Bahá’u’lláh | Kitáb-i-Aqdas
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Wir meinen, dass die Übersetzung nunmehr einen Punkt erreicht hat, wo sie das Original angemessen wiedergibt. Dennoch wird sie zweifellos Anlass zu Fragen und Anregungen bieten, die neues Licht auf den Inhalt des Buches werfen werden. Den Mitgliedern der Kommissionen, die von uns mit der Vorbereitung und der Durchsicht dieser Übersetzung des Aqdas sowie mit der Zusammenstellung der Anmerkungen beauftragt waren, sind wir für ihre ausdauernde, penible Arbeit zutiefst dankbar. Wir sind zuversichtlich, dass diese erste autorisierte englische Ausgabe des Kitáb-i-Aqdas dem Leser ermöglichen wird, wenigstens einen Schimmer vom Glanz des Mutterbuches der Bahá’í-Offenbarung zu gewinnen.
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Unsere Welt ist in den Kernschatten einer Zeit fundamentalen Wandels getreten, der alles in ihrer stürmischen Geschichte Dagewesene übertrifft. Ihre Völker, gleich welcher Rasse, Nation oder Religion sie auch angehören, sind gefordert, alle nachrangigen Treuepflichten und alle begrenzten Identitäten ihrer Einheit als Bürger einer einzigen planetaren Heimat unterzuordnen. Mit den Worten Bahá’u’lláhs: »Die Wohlfahrt der Menschheit, ihr Friede und ihre Sicherheit sind unerreichbar, wenn und ehe nicht ihre Einheit fest begründet ist.«Bahá’u’lláh, Ährenlese 131:2 – Anm. d. Hrsg.Q Möge diese Übersetzung des Kitáb-i-Aqdas der Verwirklichung dieser weltumfassenden Vision einen neuen Impuls verleihen und den Ausblick auf eine weltweite Erneuerung eröffnen.
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Das Universale Haus der Gerechtigkeit
Shoghi Effendis Beschreibung des Kitáb-i-Aqdas in seinem Geschichtswerk Gott geht vorüber Gott geht Vorüber 389–494 (12:41–47) – Anm. d. Hrsg. Q
3:1
So einzigartig und verblüffend diese Verkündigung auch war, so erwies sie sich doch nur als Auftakt zu einer noch mächtigeren Offenbarung der Schöpferkraft ihres Urhebers, als Auftakt zu dem wohl bedeutsamsten Schritt Seiner Sendung – der Offenbarung des Kitáb-i-Aqdas. Dieses Werk, auf das schon im Kitáb-i-Íqán hingewiesen wurde, ist der Hauptquell des Gesetzes, das der Prophet Jesaja vorausgesehen hatte und das der Verfasser der Apokalypse den »neuen Himmel« und die »neue Erde«Offb. 21:1 – Anm. d. Hrsg.Q, »die Stiftshütte Gottes«Offb. 21:3 – Anm. d. Hrsg.Q, die »Heilige Stadt«Offb. 21:2 – Anm. d. Hrsg.Q, die »Braut«Offb. 21:2 – Anm. d. Hrsg.Q, das »von Gott herabkommende Neue Jerusalem«Offb. 21:2 – Anm. d. Hrsg.Q nannte; dieses »Heiligste Buch«vgl. Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 2:1:1, Kitáb-i-‘Ahd, Ishráqát, in: Botschaften aus ‘Akká 15:9, 8:58 – Anm. d. Hrsg.Q, dessen Bestimmungen mindestens tausend Jahre gelten und dessen System den gesamten Erdkreis umfassen wird, darf wohl als die strahlendste Ausgießung des Geistes Bahá’u’lláhs, als das Mutterbuch Seiner Sendung, die Charta Seiner neuen Weltordnung angesehen werden.
