Bahá’u’lláh | Anspruch und Verkündigung
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2:39
Sprich: Verherrlicht seiest Du, o Herr mein Gott! Ich flehe Dich an bei den Tränen, die Deine Geliebten in ihrer Sehnsucht nach Dir vergossen haben, und bei der Sehnsucht derer, die in ihrer Trennung von Dir wehklagen, und bei Deinem Meistgeliebten, der in die Hände Deiner Feinde gefallen ist, stehe gnädiglich denen bei, die Zuflucht suchen unter den schützenden Schwingen Deiner Gunst und liebenden Güte und die sich nach keinem anderen Herrn sehnen außer nach Dir.
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Wir haben unser Heim verlassen, o Herr, in unserem Eifer, Dir zu begegnen, und in unserer Sehnsucht, mit Dir vereint zu sein. Wir haben Land und Meer überquert, um den Hof Deiner Gegenwart zu erreichen und Deinen Versen zu lauschen. Als wir jedoch zum Gestade Deines Meeres gelangten, wurden wir von Dir ferngehalten, weil die Frevler zwischen uns und das Licht Deines Antlitzes traten.
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O Herr! Brennender Durst hat uns ergriffen, und bei Dir sind die sanftfließenden Wasser der Ewigkeit. Mächtig bist Du zu tun, was Dir gefällt. Verweigere uns nicht das Ziel unserer Suche. Verordne für uns den Lohn, den Du für solche Deiner Diener vorgesehen hast, die sich Deiner Nähe erfreuen und völlig Deinem Willen ergeben sind. Mache uns so standhaft in Deiner Liebe, daß uns nichts von Dir und Deiner Anbetung abhalten kann. Mächtig bist Du zu tun, was Dir gefällt. Du bist wahrlich der Allmächtige, der Freigebigste.
Lawḥ-i-Ra’ís
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Er ist der rechtmässige Herrscher!
3:1
Die Feder des Höchsten verkündet: O du, der du dich selbst als den Erhabensten unter den Menschen betrachtestDieser zweite an ʿÁlí Páshá gerichtete Brief Bahá’u’lláhs wurde kurze Zeit nach Seiner Ankunft in ʿAkká in persischer Sprache offenbart.A und in diesem göttlichen Jüngling, durch den die Augen der Himmlischen Heerscharen erleuchtet wurden, das niedrigste aller Geschöpfe siehst! Dieser Jüngling begehrt nichts von dir oder deinesgleichen. Denn wenn die Manifestationen des Allerbarmers und die Aufgangsorte Seiner unvergänglichen Herrlichkeit sich aus dem Reich der Ewigkeit in diese vergängliche Welt begaben und sich offenbarten, um die Toten wieder zu beleben, haben stets Menschen wie du diese geheiligten Seelen und Tempel der göttlichen Einheit, von denen die Genesung der Völker der Welt abhängt, bezichtigt, Unheil zu stiften. Diese Menschen sind wahrlich alle wieder zu Staub geworden. Auch du wirst bald im Staube ruhen und schmerzlichen Verlust erleiden.
3:2
Selbst wenn du diesem Lebensspender und Welterneuerer die Verantwortung für Aufruhr und Streit anlastest – welches Verbrechen sollten Frauen, Kinder und stillende Mütter begangen haben, daß die Geißel deines Zorns sie trifft? Noch nie hat eine Religion Kinder zur Verantwortung gezogen. Die Feder des göttlichen Befehls hat sie davon ausgenommen, doch das Feuer deiner Tyrannei hat alle ergriffen. Wenn du einer Religion angehörst, solltest du wissen, daß nach allen heiligen Schriften Kinder nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Im übrigen haben nicht einmal jene, die nicht an Gott glauben, solch unerhörte Taten begangen. Da alles eine Wirkung hat – eine Tatsache, die nur leugnen kann, wem es an Verstand und Erkenntnis gebricht –, ist es sicher, daß die Seufzer dieser Kinder und die Schreie dieser Unterdrückten ihre Folgen haben werden.
