Das Universale Haus der Gerechtigkeit | Ein gemeinsamer Glaube
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Sich anzumaßen, zwischen den Boten Gottes zu wägen, indem man den einen höher als den anderen stellt, hieße, sich dem Wahn hinzugeben, der Ewige und Allumfassende wäre menschlichem Gutdünken unterworfen. »So leuchtet dir ein«, sind Bahá’u’lláhs deutliche Worte, »dass alle Propheten Tempel der Sache Gottes sind, die in verschiedenem Gewand erscheinen. Wenn du mit scharfem Auge hinsiehst, wirst du erkennen, dass sie alle im selben Heiligtum wohnen, sich zum selben Himmel aufschwingen, auf demselben Throne sitzen, dieselbe Sprache sprechen und denselben Glauben verkünden.«Bahá’u’lláh, Ährenlese 22:3Q Sich weiterhin vorzustellen, das Wesen dieser einzigartigen Gestalten könnte – oder müsste sogar – durch Theorien begriffen werden, die der physischen Erfahrung entlehnt sind, ist gleichermaßen vermessen. Was mit ›Gotteserkenntnis‹ gemeint ist, so erklärt Bahá’u’lláh, ist das Wissen über die Manifestationen, die Seinen Willen und Seine Eigenschaften offenbaren. Das ist der Ort, an dem die Seele in eine vertraute Verbindung zu einem Schöpfer gelangt, der sonst jenseits aller Sprache und Fassungskraft liegt. »Weiter bezeuge ich«, ist Bahá’u’lláhs Aussage über die Stufe der Manifestation Gottes, » … dass durch Deine Schönheit die Schönheit des Angebeteten entschleiert ward, dass aus Deinem Antlitz das Antlitz des Ersehnten hervorleuchtet …«Bahá’u’lláh, Gebete und Meditationen 180:2Q
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So verstanden weckt die Religion in der Seele Möglichkeiten, die andernfalls unvorstellbar wären. In dem Maß, in dem der Mensch lernt, aus dem Einfluss der Offenbarung Gottes für sein Zeitalter einen Nutzen zu ziehen, wird seine Natur nach und nach durchdrungen von den Eigenschaften der göttlichen Welt. »Durch die Lehren dieser Sonne der Wahrheit«, erklärt Bahá’u’lláh, »wird jeder Mensch fortschreiten und sich entwickeln, bis er … alle in ihm verborgenen Kräfte offenbaren kann, mit denen sein innerstes, wahres Selbst begabt worden ist.«Bahá’u’lláh, Ährenlese 27:5Q Da der Zweck der Menschheit auch darin besteht, »eine ständig fortschreitende Kultur«Bahá’u’lláh, Ährenlese 109:2Q voranzutragen, ist eine der erstaunlichsten Kräfte der Religion, und bestimmt nicht die geringste, ihre Fähigkeit, den Gläubigen den Horizont über das eigene Leben hinaus zu öffnen, so dass sie bereit sind, Opfer für die Generationen späterer Jahrhunderte zu bringen. Weil ja die Seele in der Tat unsterblich ist, wird sie durch das Erwachen ihrer wahren Natur befähigt, dem Entwicklungsprozess zu dienen, nicht nur in dieser Welt, sondern noch unmittelbarer in den Welten, die dahinter liegen. »Das Licht, das diese Seelen ausstrahlen«, erklärt Bahá’u’lláh, »bewirkt den Fortschritt der Welt und den Aufstieg ihrer Völker. … Alle Dinge haben zwangsläufig eine Ursache, eine treibende Kraft, einen belebenden Grund. Diese Seelen, Sinnbilder der Loslösung, haben der Welt des Daseins den höchsten belebenden Antrieb gegeben und werden ihn auch weiterhin geben.«Bahá’u’lláh, Ährenlese 81Q
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Glaube ist folglich das notwendige und unauslöschliche Bedürfnis einer Spezies, die von einem modernen und einflussreichen Denker beschrieben wurde als »Evolution, die sich ihrer selbst bewusst wird.«Julian Huxley, zitiert von Pierre Teilhard de Chardin, The Phenomenon of Man, London 1959, S. 243. Siehe auch Julian Huxley, Knowledge, Morality, and Destiny, New York 1957, S. 13.Q Wenn die natürlichen Ausdrucksmöglichkeiten des Glaubens blockiert werden, erfindet man Objekte der Verehrung, die zwar unwürdig – oder sogar erniedrigend – aber durchaus in der Lage sind, die Sehnsucht nach Gewissheit einigermaßen zu beschwichtigen. Die Ereignisse des 20. Jahrhunderts liefern dafür traurige und zwingende Beweise. Die Notwendigkeit, an etwas zu glauben, ist so fundamental, dass sie nicht geleugnet werden kann.