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Offenbart kurz nach Bahá’u’lláhs Überstellung in das Haus von ‘Údí Khammár (um 1873), in einer Zeit voller Drangsal, verursacht durch die Taten Seiner Feinde, aber auch der bekennenden Anhänger Seines Glaubens, sticht dieses Buch, diese Schatzkammer der unschätzbaren Perlen Seiner Offenbarung, durch die Grundsätze, die es enthält, durch die Institutionen der Gemeindeordnung, die es vorschreibt, und durch die Funktion, die es dem ernannten Nachfolger des Verfassers überträgt, als einzigartig und unvergleichlich unter den Heiligen Schriften der Welt hervor. Denn anders als das Alte Testament und die früheren Heiligen Bücher, in denen die ursprünglich vom Propheten selbst erlassenen Gebote nicht vorhanden sind; anders als die Evangelien, in denen die wenigen Worte, die Jesus Christus zugeschrieben werden, keine klare Weisung für die künftige Verwaltung der Angelegenheiten Seines Glaubens bieten; sogar anders als der Qur’án, der zwar sehr konkret in den Gesetzen und Verordnungen ist, die der Apostel Gottes darlegt, aber zur höchst bedeutsamen Frage der Nachfolge schweigt, wurde das Kitáb-i-Aqdas vom ersten bis zum letzten Wort vom Stifter des Bahá’í-Glaubens offenbart und bewahrt der Nachwelt nicht nur die Gesetze und Gebote, auf denen der Bau Seiner künftigen Weltordnung ruhen wird, es verordnet auch neben der Aufgabe der Auslegung, die es Seinem Nachfolger überträgt, die notwendigen Institutionen, die allein die Einheit und Unversehrtheit des Glaubens zu sichern vermögen.
3:3
In dieser Charta der künftigen Weltkultur verkündet ihr Verfasser – zugleich Richter, Gesetzgeber, Vereiniger und Erlöser der Menschheit – den Königen der Erde, dass das »Größte Gesetz«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:81 – Anm. d. Hrsg.Q erlassen wurde; nennt sie Seine Vasallen und sich selbst den »König der Könige«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:82 – Anm. d. Hrsg.Q; weist jede Absicht von sich, Hand an ihre Reiche zu legen, behält sich aber das Recht vor, »von den Herzen der Menschen Besitz zu ergreifen«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:83 – Anm. d. Hrsg.Q; warnt die Geistlichen in aller Welt davor, das »Buch Gottes« nach Maßstäben zu beurteilen, die bei ihnen im Schwange sind, und versichert, dass das Buch selbst die »untrügliche Waage«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:99 – Anm. d. Hrsg.Q für die Menschen ist. Er stiftet darin in aller Form das »Haus der Gerechtigkeit«vgl. Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:30, siehe auch: 1:21, 1:22, 1:42, 1:48, 1:49 – Anm. d. Hrsg.Q, umreißt seine Aufgaben, bestimmt seine Einkünfte und bezeichnet seine Mitglieder als »die Männer der Gerechtigkeit«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:52 – Anm. d. Hrsg.Q, »die Bevollmächtigten Gottes«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:147 – Anm. d. Hrsg.Q, »die Treuhänder des Allbarmherzigen«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:21 – Anm. d. Hrsg.Q; spricht andeutungsweise vom künftigen Mittelpunkt Seines Bundes, dem Er die Funktion überträgt, Seine heilige Schrift auszulegen; sieht implizit die Institution des Hütertums vor; bezeugt den umwälzenden Einfluss Seiner Weltordnung, formuliert die Lehre von der »Größten Unfehlbarkeit«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:47 – Anm. d. Hrsg.Q, bekräftigt, dass diese Unfehlbarkeit ausschließlich den Propheten zu eigen ist, und schließt jede Möglichkeit aus, dass vor Ablauf von tausend Jahren eine weitere Manifestation Gottes erscheint.