3:3
Du hast Menschen ausgeraubt, die weder rebellierten noch der Obrigkeit den Befehl verweigerten. Nein, sie blieben unter sich und gedachten Gottes Tag und Nacht. Als später der Verbannungsbefehl gegen diesen Jüngling erging, waren alle bestürzt. Doch die mit Meiner Verbannung beauftragten Beamten erklärten: »Die anderen wurden keines Vergehens beschuldigt und nicht durch die Regierung ausgewiesen. Sollten sie dich zu begleiten wünschen, wird sie niemand daran hindern.« Diese Unglückseligen trugen daher alle Kosten selbst und gaben ihren Besitz dafür hin. Sie gaben sich mit Unserer Gegenwart zufrieden, setzten ihr ganzes Vertrauen in Gott und reisten noch einmal mit Ihm, bis die Festung von ʿAkká zum Gefängnis von Bahá wurde.
3:4
Bei unserer Ankunft wurden wir von Wachen umzingelt und alle zusammen – Männer und Frauen, jung und alt – in der Kaserne gefangen gesetzt. In der ersten Nacht erhielten wir weder zu essen noch zu trinken, denn die Wachtposten, die das Kasernentor bewachten, durften niemanden passieren lassen. Niemand dachte an den schlechten Zustand dieser Unglückseligen. Selbst als sie um Wasser baten, wurde es ihnen verweigert.
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Einige Zeit ist verstrichen, und wir sind noch immer gefangen in dieser Kaserne, obwohl in den fünf Jahren, während derer wir in Edirne lebten, seine Bewohner – Gelehrte und Ungebildete, Reiche und Arme – die Reinheit und Heiligkeit dieser Diener bezeugten. Als dieser Jüngling Edirne verlassen mußte, versuchte einer der Geliebten Gottes, sich das Leben zu nehmen, so unerträglich war ihm der Anblick dieses Unrecht Leidenden in der Gewalt Seiner Unterdrücker. Auf unserer Reise mußten wir dreimal auf andere Schiffe umsteigen; es liegt auf der Hand, daß gerade die Kinder hierunter litten. Als wir an Land gingen, wurden vier Gläubige von Uns getrennt und daran gehindert, Uns zu begleiten. Als dieser Jüngling fortging, stürzte sich einer der vier mit Namen ʿAbdu’l-Ghaffár ins Meer, und niemand weiß, was aus ihm wurde.siehe dazu den Bericht in Gott geht vorüber 314.A
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All dies ist nur ein Tropfen aus dem Meer des Unrechts, das Uns heimsuchte, und noch immer bist du nicht zufrieden! Die Beamten erteilen jeden Tag neue Befehle, und ein Ende ihrer Tyrannei ist nicht in Sicht. Tag und Nacht schmieden sie neue Ränke. Jeder Gefangene erhält aus Regierungsbeständen eine Tagesration von drei Laib Brot – Brot, das völlig ungenießbar ist. Seit der Erschaffung der Welt bis zum heutigen Tag ward solche Unmenschlichkeit nie gesehen noch von ihr gehört.
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Bei Ihm, der Bahá zu allen im Himmel und auf Erden sprechen ließ! Unter denen, die ihre Seele, ihren Leib und ihr Hab und Gut aus Liebe zu Gott, dem Allmächtigen, dem Allbezwingenden, aufgeopfert haben, kommt dir kein Rang zu, ja bist du nicht einmal der Erwähnung wert. Eine Handvoll Lehm ist in den Augen Gottes größer als dein ganzes Reich und deine Herrschaft, deine Macht und dein Reichtum. Wäre es Sein Wille, so könnte Er dich zu Staub zerfallen lassen. Bald wird Er dich in grimmem Zorn ergreifen. Dein Reich wird in Aufruhr geraten und auseinanderbrechen. Dann wirst du heulen und wehklagen und niemanden finden, der dir hilft.
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Wir sagen dies nicht, um dich aus deiner Achtlosigkeit zu wecken, denn der Zorn Gottes hat dich so erfaßt, daß du niemals erwachen wirst. Wir wollen auch nicht all das Unrecht aufzählen, das diesen reinen Seelen widerfuhr. Denn sie sind so trunken vom Wein des Allbarmherzigen und so hingerissen von der berauschenden Wirkung des Lebenswassers Seiner liebenden Vorsehung, daß sie zufrieden sind und Ihm Dank sagen, selbst wenn sie alle Grausamkeiten der Welt um Seinetwillen erleiden. Noch nie haben sie geklagt, und auch künftig werden sie nicht klagen. Nein, ihr Blut fleht ständig zum Herrn aller Welten, daß es auf Seinem Pfad vergossen werde, und ihre Häupter sehnen sich danach, um ihres Geliebten willen auf Speere gespießt zu werden.
