Textzusammenstellung | Ein Leben, getragen von Andacht und Gebet
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34:1
‘Abdu’l-Bahá sagte einmal: „Der Betende muss mit losgelöstem Geiste, bedingungsloser Hingabe des Willens, konzentrierter Aufmerksamkeit und spiritueller Leidenschaft beten. Gebet hat keinen Wert, wenn es mechanisch und formelhaft dargebracht wird, ohne das Herz wirklich zu berühren.Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 19. Oktober 1925, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelnen GläubigenQ
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35:1
Was das Singen der Heiligen Tafeln im Haus der Andacht anbelangt, so möchte Shoghi Effendi die Freunde dringend bitten, jegliche Starrheit und Gleichförmigkeit in der Gestaltung der Andacht zu vermeiden. Gegen das Rezitieren und Singen von Gebeten in einer orientalischen Sprache ist nichts einzuwenden, es ist jedoch keineswegs verpflichtend, bei Andachten im Tempelauditorium auf genau diese Weise zu beten. Dies sollte weder vorgeschrieben noch verboten werden. Man sollte sich immer vor Augen halten, dass – bestimmte Pflichtgebete ausgenommen – Bahá’u’lláh für die Gestaltung von Andachten im Tempel oder anderswo keine starren oder besonderen Vorschriften erlassen hat. Das Wesen des Gebets ist die Zwiesprache mit Gott und so transzendiert es rituelle Formen und Gebräuche.Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 15. Juni 1935, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelnen GläubigenQ
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Tägliche Gebete – mit Ausnahme der besonderen Pflichtgebete wie das ›Namáz‹.Das persische Wort Namáz bezeichnet die täglichen Pflichtgebete.A – können so gesprochen werden, wie es der Gläubige wünscht. Keinesfalls sollte für solche Gebete den Freunden eine Gleichförmigkeit vorgeschrieben werden. Der Betende sollte völlig frei sein, so zu beten, wie er es wünscht. Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 6. Juli 1935, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelnen GläubigenQ
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Was Ihre geistigen Erfahrungen betrifft, so war der Hüter sehr angetan, davon zu hören. Er empfiehlt Ihnen jedoch dringend, in Ihren Gebets- und Meditationsstunden immer die Worte zu gebrauchen und zu lesen, die Bahá’u’lláh und der Meister offenbart haben. Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 6. Dezember 1935, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelnen Gläubigen, in: Über die Macht des Gebets, S. 31Q
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Der wahre Beter müht sich im Gebet nicht so sehr darum, Gott zu bitten, seine Wünsche und Sehnsüchte zu erfüllen, sondern vielmehr darum, diese in die rechte Bahn zu lenken und sie mit dem göttlichen Willen in Übereinstimmung zu bringen. Nur aus dieser Haltung lässt sich das Gefühl des inneren Friedens und der Zufriedenheit gewinnen, das uns nur die Macht des Gebetes verleihen kann.Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 26. Oktober 1938, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelnen Gläubigen, in: Über die Macht des Gebets, S. 31Q
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Er hat das Empfinden, die Bedeutung und Kraft des Gebetes, einschließlich des Gebrauchs des Größten Namens, sollten stärker hervorgehoben, aber nicht überbetont werden. Wichtig ist der Geist, der hinter den Worten steht.Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 16. März 1949, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelnen Gläubigen, in: Über die Macht des Gebets, S. 29Q
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Die täglichen Gebete sind von jedem für sich selbst zu sprechen; ob laut oder leise macht keinen Unterschied. Es gibt kein Gemeinschaftsgebet außer dem für die Toten. Wir lesen in unseren Treffen Heilungs- und andere Gebete. Aber das tägliche Gebet ist eine persönliche Verpflichtung. Daher ist es nicht dasselbe, wenn es von jemand anderem gelesen wird, als wenn man es für sich selbst spricht.Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 31. Januar 1949, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelnen Gläubigen, in: Über die Macht des Gebets, S. 31Q
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Die im Gebet latenten Kräfte werden offenbar, wenn es aus Liebe zu Gott dargebracht wird, jenseits jeglicher Furcht oder Hoffnung, und frei von Zurschaustellung und Aberglauben. Es sollte mit aufrichtigem und reinem Herzen dargebracht werden und zu innerer Schau und tiefem Nachdenken führen, so dass die Verstandeskraft durch seine Wirkungen erleuchtet werden kann. Ein solches Gebet wird die Beschränkung der Worte überwinden und weit über bloße Töne hinauswachsen. Die Süße seiner Melodien muss das Herz erfreuen und erheben und die durchdringende Macht des Wortes verstärken, irdische Neigungen in himmlische Attribute verwandeln und zu selbstlosem Dienst an der Menschheit inspirieren.Das Universale Haus der Gerechtigkeit, aus einem Brief vom 18. Dezember 2014 an die Bahá’í im IranQ
Die Rolle der Meditation 42
42:1
Denke nach über das, was Wir dir enthüllt haben, damit du die Absicht Gottes, deines Herrn und des Herrn aller Welten, erkennest. In diesen Worten sind die Geheimnisse göttlicher Weisheit verwahrt.Bahá’u’lláh, in: Ährenlese 79Q
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43:1
Bahá’u’lláh sagt, dass in jedem Phänomen ein Zeichen (von Gott) zu finden ist: Das Zeichen des Verstandes ist Kontemplation, und das Zeichen der Kontemplation ist Stille; denn kein Mensch ist imstande, zwei Dinge gleichzeitig zu tun. Er kann nicht zugleich sprechen und meditieren.