3:4
Er verfügt in diesem Buch überdies die Pflichtgebete; legt die Zeit für das Fasten fest; verbietet – das Totengebet ausgenommen – das Gemeinschaftsgebet; bestimmt die Qiblih und das Ḥuqúqu’lláh (das Recht Gottes); formuliert das Erbrecht; verfügt die Einrichtung des Mashriqu’l-Adhkár; ordnet das Neunzehntagefest, die Bahá’í-Feiertage und die Schalttage an; schafft das Priestertum ab, verbietet Sklavenhandel, Asketentum, Bettelei, Mönchtum, die Beichte, den Gebrauch von Kanzeln und den Handkuss; schreibt die Einehe vor; verurteilt Tierquälerei, Müßiggang und Faulheit, üble Nachrede und Verleumdung; missbilligt die Scheidung; verbietet das Glücksspiel, den Genuss von Opium, Wein und anderen berauschenden Getränken; bestimmt die Strafen für die vorsätzliche Tötung eines Menschen, für Brandstiftung, unehelichen Beischlaf und Diebstahl; betont die Bedeutung der Ehe und regelt deren Rechtsgrundlagen; verpflichtet jedermann zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes und erhebt solche Arbeit in den Rang des Gottesdienstes; betont die Notwendigkeit, die erforderlichen Mittel für die Kindererziehung aufzubringen; und verpflichtet jedermann, ein Testament zu schreiben und der Regierung strikten Gehorsam zu leisten.
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Zusätzlich zu diesen Vorkehrungen ermahnt Bahá’u’lláh Sein Volk, mit den Gläubigen aller Religionen unterschiedslos herzliche und einträchtige Gemeinschaft zu pflegen; warnt sie vor Fanatismus, Aufruhr, Stolz, Wortstreit und Rechthaberei und verlangt von ihnen makellose Reinheit, unbedingte Wahrhaftigkeit, untadelige Keuschheit, Vertrauenswürdigkeit, Gastfreundschaft, Treue, Höflichkeit, Langmut und Gerechtigkeit. Er rät ihnen, »wie die Finger einer Hand«, wie »die Glieder eines Leibes«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:58 – Anm. d. Hrsg.Q zu sein, ruft sie auf, sich zu erheben, um Seiner Sache zu dienen, und sichert ihnen Seinen unverbrüchlichen Beistand zu. Des weiteren äußert Er sich über die Unbeständigkeit der Verhältnisse auf Erden und verkündet, dass wahre Freiheit in der Unterwerfung unter Sein Gebot bestehe. Er warnt vor falscher Nachsicht in der Anwendung Seiner Gesetze und konstituiert die beiden untrennbaren Pflichten, den »Tagesanbruch der Offenbarung Gottes«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:1 – Anm. d. Hrsg.Q anzuerkennen und alle Seine Gebote zu befolgen. Dabei stellt Er klar, dass nur die Erfüllung beider Pflichten von Gott angenommen wird.
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Der eindringliche Aufruf an die Präsidenten der amerikanischen Republiken, am Tage Gottes die Gelegenheit zu ergreifen und für die Sache der Gerechtigkeit einzutreten; die Aufforderung an die Mitglieder der Parlamente in aller Welt, eine einheitliche Sprache und Schrift anzunehmen; Seine Warnungen an Wilhelm I., den Bezwinger Napoleons III.; der Tadel, den Er an Franz Joseph, den Kaiser von Österreich, richtete; Sein Hinweis auf das »Wehklagen Berlins«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:90 – Anm. d. Hrsg.Q in Seinen Worten an die »Ufer des Rheins«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:90 – Anm. d. Hrsg.Q; Seine Verurteilung des »Throns der Tyrannei« in Konstantinopel; die Vorhersage des Verlöschens des »äußeren Glanzes«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:89 – Anm. d. Hrsg.Q dieser Stadt und der Trübsale für ihre Bewohner; die Worte der Ermunterung und des Trostes für Seine Heimatstadt, der Er versichert, Gott habe sie »zum Quell der Freude für die ganze Menschheit auserkoren«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:91 – Anm. d. Hrsg.Q; Seine Prophezeiung, »die Helden von Khurásán werden« zur Verherrlichung ihres Herrn »die Stimme erheben«vgl. Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:94 – Anm. d. Hrsg.Q; Seine Versicherung, dass »Menschen von großem Heldenmut«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:164 – Anm. d. Hrsg.Q in Kirmán erweckt werden, von Ihm zu künden; und schließlich Seine großmütige Zusicherung an Seinen treulosen Bruder, der Ihm solche Pein bereitete, der »immervergebende, allgütige«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:184 – Anm. d. Hrsg.Q Gott werde ihm seine Sünden verzeihen, wenn er sie nur bereue – all dies bereichert den Inhalt eines Buches, das sein Verfasser als »Quell wahren Glücks«Bahá’u’lláh,.Q, als »untrügliche Waage«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:99 – Anm. d. Hrsg.Q, als »der Gerade Pfad«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:14 – Anm. d. Hrsg.Q, als »Lebensspender der Menschheit«Bahá’u’lláh,.Q bezeichnet.