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Kurz, durch den anhaltenden Prozess der Offenbarung zeigt der Eine, Der die Quelle all des Wissens ist, das wir Religion nennen, die Integrität dieses Systems. Er zeigt, dass es frei ist von den Widersprüchen konfessioneller Ansprüche. Das Werk einer jeden Manifestation Gottes hat eine Unabhängigkeit und Autorität, die jenseits aller Bewertung steht; es ist zugleich eine Stufe in der grenzenlosen Entfaltung einer einzigen Wirklichkeit. Die Absicht der aufeinander folgenden Gottesoffenbarungen ist das Erwachen der Menschheit zu ihren Möglichkeiten und zu ihrer Verantwortung als Treuhänder der Schöpfung. Diese Offenbarungen wiederholen deshalb nicht einfach, was bereits vorhanden war. Der Prozess ist ein fortschreitender und wird nur dann richtig verstanden, wenn man ihn als solchen sieht.
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Keinesfalls können die Bahá’í behaupten, sie hätten zu einer so frühen Stunde auch nur einen Bruchteil dessen verstanden, was an Wahrheiten in dieser Offenbarung enthalten ist, auf der ihr Glaube basiert. mit Hinweis auf die Entwicklung der Sache Bahá’u’lláhs sagt der Hüter: »Das einzige, was wir vernünftigerweise versuchen können, ist, uns zu bemühen, einen Schimmer der ersten Lichtstreifen der verheißenen Dämmerung zu erhaschen, die, wenn die Zeit gekommen ist, das die Menschheit umschließende Dunkel verjagen wird.«Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahá’u’lláhs, S. 58Q Neben der Aufforderung zur Bescheidenheit kann diese Tatsache auch als ständige Mahnung dienen, dass Bahá’u’lláh nicht eine neue Religion ins Leben gerufen hat, damit diese neben der Vielzahl der konfessionsgebundenen Gruppen der Gegenwart steht. Vielmehr hat Er das gesamte Konzept von Religion neu gestaltet als Hauptkraft, welche die Entwicklung des menschlichen Bewusstseins vorantreibt. So wie die Menschheit in ihrer ganzen Verschiedenartigkeit eine einheitliche Spezies ist, so ist auch die Intervention, durch die Gott die in der Menschheit schlummernden Eigenschaften des Geistes und des Herzens fördert, ein einheitlicher Prozess. Ihre Helden und Heiligen sind Helden und Heilige aller Zeiten und auf allen Schauplätzen des Kampfes; ihre Erfolge sind die Erfolge aller. Das ist die Norm, die im Leben und Werk des Meisters vorgelebt wurde und heute beispielhaft in einer Bahá’í-Gemeinde verwirklicht wird, die Erbe des gesamten geistigen Vermächtnisses der Menschheit geworden ist. Es ist ein Vermächtnis, das allen Völkern der Erde gleichermaßen offensteht.
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Der immer wiederkehrende Beweis für die Existenz Gottes ist daher, dass Er sich seit undenklichen Zeiten immer wieder selbst offenbart. In einem größeren Zusammenhang, so erklärt Bahá’u’lláh, stellt das gewaltige Epos der religiösen Geschichte der Menschheit die Erfüllung des ›Bundes‹ dar. Der ›Bund‹ ist das bleibende Versprechen, mit dem der Schöpfer aller Dinge der Menschheit die nie versagende, immer vorhandene Führung zusagt. Diese Führung ist für ihre geistige und moralische Entwicklung wesentlich und enthält die Aufforderung, diese Werte zu verinnerlichen und ihnen Ausdruck zu verleihen. Natürlich ist es jedem unbenommen, durch eine historisierende Deutung der Quellen die einmalige Rolle des einen oder anderen Boten Gottes zu erörtern, wenn man das will. Aber solche Spekulationen helfen nicht, Entwicklungen zu erklären, die das Denken verändert und Veränderungen im Sozialverhalten herbeigeführt haben, die entscheidend waren für die Entwicklung der Gesellschaft. Die Manifestationen Gottes sind in so großen Abständen erschienen, dass die bekannten Fälle an den Fingern einer Hand abgezählt werden können. Jeder von Ihnen war eindeutig, was die Autorität Seiner Lehren betraf, jeder von Ihnen hat einen so unvergleichlichen Einfluss auf den Fortschritt der Zivilisation ausgeübt wie kein anderes Phänomen in der Geschichte. »Sieh die Stunde, da die höchste Manifestation Gottes sich den Menschen enthüllt«, hebt Bahá’u’lláh hervor: »Ehe diese Stunde kommt, ist das Altehrwürdige Sein, das den Menschen noch unbekannt ist und das Wort Gottes noch nicht ausgesprochen hat, selbst der Allwissende in einer Welt ohne Menschen, die Ihn erkannt hätten. Er ist wahrlich Schöpfer ohne Schöpfung.«Bahá’u’lláh, Ährenlese 78:3Q
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Der Einwand, der meistens gegen eine fortschreitende Entwicklung der Religion vorgebracht wird, ist die Behauptung, die Unterschiede zwischen den offenbarten Religionen seien so groß, dass es heißen würde, den Tatsachen Gewalt anzutun, wollte man die einzelnen Religionen als Stationen oder Aspekte eines einzigen Systems der Wahrheit verstehen. Angesichts der Verwirrung, welche das Wesen der Religion umgibt, ist diese Reaktion verständlich. Für die Bahá’í ist ein solcher Einwand jedoch in erster Linie eine Einladung zur Präzisierung dieser Gedanken, wie sie sich in den Schriften Bahá’u’lláhs darstellen.