43:2
Es ist eine Grundtatsache, dass man während des Meditierens mit der eigenen Seele spricht. In diesem Gemütszustand kann man an seine Seele bestimmte Fragen richten, und die Seele gibt Antwort: Das Licht bricht hervor, und die Wirklichkeit enthüllt sich.
43:3
Man kann die Bezeichnung ›Mensch‹ keinem Wesen geben, das diese Fähigkeit der Meditation nicht besitzt. Ohne sie wäre der Mensch ein rein animalisches Wesen, niederer als die wilden Tiere.
43:4
Durch die Fähigkeit zu meditieren erlangt der Mensch das ewige Leben. Durch sie empfängt er den Odem des Heiligen Geistes, dessen Gnadengaben sich in Überlegung und Betrachtung kundtun.
43:5
Während der Meditation wird die Seele des Menschen unterrichtet und gestärkt, durch Meditation entfalten sich vor seinem Auge Dinge, von denen er zuvor nichts wusste. Durch Meditation erfährt er göttliche Eingebung, durch sie empfängt er himmlische Nahrung.
43:6
Meditation ist der Schlüssel zu den Toren der Geheimnisse. In diesem Zustand abstrahiert sich der Mensch: Er zieht sich von allen außenstehenden Objekten zurück; in dieser subjektiven Haltung versinkt er im Ozean geistigen Lebens und kann die Geheimnisse der Dinge an sich enthüllen. Um dies zu erläutern, muss man sich den Menschen als ein Wesen vorstellen, das mit zweierlei Sehvermögen begabt ist. Wenn die Kraft des inneren Auges gebraucht wird, kann das äußere nicht sehen.
43:7
Die Fähigkeit zu meditieren befreit den Menschen von der animalischen Natur, geht der Wirklichkeit der Dinge auf den Grund und verbindet den Menschen mit Gott.
43:8
Künste und Wissenschaften bringt diese Fähigkeit aus dem Bereich des Unsichtbaren hervor. Erfindungen werden durch sie ermöglicht, gewaltige Unternehmungen ins Leben gerufen. Durch sie können Regierungen reibungslos ihren Aufgaben nachkommen. Durch diese Fähigkeit findet der Mensch Zugang zum Reiche Gottes.
43:9
Es gibt Gedanken, die für den Menschen nutzlos sind: Sie gleichen Meereswogen, die branden, ohne dass etwas geschieht. Aber wenn die Fähigkeit des Meditierens vom inneren Licht durchdrungen und mit göttlichen Attributen gekennzeichnet ist, werden die Ergebnisse Bestätigung finden.
43:10
Meditation gleicht einem Spiegel; stellt man ihn vor irdische Gegenstände, wird er diese widerspiegeln. Denkt daher der menschliche Geist über irdische Dinge nach, so erhält er von diesen Kenntnis.
43:11
Aber wenn ihr den Spiegel eurer Seelen gen Himmel wendet, werden himmlische Bildnisse und die Strahlen der Sonne der Wirklichkeit aus euren Herzen wiedergegeben und zurückgestrahlt, und ihr erlangt die Tugenden des Gottesreiches.
43:12
Deshalb wollen wir diese Fähigkeit auf die richtige Bahn lenken: zur himmlischen Sonne, nicht zu irdischen Dingen, – auf dass wir die Geheimnisse des Reiches Gottes entdecken und die biblischen Gleichnisse, die Mysterien des Geistes begreifen.
43:13
Lasst uns zu Spiegeln werden, die die himmlische Wirklichkeit ausstrahlen, so rein, dass die Sterne des Himmels aus uns leuchten.‘Abdu’l-Bahá, in: ‘Abdu’l-Bahá in London, S. 149–151Q
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… natürlich können und sollten die Bahá’í über die Bedeutung der Schriften meditieren und versuchen, ihren Sinn in aller Tiefe zu erfassen. Dagegen gibt es überhaupt nichts einzuwenden. Bestimmte Dinge bleiben jedoch aufgrund ihrer Natur für uns ein Geheimnis, zumindest in unserem gegenwärtigen Entwicklungsstadium.Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 14. Januar 1942, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelnen GläubigenQ
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In den Lehren sind keine festen Formen der Meditation vorgeschrieben. Es gibt kein vorgezeichnetes Programm für die innere Entwicklung. Die Freunde werden dringend aufgefordert, ja es ist ihre unverzichtbare Pflicht, zu beten; sie sollen auch meditieren, aber wie sie beides tun, ist ganz dem Einzelnen überlassen. …
45:2
Die durch Meditation empfangene Eingebung ist von solcher Art, dass man sie nicht messen oder bestimmen kann. Gott kann, wenn Er dies wünscht, unserem Geist Dinge eingeben, von denen wir vorher nichts wussten. Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 25. Januar 1943, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelne Gläubige, in: Über die Macht des Gebets, S. 27Q
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Die Meditation vermag die Tore tieferer Erkenntnis und Eingebung zu öffnen. Wer als Bahá’í meditiert, ist natürlich mit der Quelle verbunden. Meditiert ein Mensch, der an Gott glaubt, so stimmt er sich auf die Kraft und die Barmherzigkeit Gottes ein. Wir können aber nicht behaupten, dass jede Eingebung, die jemand erhält, der Bahá’u’lláh nicht kennt oder der nicht an Gott glaubt, bloß aus seinem eigenen Ich stammt. Meditation ist sehr wichtig; der Hüter sieht keinen Grund, warum die Freunde nicht in Meditation unterrichtet werden sollten. Sie sollten sich jedoch vor abergläubischen, törichten Ideen hüten, die sich einschleichen können.Shoghi Effendi, aus einem Brief vom 19. November 1945, geschrieben in seinem Auftrag an einen einzelnen Gläubigen, in: Über die Macht des Gebets, S. 28Q
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