3:7
Die Gesetze und Gebote, die das Hauptthema dieses Buches bilden, nennt Bahá’u’lláh »den Lebensodem für alles Erschaffene«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:2 – Anm. d. Hrsg.Q, »die mächtigste Festung«Bahá’u’lláh, Tajallíyát, in: Botschaften aus ‘Akká 5:10 – Anm. d. Hrsg.Q, »Früchte« an Seinem »Baume«Bahá’u’lláh, .Q, »das beste Mittel, die Ordnung in der Welt zu erhalten und die Sicherheit ihrer Völker zu bewahren«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:2 – Anm. d. Hrsg.Q, »Lampen Seiner Weisheit und liebevollen Vorsehung«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:29 – Anm. d. Hrsg.Q, den »süßen Duft Seines Gewandes«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:4 – Anm. d. Hrsg.Q und die »Schlüssel« zu Seiner »Gnade«Bahá’u’lláh, Kitáb-i-Aqdas 1:3 – Anm. d. Hrsg.Q für Seine Geschöpfe. »Dieses Buch«, bezeugt Er, »ist ein Himmel, den Wir mit den Sternen Unserer Gebote und Verbote geschmückt haben.« »Selig«, bestätigt Er weiterhin, »wer es liest und über seine Verse nachdenkt, herabgesandt von Gott, dem Herrn der Kraft, dem Allmächtigen. Sprich: O Menschen! Haltet euch daran mit der Hand der Ergebung. … Bei Meinem Leben! Solcherart ward es herabgesandt, dass der Menschengeist darob in Staunen gerät. Wahrlich, es ist Mein gewichtigstes Zeugnis für alle Menschen, des Allerbarmers Beweis für alle im Himmel und auf Erden.« Und wiederum: »Selig der Gaumen, der seine Süße schmeckt, und das schauende Auge, das erkennt, was darinnen verwahrt ist, und das verstehende Herz, das seine verschlüsselten Hinweise und Mysterien erfasst. Bei Gott! So groß ist die Majestät des darin Offenbarten, so gewaltig die Offenbarung seiner verschleierten Hinweise, dass der Sprache die Lenden erbeben beim Versuch, sie zu beschreiben.« Und schließlich: »Das Kitáb-i-Aqdas ist so offenbart, dass es alle göttlich bestimmten Sendungen anzieht und umfasst. Selig, wer es gründlich liest! Selig, wer es begreift! Selig, wer darüber meditiert! Selig, wer über seine Bedeutung nachdenkt! So groß ist seine Wirkung, dass es alle Menschen erfasst, noch ehe sie es erkennen. Binnen kurzem werden seine souveräne Gewalt, sein alldurchdringender Einfluss und die Größe seiner Macht auf Erden offenbar werden.«Bahá’u’lláh, Lawḥ-i-Siyyid-i-Mihdíy-i-Dahají, in: Botschaften aus ‘Akká 13:20 – Anm. d. Hrsg.Q
Das Kitáb-i-Aqdas
4:0_1
Im Namen des höchsten Herrschers über alles, was war, ist und was sein wird!
4:1
Die erste Pflicht, die Gott Seinen Dienern auferlegt, ist die Anerkennung Dessen, Der der Tagesanbruch Seiner Offenbarung, der Urquell Seiner Gesetze ist und Gott im Reiche Seiner Sache und in der Welt der Schöpfung vertritt. Wer diese Pflicht erfüllt, hat alles Gute erreicht, und wer dessen beraubt ist, geht in die Irre, hätte er auch alle gerechten Werke vollbracht. Wer diese höchst erhabene Stufe, diesen Gipfel überragender Herrlichkeit erreicht, muss jedem Gebot Dessen folgen, Der der Ersehnte der Welt ist. Beide Pflichten sind untrennbar, und nur die Erfüllung beider wird angenommen. So wurde es von Ihm, dem Quell göttlicher Eingebung, verfügt.