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Einige Male wurdest du von Katastrophen heimgesucht, doch du achtetest nicht darauf. Eine davon war die Feuersbrunst, die den größten Teil der StadtWahrscheinlich bezieht sich Bahá’u’lláh hier auf das Feuer von Hocapaşa, das 1865 einen großen Teil von Konstantinopel [Istanbul] zerstörte.A mit den Flammen der Gerechtigkeit verzehrte und von der viele Gedichte berichteten, noch nie habe man ein solches Feuer gesehen. Du aber wurdest noch achtloser. Die Pest brach aus, und noch immer bliebst du achtlos. Mache dich darauf gefaßt, daß der Zorn Gottes deiner harrt. Bald wirst du sehen, was durch die Feder Meines Befehls herniederkam.
3:10
Warst du so töricht zu glauben, deine Macht sei unvergänglich und dein Reich ewig? Nein, beim Allbarmherzigen! Weder dein Ruhm noch Meine Erniedrigung werden von Dauer sein. Wer wirklich Mensch ist, für den ist solche Erniedrigung der Gipfel des Ruhms.
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Als Ich noch ein Kind war, lange ehe ich das Al ter der Reife erreichte, traf Mein Vater in Teheran Vorbereitungen für die Hochzeit einer Meiner älteren Brüder. Wie es dort Brauch ist, dauerten die Festlichkeiten sieben Tage und sieben Nächte. Am letzten Tag wurde angekündigt, daß das Stück › Sháh Sulṭán Salím‹ aufgeführt werde. Eine große Zahl von Prinzen, Würdenträgern und wichtigen Persönlichkeiten der Hauptstadt versammelte sich zu diesem Ereignis. Ich befand Mich in einem der oberen Gemächer des Gebäudes und schaute, was sich auf der Bühne tat. Zunächst wurde im Hof ein Zelt errichtet. Bald darauf sah man einige kleine Figuren mit menschlichen Zügen – jede nicht größer als eine Handspanne – daraus hervortreten, die ausriefen: »Seine Majestät kommt! Stellt sofort die Sitze bereit!« Andere Puppen traten auf. Einige von ihnen fegten den Boden, andere versprengten Wasser, und schließlich kam der erste Herold der Stadt und forderte dazu auf, sich zur Audienz mit dem König zu versammeln. Daraufhin erschienen mehrere Gruppen von Figuren und nahmen Platz. Die erste war nach der persischen Mode mit Hüten und Schärpen gekleidet. Die zweite führte Streitäxte mit sich, und die dritte bestand aus einer Anzahl von Lakaien und Scharfrichtern mit Bastonadestöcken. Schließlich erschien, majestätisch gekleidet und mit einer Krone auf dem Haupt, die Figur des Königs, in stolzer, hoheitsvoller Haltung. Er schritt langsam, gemessen und würdevoll zu seinem Thron und ließ sich darauf nieder.
3:12
In diesem Augenblick wurde eine Salve abgefeuert, Fanfaren erschollen, und der König und das Zelt waren in eine Rauchwolke gehüllt. Nachdem der Qualm sich verzogen hatte, sah man den König auf seinem Thron, umringt von Ministern, Prinzen und Würdenträgern, die ihm stehend ihren Respekt zollten. Nun wurde ein Dieb vor den König gebracht. Dieser gab den Befehl, den Verbrecher zu köpfen. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, schlug der Scharfrichter dem Dieb den Kopf ab, aus dem eine blutähnliche Flüssigkeit trat. Danach hielt der König Audienz mit seinem Hofstaat, als die Nachricht eintraf, daß an der Grenze ein Aufruhr ausgebrochen sei. Der König musterte seine Truppen und entsandte verschiedene Regimenter, verstärkt durch Artillerie, um den Aufstand niederzuwerfen. Kurz darauf hörte man Kanonendonner hinter dem Zelt, und es wurde gesagt, daß die Schlacht in vollem Gange sei.
