die wahre Grundlage seines Wohlergehens und seiner Entwicklung. O, wie gesegnet ist der Tag, da sich der Mensch mit Hilfe der Gnade und Kraft des einen, wahren Gottes befreit haben wird von der Knechtschaft und Verderbtheit der Welt und allem, was darin ist, da er zu wahrer, dauernder Ruhe im Schatten des Baumes der Erkenntnis gelangt sein wird!
34:3
Die Lieder, die der Vogel deines Herzens in großer Liebe für seine Freunde gesungen hat, haben deren Ohren erreicht und Mich bewogen, auf deine Fragen zu antworten und dir solche Geheimnisse zu offenbaren, die zu enthüllen Mir erlaubt sind. In deinem geschätzten Brief fragst du, welcher der Propheten Gottes als den anderen überlegen anzusehen sei. Wisse und sei darin sicher, daß das Wesen aller Propheten Gottes eines und dasselbe ist. Ihre Einheit ist absolut. Gott, der Schöpfer, spricht: Es gibt keinerlei Unterschied zwischen den Trägern Meiner Botschaft. Sie alle haben nur ein Ziel, ihr Geheimnis ist das gleiche. Einem von ihnen größere Ehre zu erweisen als anderen, einige von ihnen über die übrigen zu erhöhen, ist keineswegs zulässig, jeder wahre Prophet hat Seine Botschaft als wesensgleich mit der Offenbarung jedes anderen Ihm vorangegangenen Propheten angesehen. Wenn daher ein Mensch versäumt, diese Wahrheit zu verstehen, und sich darum in eitlen, unziemlichen Worten ergeht, wird niemand mit klarem Blick und erleuchtetem Verstand sich durch so leeres Gerede in seinem Glauben schwankend machen lassen.
34:4
Die Offenbarung der Propheten Gottes in dieser Welt muß sich jedoch im Ausmaß unterscheiden, jeder von ihnen war Träger einer bestimmten Botschaft und beauftragt, sich durch besondere Taten zu offenbaren. Dies ist der Grund dafür, daß sie in ihrer Größe verschieden scheinen. Ihre Offenbarung mag mit dem Mondschein verglichen werden, der sein Licht über die Erde ergießt. Obwohl der Mond immer, wenn er aufgeht, ein anderes Maß seiner Helligkeit zeigt, kann weder sein ihm eigener Glanz jemals abnehmen noch sein Licht erlöschen.
34:5
Somit ist einleuchtend und offenkundig, daß jede scheinbare Schwankung in der Stärke ihres Lichtes nicht am Lichte selbst liegt, vielmehr der wechselnden Empfänglichkeit einer immer sich wandelnden Welt zugeschrieben werden sollte. Jeder Prophet, den der allmächtige, unvergleichliche Schöpfer zu den Völkern der Erde zu senden beschloß, war mit einer Botschaft betraut und in einer Weise zu handeln beauftragt, wie sie den Erfordernissen des Zeitalters, in dem Er erschien, am besten entsprach. Wenn Gott Seine Propheten zu den Menschen sendet, ist Seine Absicht eine zweifache. Die erste ist, die Menschenkinder aus dem Dunkel der Unwissenheit zu befreien und sie zum Lichte wahren Verstehens zu führen, die zweite, den Frieden und die Ruhe der Menschheit zu sichern und alle Mittel bereitzustellen, durch die beides erreicht werden kann.
34:6
Die Propheten Gottes gleichen Ärzten, deren Aufgabe es ist, das Wohlergehen der Welt und ihrer Völker zu fördern, damit sie durch den Geist der Einheit das Siechtum einer entzweiten Menschheit zu heilen vermögen. Niemand hat das Recht, ihre Worte in Frage zu stellen oder abfällig über ihr Verhalten zu urteilen, denn sie sind die einzigen, die in Anspruch nehmen können, den Kranken verstanden und seine Leiden richtig erkannt zu haben. Kein Mensch, wie genau seine Wahrnehmung auch sei, kann jemals hoffen, zu den Höhen der Weisheit und des Verstehens zu gelangen, über die der göttliche Arzt verfügt. Was Wunder, wenn die von dem Arzt verordnete Behandlung an diesem Tage nicht dieselbe ist wie die, die er früher verordnet hat. Wie könnte es anders sein, wenn die Übel, die den Leidenden befallen, in jedem Stadium seiner Krankheit eine besondere Arznei erfordern? So fordern auch die Propheten Gottes immer, wenn sie die Welt mit dem Strahlenglanz der Sonne göttlichen Wissens erleuchten, die Menschen auf, das Licht Gottes anzunehmen – mit Mitteln, die am besten dem Gebot der Zeit entsprechen, in der sie erscheinen. So waren sie imstande, das Dunkel der Unwissenheit zu zerstreuen und die Herrlichkeit ihrer Erkenntnis über die Welt zu verbreiten. Auf das innerste Wesen dieser Propheten sollte daher das Auge jedes Urteilsfähigen gerichtet sein, weil es zu allen Zeiten ihre einzige Absicht war, die Irrenden zu führen und den Leidenden Frieden zu bringen… Dies sind keine Tage des Wohlergehens und des Triumphes. Die ganze Menschheit ist von mannigfachen Krankheiten befallen. Bemüht euch darum, ihr durch die heilende Arznei, bereitet von der allmächtigen Hand des nie irrenden Arztes, das Leben zu retten.