4:2
Wem Gott Einsicht gegeben, der wird leicht erkennen, dass Gottes Gesetz das beste Mittel ist, die Ordnung in der Welt zu erhalten und die Sicherheit ihrer Völker zu bewahren. Wer sich von ihm abwendet, zählt zu den Niedriggesinnten und Toren. Wir haben euch wahrlich geboten, euren üblen Leidenschaften und verderbten Neigungen den Befehl zu verweigern und nicht die Grenzen zu überschreiten, die die Feder des Höchsten gesetzt hat, denn diese Grenzen sind der Lebensodem für alles Erschaffene. Die Meere göttlicher Weisheit und göttlicher Rede wogen hoch im Windhauch des Allbarmherzigen. Eilt, euch satt zu trinken, o ihr Verständigen! Wer Gottes Bund verletzt, indem er Seine Gebote übertritt, wer auf dem Absatz kehrtmacht, hat sich vor Gott, dem Allbesitzenden, dem Höchsten, schmerzlich geirrt.
4:3
O ihr Völker der Welt! Wisset mit Gewissheit, dass Meine Gebote die Lampen Meiner liebevollen Vorsehung unter Meinen Dienern und die Schlüssel Meiner Gnade für Meine Geschöpfe sind. So ist es aus dem Himmel des Willens eures Herrn, des Herrn der Offenbarung, herabgesandt. Sollte ein Mensch die Süße der Worte kosten, welche die Lippen des Allbarmherzigen zu äußern beliebten, und wären die Schätze der Erde in seinem Besitz, so würde er sie allesamt aufgeben, um die Wahrheit auch nur eines Seiner Gebote zu verteidigen, die über dem Morgen Seiner gnädigen Fürsorge und Güte leuchten.
4:4
Sprich: Aus Meinen Gesetzen strömt der süße Duft Meines Gewandes, und mit ihrer Hilfe werden die Banner des Sieges auf den höchsten Höhen gehisst. Die Zunge Meiner Macht hat aus dem Himmel Meiner allmächtigen Herrlichkeit diese Worte an Meine Schöpfung gerichtet: »Haltet Meine Gebote aus Liebe zu Meiner Schönheit!« Glücklich der Liebende, der den göttlichen Duft seines Höchstgeliebten einatmet aus diesen Worten, erfüllt mit dem Wohlgeruch einer Gnade, die keine Zunge beschreiben kann. Bei Meinem Leben! Wer den erlesenen Wein der Gerechtigkeit aus den Händen Meiner großmütigen Gunst trinkt, wird Meine Gebote, die vom Morgen Meiner Schöpfung leuchten, umkreisen.
4:5
Wähnt nicht, Wir hätten euch nur ein Gesetzbuch offenbart. Nein, Wir haben den erlesenen Wein mit den Fingern der Macht und Kraft entsiegelt. Dafür zeugt, was die Feder der Offenbarung enthüllt hat. Denkt darüber nach, o ihr Einsichtsvollen!
4:6
Wir verordneten euch ein Pflichtgebet mit neun Rak‘ah, das Gott, dem Offenbarer der Verse, am Mittag, am Morgen und am Abend darzubringen ist. Von einer größeren Zahl haben Wir euch befreit, wie im Buche Gottes befohlen. Er ist wahrlich der Gebieter, der Allmächtige, der Unbeschränkte. Wollt ihr dieses Gebet verrichten, so wendet euch dem Hof Meiner hochheiligen Gegenwart zu, diesem geweihten Ort, von Gott zur Mitte gemacht, darum die Höchste Schar kreist, und zum Punkt der Anbetung für die Bewohner der Städte der Ewigkeit bestimmt, zum Quell des Befehls für alle im Himmel und auf Erden. Und wenn die Sonne der Wahrheit und der Rede untergeht, so wendet euer Angesicht dem Orte zu, den Wir euch bestimmt haben. Er ist wahrlich der Allmächtige, der Allwissende.