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Dieser Jüngling beobachtete die Szene mit großer Verwunderung. Nach dem Ende der königlichen Audienz fiel der Vorhang; und nach ungefähr zwanzig Minuten kam ein Mann mit einer Kiste unter dem Arm hinter dem Zelt hervor.
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»Was für eine Kiste ist das?«, fragte Ich ihn, »und was war das für ein Schauspiel?«
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»All die Puppen und ihre ganze Pracht«, antwortete er, »der König, die Prinzen, die Minister, ihr Prunk, ihre Herrlichkeit und ihre Macht – alles, was du gesehen hast, liegt jetzt in dieser Kiste.«
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Ich schwöre bei Meinem Herrn, der durch ein einziges Wort aus Seinem Munde alle erschaffenen Dinge ins Leben rief: Seit diesem Tag erschien Mir aller Schmuck der Welt wie in diesem Schauspiel. Nie war er von Gewicht, und nichts wird er je bewirken, nicht einmal so viel wie ein Senfkorn. Ich wunderte Mich sehr, daß sich die Menschen solcher Nichtigkeiten rühmen, während die Einsichtsvollen, noch ehe sie die Zeichen des Ruhmes sehen, sich schon seiner Vergänglichkeit bewußt sind. »Nie habe Ich etwas betrachtet, ohne dabei bereits sein Ende zu sehen; und Gott ist wahrlich ein hinreichender Zeuge!«
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Der Mensch muß die kurze Spanne seines Lebens aufrichtig und gerecht durchschreiten. Sollte jemand außerstande sein, zur Erkenntnis dessen zu gelangen, der die ewige Wahrheit ist, so soll er sich zumindest vernünftig und gerecht verhalten. Bald wird all dies dem Grabe übergeben, wie jener Kiste – der äußerliche Schmuck, die materiellen Schätze, alle irdischen Nichtigkeiten, stattlichen Armeen und Prachtgewänder, all diese stolzen und hochmütigen Seelen. In den Augen der Einsichtsvollen sind all diese Konflikte, Streitigkeiten und prahlerischen Eitelkeiten auf ewig wie kindliche Spiele und Zeitvertreib. Lerne daraus und sei nicht wie die, die sehen und doch leugnen.
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Wir sagen dies nicht um Unser und Unserer Geliebten willen, denn sie sind bereits gefangen und schwer geprüft und erwarten nichts von Menschen wie dir. Wir wollen nur, daß du dein Haupt vom Lager der Achtlosigkeit erhebst, den Schlummer der Nachlässigkeit abschüttelst und davon ablässest, den Dienern Gottes Unrecht anzutun. Bemühe dich, solange deine Macht und Herrschaft währt, das Leid der Unterdrückten zu lindern. Wenn du gerecht urteilst und den Streit und das Treiben dieser vergänglichen Welt mit klarem Blick betrachtest, wirst du bereitwillig zugeben, daß es dem Puppenspiel gleicht, das Wir beschrieben haben.
3:19
Lausche den Worten Gottes und brüste dich nicht der Dinge dieser Welt. Was ist aus denen geworden, die wie du zu Unrecht die Herrschaft auf Erden beanspruchten, die versuchten, das Licht Gottes in Seinem Land auszulöschen und das Fundament Seines mächtigen Baus in Seinen Städten zu zerstören? Wo sind sie heute? Sei gerecht in deinem Urteil und kehre zu Gott zurück, damit Er vielleicht die Sünden deines nutzlosen Lebens tilge. Doch wehe, Wir wissen, daß du niemals dahin gelangen wirst, denn so groß ist deine Grausamkeit, daß sie die Hölle lodern und den Geist klagen läßt, die Pfeiler des himmlischen Thrones erschüttert und die Herzen der Gläubigen erbeben läßt.