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Die hier behaupteten Unvereinbarkeiten lassen sich zwei Bereichen zuordnen: der religiösen Praxis und der Lehre. Für beide Bereiche wird angenommen, sie entsprächen der tatsächlichen Intention der jeweils relevanten Heiligen Schriften. Im Falle von religiösen Geboten, die das persönliche Leben regeln, ist es hilfreich, diese religiöse Praxis vor dem Hintergrund vergleichbarer Erscheinungen aus der materiellen Welt zu betrachten. Zwar gibt es durchaus auffällige Unterschiede zwischen den Völkern bei Hygiene, Kleidung, Medizin, Ernährung, Transport, Kriegsführung, Bauwesen und Wirtschaft. Aber wer wollte damit heute noch begründen, die Menschheit sei in Wirklichkeit nicht ein einziges Volk. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren solche kurzschlüssigen Gedanken noch üblich. Doch heute geben uns historische und kulturwissenschaftliche Forschung ein Panorama der kulturellen Evolution an die Hand, das zeigt, wie diese und zahlreiche andere Leistungen – Erscheinungsformen menschlicher Kreativität entstanden sind, von Generation zu Generation weitergegeben wurden, Veränderungen durchliefen und sich schließlich oft weit verbreitet haben, um das Leben von Menschen auch in fernen Ländern zu bereichern. Dass die Gesellschaften heute ein weites Spektrum solcher Kulturleistungen verkörpern, bedeutet nicht, dass damit auch die Menschen dort auf starre und unabänderliche rollen festgelegt wären. Was man sieht, ist vielmehr ein Durchgangsstadium, das bestimmte Gruppen durchlaufen bzw. bis vor kurzem durchlaufen haben. Gleichwohl ist die gesamte Kulturlandschaft jetzt unter dem Druck weltweiter Integration in Fluss geraten.
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Ein ähnlicher Entwicklungsprozess kennzeichnet nach Bahá’u’lláh auch das religiöse Leben der Menschheit. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass solche Normen keine Zufallsprodukte der Geschichte sind, sondern in jedem Fall als wesentliche Bestandteile der einen oder anderen göttlichen Offenbarung explizit vorgeschrieben wurden. Sie wurden in den Heiligen Schriften festgehalten und über einen Zeitraum von Jahrhunderten unversehrt bewahrt. Bestimmte Eigenschaften eines jeden Verhaltenskodexes haben irgendwann einmal ihren Zweck erfüllt und werden im Zuge gesellschaftlichen Wandels von anders gearteten Interessen verdrängt. Der Kodex als solcher verlor jedoch während der langen Phase des menschlichen Fortschritts, in der er für das Einüben von Verhalten und Gesinnung eine wesentliche Rolle spielte, nichts von seiner Autorität. »Diese Grundsätze und Gesetze, diese fest begründeten, machtvollen Systeme«, stellt Bahá’u’lláh fest, »entspringen einer einzigen Quelle und sind die Strahlen desselben Lichtes. Dass sie voneinander abweichen, ist den unterschiedlichen Erfordernissen der Zeitalter zuzuschreiben, in denen sie verkündet wurden.«Bahá’u’lláh, Ährenlese 132:1Q
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Zu argumentieren, Unterschiede in den Verordnungen, im religiösen Brauchtum oder in anderen Praktiken würden einen bedeutenden Einwand gegenüber dem Gedanken der wesensmäßigen Einheit der offenbarten Religion darstellen, hieße, den Sinn eben dieser Vorschriften zu verkennen. mehr noch, dadurch wird der grundsätzliche Unterschied zwischen den unvergänglichen und den vergänglichen Merkmalen der Religion übersehen. Die wesentliche Botschaft der Religion ist unveränderlich. Dies ist in den Worten Bahá’u’lláhs: »Gottes unveränderlicher Glaube, ewig in der Vergangenheit, ewig in der Zukunft.«Bahá’u’lláh, Kitáb­i­Aqdas 182Q Die Aufgabe der Religion, einen Weg zu öffnen, auf dem die Seele zu einer immer reiferen Verbindung zu ihrem Schöpfer gelangt und auf dem sie mehr und mehr an moralischer Autonomie gewinnt, indem sie die animalischen Triebe der menschlichen Natur diszipliniert, ist keineswegs unvereinbar mit ihrer Rolle, hilfreiche Wegweisung anzubieten, wenn es darum geht, den Aufbau der Zivilisation zu fördern.