4:7
Alles Seiende ist auf Sein unwiderstehliches Geheiß ins Dasein getreten. Wenn Meine Gesetze wie die Sonne am Himmel Meiner Rede erscheinen, so müssen alle sie getreulich befolgen, selbst wenn Mein Gebot den Himmel einer jeden Religion spaltete. Er tut, was Ihm beliebt. Er wählt, und niemand darf Seine Wahl in Zweifel ziehen. Was Er, der Vielgeliebte, bestimmt, ist wahrlich geliebt. Dafür ist der Herr der ganzen Schöpfung Mein Zeuge. Wer den süßen Duft des Allbarmherzigen verspürt und den Quell dieser Rede erkennt, wird sehenden Auges die Pfeile des Feindes willkommen heißen, um die Wahrheit des Gottesgesetzes unter den Menschen aufzurichten. Wohl dem, der sich dorthin wendet und die Bedeutung Seines entscheidenden Gebotes erfasst.
4:8
Die Einzelheiten des Pflichtgebets haben Wir auf einer anderen Tafel ausgeführt. Selig ist, wer befolgt, was ihm durch Ihn, den Herrscher über die ganze Menschheit, geboten ward. Im Totengebet sind von Gott, dem Offenbarer der Verse, sechs besondere Abschnitte herabgesandt. Einer, der des Lesens kundig ist, trage vor, was vor diesen Abschnitten offenbart ist. Wer dessen nicht mächtig ist, den hat Gott von dieser Pflicht befreit. Er ist in Wahrheit der Mächtige, der Vergebende.
4:9
Haar macht euer Gebet nicht ungültig, auch nichts, woraus der Geist gewichen ist, wie Knochen und dergleichen. Es steht euch frei, den Pelz des Zobels zu tragen, auch den des Bibers, des Eichhörnchens und anderer Tiere. Das Verbot beruht nicht auf dem Qur’án, sondern auf dem Irrtum der Geistlichen. Er ist wahrlich der Allherrliche, der Allwissende.
4:10
Wir haben euch geboten, vom Reifealter an zu beten und zu fasten. Dies ist von Gott, eurem Herrn und dem Herrn eurer Väter, befohlen. Als Gnade aus Seiner Gegenwart hat Er jene ausgenommen, die durch Krankheit oder Alter geschwächt sind – Er ist der Vergebende, der Großmütige. Gott stellt euch frei, euch auf jeder Fläche niederzuwerfen, die rein ist. In dieser Hinsicht haben Wir die Beschränkung aufgehoben, die im Buche verzeichnet war. Gott hat fürwahr Wissen von dem, was ihr nicht kennt. Wer für die Waschung kein Wasser findet, spreche fünfmal die Worte: »Im Namen Gottes, des Reinsten, des Reinsten«; dann verrichte er sein Gebet. Dies gebietet der Herr aller Welten. In Gegenden, wo die Tage und Nächte lang werden, sind die Gebetszeiten durch Uhren und andere den Gang der Stunden anzeigende Instrumente zu bestimmen. Er ist wahrlich der Erklärende, der Weise.
4:11
Wir befreien euch von dem Gebet der Zeichen. Treten furchterregende Naturereignisse ein, so ruft euch die Macht und Majestät eures Herrn vor Augen – Er, Der alles hört und sieht – und sprecht: »Die Größe ist Gottes, des Herrn des Sichtbaren und des Unsichtbaren, des Herrn der Schöpfung.«
4:12
Es wurde geboten, dass jeder das Pflichtgebet für sich allein verrichtet. Mit Ausnahme des Totengebets ist das Gemeinschaftsgebet abgeschafft. Er ist in Wahrheit der Gesetzgeber, der Allweise.
4:13
Gott hat die Frau für die Dauer der Monatsregel vom Pflichtgebet und vom Fasten befreit. Stattdessen preise sie nach ihren Waschungen Gott, indem sie zwischen dem Mittag eines Tages und dem folgenden fünfundneunzigmal spricht: »Verherrlicht sei Gott, der Herr des Glanzes und der Schönheit.« So ist es verordnet in dem Buche – gehörtet ihr doch zu denen, die begreifen!