3:20
O Völker der Erde! Neigt euer Ohr dem Ruf dieses Unterdrückten und denkt über dieses Gleichnis nach. Vielleicht werdet ihr dann nicht vom Feuer des Selbstes und der Leidenschaft verzehrt und nicht durch weltlichen Tand abgehalten von Ihm, der ewigen Wahrheit. Ruhm und Erniedrigung, Reichtum und Armut, Ruhe und Heimsuchung werden vergehen, und alle Völker dieser Welt werden bald in ihren Gräbern ruhen. Ein Mensch mit Einsicht sollte deshalb seinen Blick auf das Ziel der Ewigkeit richten, auf daß er durch die Gnade des Altehrwürdigen Königs in das ewige Königreich gelange und unter dem Schatten des Baumes Seiner Offenbarung wohne.
3:21
Obwohl diese Welt voll des Irrtums und des Truges ist, gemahnt sie doch alle Menschen ständig an ihre Vergänglichkeit. Der Tod des Vaters kündigt dem Sohn an, daß auch er sterben wird. Wüßten doch die Bewohner der Welt, die für sich Reichtum angehäuft haben und, weit entfernt von der Wahrheit, in die Irre gehen, wer am Ende Hand an ihre Schätze legen wird – aber bei dem Leben Bahás, niemand weiß es außer Gott, erhaben sei Seine Herrlichkeit.
3:22
Der Dichter Saná’í – Gottes Gnade ruhe auf ihm – sagte: >»Habt acht, o ihr, deren unziemlicher Wandel euer Angesicht verdunkelt! Habt acht, o ihr, deren Bärte durch das Alter weiß geworden sind!« Wehe, die meisten Menschen schlafen tief. Sie gleichen dem Betrunkenen, der sich in seinem Rausch zu einem Hund hingezogen fühlte, ihn umarmte und ihn zu seinem Gespielen machte. Als aber der Morgen der Unterscheidung dämmerte und das Licht der Sonne den Horizont erhellte, da erkannte er, daß der Gegenstand seiner Zuneigung nur ein Hund war. Daraufhin kehrte er voll Reue und Scham zu seinem Heim zurück.
3:23
Denke nicht, du hättest diesen Jüngling erniedrigt oder über Ihn gesiegt. Du selbst wirst beherrscht, doch erkennst du es nicht. Das niedrigste und verachtenswerteste aller Dinge befiehlt über dich, nämlich das Selbst und die Leidenschaft, die seit jeher verwerflich waren. Hinderte dich nicht Gottes vollkommene Weisheit, so könntest du deine Hilflosigkeit und die aller Erdenbewohner klar erkennen. Unsere Erniedrigung ist fürwahr der Ruhm Seiner Sache, könntest du es nur verstehen.
3:24
Noch nie hat dieser Jüngling unhöfliche Worte geschätzt. Höflichkeit ist Unser Gewand, mit dem Wir Unsere gottnahen Diener zieren. Sonst würden auf dieser Tafel einige der Taten enthüllt, von denen du glaubst, sie seien verborgen.
3:25
O Vertreter der Macht! Diese kleinen Kinder und diese Armen in Gott hätten nicht von Offizieren und Soldaten begleitet werden müssen. Bei unserer Ankunft in Gallipoli trat ein Major mit dem Namen ʿUmar in Unsere Gegenwart. Gott weiß wohl, was er sagte. Nach einem Gespräch, in dem seine Unschuld und deine Schuld zur Sprache kam, erklärten Wir: »Schon früher hätten die Gelehrten dieser Zeit mit diesem Jüngling zusammentreffen können, um festzustellen, welches Vergehen diese Diener begangen haben. Nun aber ist es zu spät, und du bist, wie du selbst sagst, verpflichtet, Uns in der trostlosesten aller Städte einzukerkern. Doch etwas bitte Ich dich, falls du es für möglich hältst, Seiner Majestät dem Sultan zu unterbreiten: Er möge diesem Jüngling eine Unterredung von zehn Minuten gestatten, so daß er Ihn alles fragen kann, was ihm genügt als Beweis für die Glaubwürdigkeit dessen, der die Wahrheit ist. Wenn Gott Ihn befähigt, diesen Beweis zu erbringen, dann soll er diese Unglücklichen entlassen und sie nicht länger behelligen.«
3:26
Er versprach, die Botschaft zu überbringen und Uns die Antwort mitzuteilen. Wir haben jedoch nichts von ihm gehört. Es ist nicht angemessen, daß Er, der die Wahrheit ist, jemanden aufsucht, da alle erschaffen wurden, Ihm zu gehorchen. Doch angesichts des Zustandes der kleinen Kinder und der großen Zahl von Frauen, die von ihren Freunden und ihrer Heimat getrennt sind, haben Wir zugestimmt, doch ohne Resultat. ʿUmar lebt und ist erreichbar. Erkundige dich bei ihm, auf daß du die Wahrheit erfährst.