34:7
Nun zu deiner Frage über das Wesen der Religion. Wisse, daß die wahrhaft Weisen die Welt mit dem menschlichen Tempel vergleichen. Wie der Leib des Menschen eines Gewandes bedarf, sich zu kleiden, so muß der Menschheit Leib mit dem Mantel der Gerechtigkeit und Weisheit geschmückt sein. Ihr Prachtgewand ist die Offenbarung, die Gott ihr gewährt hat. Wann immer dieses Gewand seinen Zweck erfüllt hat, wird der Allmächtige es gewiß erneuern. Denn eine jede Zeit erfordert ein neues Maß des göttlichen Lichtes. Jede göttliche Offenbarung wurde so herabgesandt, wie sie den Verhältnissen des Zeitalters entsprach, in dem sie erschienen ist.
34:8
Zu deiner Frage über die Aussagen der Wortführer vergangener Religionen: Jeder kluge, löbliche Mensch wird zweifellos so eitles, nutzloses Geschwätz meiden. Der unvergleichliche Schöpfer hat alle Menschen aus dem gleichen Stoff erschaffen und ihre Wirklichkeit über die Seiner übrigen Geschöpfe erhoben. Erfolg oder Fehlschlag, Gewinn oder Verlust müssen daher vom eigenen Streben des Menschen abhängen. Je mehr er strebt, desto größer wird sein Fortschritt sein. Wir hoffen sehr, daß die Frühlingsschauer der Güte Gottes die Blumen wahren Verstehens vom Grunde der Menschenherzen aufsprießen lassen und allen irdischen Schmutz von ihnen abwaschen werden.
35
35:1
Denke eine Weile nach. Was hat die Völker der Erde veranlaßt, die Manifestation des Allbarmherzigen in jeder Sendung zu meiden? Was könnte sie dazu getrieben haben, sich von Ihm abzuwenden und Seine Vollmacht zu bestreiten? Wollten die Menschen über die Worte nachdenken, die aus der Feder des göttlichen Verordners geströmt sind, sie würden allesamt eilen, die Wahrheit dieser gottgegebenen, ewigwährenden Offenbarung anzunehmen, und für alles, was Er feierlich erklärt hat, Zeugnis ablegen. Es ist der Schleier eitlen Trugs, der sich in den Tagen aller Manifestationen der Einheit Gottes, der Morgensonnen Seiner ewigen Herrlichkeit, zwischen sie und die übrige Menschheit gelegt hat und weiterhin legen wird. Denn Er, die ewige Wahrheit, offenbart sich in solchen Tagen in Übereinstimmung mit dem, was Er selbst beabsichtigt, und nicht nach den Wünschen und Erwartungen der Menschen. So hat Er offenbart: »Jedesmal, wenn ein Bote zu euch kommt mit dem, was eure Seele nicht wünscht, bläht ihr euch auf in Hochmut und behandelt einige von ihnen als Betrüger, und andere erschlaget ihr.«Qur’án 2:87 – Anm. d. Hrsg.Q
35:2
Wären die Boten in vergangenen Zeitaltern und Zyklen dem leeren Trug entsprechend erschienen, wie ihn die Menschenherzen ersonnen hatten, so hätte zweifellos niemand die Wahrheit dieser geheiligten Wesen zurückgewiesen. Obwohl jene Menschen Tag und Nacht des einen, wahren Gottes gedachten, obwohl sie sich ergeben ihren Andachtsübungen widmeten, versäumten sie doch am Ende, die Morgensonnen der Zeichen Gottes, die Manifestationen Seiner unwiderleglichen Beweise zu erkennen und an deren Gnade teilzuhaben. Dies bezeugen die Schriften. Du hast zweifellos davon gehört.
35:3
Betrachte die Sendung Jesu Christi. Sieh, wie alle Gelehrten des damaligen Geschlechts das Kommen des Verheißenen ungeduldig erwartet haben und Ihn dennoch verleugneten. Sowohl Hannas, der Gelehrteste unter den Geistlichen Seiner Zeit, als auch Kaiphas, der Hohepriester, klagten Ihn öffentlich an und sprachen das Todesurteil über Ihn.
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