4:14
Wenn ihr – ob Mann oder Frau – auf einer Reise an einem sicheren Ort rastet, dann werft euch für jedes versäumte Pflichtgebet einmal nieder und sprecht dabei: »Verherrlicht sei Gott, der Herr der Macht und Majestät, der Gnade und der Großmut!« Wer hierzu außerstande ist, sage nur: »Verherrlicht sei Gott!«; das wird fürwahr genügen. Er ist in Wahrheit der allgenügende, der ewigseiende, der vergebende, der barmherzige Gott. Nach euren Prostrationen setzt euch – ob Mann oder Frau – mit gekreuzten Beinen nieder und sprecht achtzehnmal: »Verherrlicht sei Gott, der Herr beider Reiche, der Erde und des Himmels!« So macht euch der Herr die Wege der Wahrheit und der Führung deutlich, Wege, die zu einem Weg führen, der dieser gerade Pfad ist. Danket Gott für diese Gunst und Gnade; lobpreiset Ihn für diese Gabenfülle, welche die Himmel und die Erde umfängt; verherrlicht Ihn für diese Barmherzigkeit, welche der ganzen Schöpfung vorausging.
4:15
Sprich: Gott hat Meine verborgene Liebe zum Schlüssel für den verborgenen Schatz gemacht – würdet ihr es doch erkennen! Ohne den Schlüssel bliebe der Schatz in alle Ewigkeit verborgen – wolltet ihr es doch glauben! Sprich: Hier ist der Quell der Offenbarung, der Aufgangsort des Strahlenglanzes, dessen Helle die Horizonte der Welt erleuchtet. O dass ihr es doch verstündet! Dies ist wahrlich das feste Gebot, durch das alle unwiderruflichen Gebote fest gegründet sind.
4:16
O Feder des Höchsten! Sprich: O Volk der Welt! Wir haben euch für eine kurze Zeit das Fasten geboten und euch an dessen Ende Naw-Rúz als Fest bestimmt. So erstrahlte die Sonne der Rede über dem Horizont des Buches, wie es Er, der Herr des Anfangs und des Endes, geboten. Legt des Jahres überzählige Tage vor den Fastenmonat. Wir bestimmten, dass diese Tage und Nächte die Offenbarungen des Buchstabens seien; so werden sie nicht begrenzt vom Jahr und seinen Monaten. Das Volk Bahás sollte während dieser Tage sich, den Verwandten und auch den Armen und Bedürftigen Festmahle bereiten, den Herrn mit jubelnder Freude preisen und verherrlichen, Sein Lob singen und Seinen Namen erhöhen. Und wenn sich diese Tage des Gebens, die der Zeit der Enthaltsamkeit vorangehen, zu Ende neigen, dann beginne es mit dem Fasten. So hat es der Herr der ganzen Menschheit geboten. Reisende, Kranke und jene, die schwanger sind oder stillen, sind nicht an das Fasten gebunden. Sie sind von Gott zum Zeichen Seiner Gnade davon befreit. Er ist wahrlich der Allmächtige, der Großzügigste.
4:17
Dies sind Gottes Gebote, niedergeschrieben von Seiner erhabensten Feder in den Büchern und Tafeln. Haltet euch fest an Seinen Satzungen und Befehlen und zählt nicht zu denen, die, eitlen Einbildungen und wertlosen Vorstellungen folgend, sich an ihre selbstgezimmerten Maßstäbe halten und das von Gott verfügte Richtmaß verwerfen. Enthaltet euch der Speise und des Tranks von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und habt acht, dass Gier euch nicht der Gnade beraube, die im Buche bestimmt ist.
4:18
Jedem, der an Gott, den Herrn des Gerichts, glaubt, ist geboten, sich täglich, nachdem er die Hände und dann das Gesicht gewaschen hat, niederzusetzen, sich Gott zuzuwenden und fünfundneunzigmal ›Alláh-u-Abhá‹ zu wiederholen. Also befahl der Schöpfer der Himmel, als Er Sich voll Macht und Majestät auf dem Thron Seiner Namen niederließ. Verrichtet ebenso die Waschungen für das Pflichtgebet. Dies ist der Befehl Gottes, des Unvergleichlichen, des Uneingeschränkten.