3:27
Die meisten Unserer Gefährten liegen nun krank in diesem Gefängnis, und niemand weiß, was Uns zugestoßen ist, außer Gott, dem Allmächtigen, dem Allwissenden. In den Tagen nach Unserer Ankunft stiegen zwei dieser Diener auf in die Reiche des Himmels. Einen ganzen Tag lang verhinderten die Wachen, daß man ihre gesegneten Leiber beisetzen konnte. Sie bestanden darauf, daß ihnen zuerst alle Kosten für die Leichentücher und die Beerdigung zu zahlen seien, obwohl niemand sie um ihre Hilfe gebeten hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren wir irdischer Mittel beraubt und baten darum, uns die Angelegenheit zu überlassen und den Anwesenden zu erlauben, die Leichname zu tragen. Aber sie untersagten es. Schließlich wurde ein Teppich in den Basar gebracht, und der Erlös den Wachen gegeben. Später erfuhren wir, daß sie nur eine flache Grube ausgehoben hatten, in der sie die beiden Leichname verscharrten, obwohl sie den doppelten Betrag genommen hatten, der für die Leichentücher und ein ordentliches Begräbnis angemessen gewesen wäre.
3:28
Die Feder ist machtlos, und der Mund versagt, die Leiden zu beschreiben, die Wir erlitten haben. Doch süßer als Honig ist Mir die Bitternis solcher Heimsuchungen. Wollten doch Mir, der Ich im Meer innerer Bedeutungen vergehe, auf dem Pfade Gottes und um Seiner Liebe willen in jedem Augenblick alle Trübsale dieser Welt auferlegt werden!
3:29
Wir flehen zu Gott um Geduld und Langmut, denn du bist nur ein schwaches Geschöpf, der Erkenntnis beraubt. Würdest du erwachen und den Duft der Brisen einatmen, die von den Reichen der Ewigkeit her wehen, so gäbest du bereitwillig alles auf, was du besitzest und dessen du dich rühmst, und zögest es vor, in einem der verfallenen Räume dieses Größten Gefängnisses zu wohnen. Flehe zu Gott, daß Er dir ein solch reifes Verständnis gewähre, so daß du lobenswerte Taten von tadelnswerten zu unterscheiden vermagst. Friede sei mit dem, der dem Weg der Rechtleitung folgt!
Lawḥ Fu’ád
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Er ist der Heiligste, der Herrlichste!
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Káf. Ẓá’.Der Lawḥ Fu’ád ist an Shaykh Káẓim-i-Samandar aus Qazvín, einen der Apostel Bahá’u’lláhs, gerichtet. Der frühere osmanische Staatsmann Fu’ád Páshá, von dem es handelt, starb 1869 in Frankreich. Die Buchstaben ک (káf) und ظ (ẓá’) bezeichnen das K und von Káẓim.A Wir rufen dich an von jenseits des Meeres der Größe, über das karminrote Land vom Horizont der Trübsal. Wahrlich, kein Gott ist außer Ihm, dem Allmächtigen, dem Freigebigsten. Wandle standhaft in Meiner Sache, und folge nicht dem Pfad derer, die, als sie das Ziel ihrer Sehnsucht erreichten, Gott, den Herrn der Herren, leugneten. Bald wird Er sie in Seinem Zorn ergreifen, und Er ist wahrlich der Allmächtige, der Allunterwerfende.
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Wisse, daß Gott kraft Seiner souveränen Macht den Angesehensten derer, die Uns verurteilten, ergriff. Als ihn Unsere Strafe ereilte, floh er nach Paris und suchte dort Ärzte auf.
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»Gibt es für mich keine Hilfe?« fragte er.
4:4
Ihm wurde auf den Mund geschlagen und beschieden: »Es gibt kein Entrinnen!«vgl. Qur’án 38:3.A
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