4:19
Mord und Totschlag, der uneheliche Beischlaf, üble Nachrede und Verleumdung sind euch verboten. So haltet euch fern von dem, was in den Heiligen Büchern und Tafeln verboten ward.
4:20
Wir haben die Erbschaft in sieben Kategorien eingeteilt: Den Kindern weisen Wir neun Teile mit fünfhundertvierzig Anteilen zu; der Ehefrau acht Teile mit vierhundertachtzig Anteilen; dem Vater sieben Teile mit vierhundertzwanzig Anteilen; der Mutter sechs Teile mit dreihundertsechzig Anteilen; den Brüdern fünf Teile oder dreihundert Anteile; den Schwestern vier Teile oder zweihundertvierzig Anteile und den Lehrern drei Teile oder hundertachtzig Anteile. So gebot es Mein Vorläufer, Er, der Meinen Namen zur Nachtzeit und in der Morgendämmerung pries. Als Wir das Klagen der noch ungeborenen Kinder vernahmen, verdoppelten Wir ihr Teil und verminderten die Teile der übrigen. Er hat in Wahrheit die Macht zu gebieten, was Er wünscht, und kraft Seiner souveränen Macht tut Er, was Er will.
4:21
Hinterlässt der Verstorbene keine Nachkommen, so fällt deren Anteil an das Haus der Gerechtigkeit, damit er von den Treuhändern des Allbarmherzigen für Waisen und Witwen ausgegeben werde sowie für alles, was der Allgemeinheit nutzt, auf dass alle ihrem Herrn, dem Allgütigen, dem Vergeber, dankbar sind.
4:22
Hinterlässt der Verstorbene Nachkommen, aber keine Erben der übrigen im Buch genannten Kategorien, so erhalten seine Nachkommen zwei Drittel des Nachlasses. Das verbleibende Drittel fällt an das Haus der Gerechtigkeit. Dies ist das Gebot, gegeben in Majestät und Herrlichkeit von Ihm, dem Allbesitzenden, dem Höchsten.
4:23
Hinterlässt der Verstorbene keine der genannten Kategorien von Erben, hat er aber unter seinen Verwandten Neffen und Nichten vonseiten seiner Brüder oder Schwestern, so gehen zwei Drittel des Erbes an sie; oder, wenn keine vorhanden sind, an seine Onkel und Tanten väterlicher- wie mütterlicherseits, und nach diesen an deren Söhne und Töchter. Das verbleibende Drittel kommt in jedem Fall dem Sitze der Gerechtigkeit zu. So ist es im Buche verfügt von Ihm, Der über alle Menschen herrscht.
4:24
Überlebt den Verstorbenen keiner von denen, deren Namen die Feder des Höchsten aufgezeichnet hat, so fällt sein gesamtes Vermögen dem vorerwähnten Sitze an, damit es ausgegeben werde für den Zweck, den Gott verordnet hat. Er ist wahrlich der Allmächtige, der Gesetzgeber.
4:25
Das Wohnhaus und die persönliche Kleidung des Verstorbenen weisen Wir der männlichen, nicht der weiblichen Nachkommenschaft zu, und nicht den anderen Erben. Er ist wahrlich der Freigebige, der Gabenreichste.
4:26
Ist der Sohn des Verstorbenen zu Lebzeiten des Vaters verschieden und hat er Kinder hinterlassen, so erben diese den Anteil ihres Vaters, wie es das Buch Gottes vorsieht. Verteilt ihren Anteil mit unbedingter Gerechtigkeit! Also wogen die Meereswellen der Rede und spülen die Gesetze des Herrn der ganzen Menschheit wie Perlen ans Land.
4:27
Hinterlässt der Verstorbene minderjährige Kinder, so ist deren Erbteil einer vertrauenswürdigen Person oder Gesellschaft anzuvertrauen, damit er für sie im Handel und in Geschäften angelegt wird, bis sie volljährig sind. Dem Treuhänder ist ein angemessener Teil des aus diesen Anlagen auflaufenden Gewinns zuzuweisen.
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