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In dem Konzept der fortschreitenden Offenbarung wird größter Wert darauf gelegt, die Offenbarung Gottes immer dann anzuerkennen, wenn sie erscheint. Da die Mehrheit der Menschen dies versäumt hat, waren immer wieder ganze Völker dazu verurteilt, Gebote und Zeremonien gebetsmühlenartig zu wiederholen, noch lange nachdem sie ihren Zweck erfüllt hatten und nur noch den moralischen Fortschritt verkümmern ließen. Leider führte dieses Versäumnis in letzter Konsequenz dazu, heute die Religion lächerlich zu machen. Ausgerechnet in der Phase ihrer kollektiven Entwicklung, wo die Menschheit anfing, sich mit der Herausforderung der Moderne auseinanderzusetzen, wurde die geistige Quelle, von der Moral und Aufklärung abhingen, zu einer Zielscheibe des Spottes – zunächst bei den Entscheidungsträgern der Gesellschaft, und schließlich in ständig weiteren Kreisen der gesamten Bevölkerung. Da ist es nicht zu verwundern, dass dieser verheerendste Verrat am Vertrauen der Menschen im Laufe der Zeit die Grundlage des Glaubens selbst unterminieren sollte. So kommt es, dass Bahá’u’lláh wiederholt Seine Leser drängt, gründlich über die Lehre nachzudenken, die uns durch solche wiederholt auftretenden Versäumnisse erteilt wird. »Und nun denket eine Weile darüber nach, was wohl der Grund war, dass sie … Ihn derart abwiesen …«Bahá’u’lláh, Buch der Gewissheit 4Q »Was hat sie wohl veranlasst, Ihn zu verwerfen und zu meiden …?«Bahá’u’lláh, Buch der Gewissheit 8Q »Was war wohl die Ursache dieses Streites …?«Bahá’u’lláh, Buch der Gewissheit 13Q »Überlegt: was mögen ihre Motive gewesen sein …?«Bahá’u’lláh, Buch der Gewissheit 14Q
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Noch schädlicher für das religiöse Verstehen war theologische Arroganz. Eine durchgängige Erscheinung in der Vergangenheit der Religion war die dominante Rolle, die der Klerus gespielt hat. Weil Heilige Texte fehlten, die eine unumstrittene institutionelle Autorität festlegen, beanspruchten klerikale Eliten erfolgreich die alleinige Kontrolle über die Interpretation der göttlichen Absicht. Wie unterschiedlich auch die Motive gewesen sein mögen, die tragische Folge war, dass der Fluss der Inspiration behindert und das selbständige Denken verhindert wurde. Das Augenmerk lag mehr auf rituellen Details und viel zu oft wurden Hass und Vorurteile gegenüber denen geschürt, die einem anderen konfessionellen Weg folgten als die selbsternannten geistlichen Führer. Nichts kann die schöpferische Kraft aufhalten, mit der Gott eingreift, um ein fortschreitend wachsendes Bewusstsein entstehen zu lassen, nichts kann Gott hindern, Sein Werk fortzusetzen. Doch das eigentlich Erreichbare wurde durch solche künstlich ersonnenen Hindernisse zu jeder Zeit mehr und mehr eingeengt.
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Obwohl die offenbarten Lehren die Grundlage jeder Tradition sind, konnte die Theologie im Laufe der Zeit erfolgreich im Herzen jeder großen Religion ihre Autorität aufbauen – parallel zur Lehre und oft sogar entgegen deren Geist. Davon, und von den Folgen für die Gegenwart, spricht das bekannte Gleichnis Jesu von dem Landbesitzer, der Samen auf seine Felder aussäte: »Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon.«Matthäus 13:25Q Als seine Diener vorschlugen, es auszureißen, antwortete der Landbesitzer: »Nein! Damit ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet. lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um die Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, damit man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheune.«Matthäus 13:29­30Q Durchgängig verurteilt der Qur’án das geistige Unheil, das von diesen konkurrierenden Machtansprüchen herrührt: »Sprich: Siehe, mein Herr hat schändliche Taten verboten, was von ihnen offen und was verborgen ist; und auch die Sünde und die Gewaltanwendung ohne vorliegende Berechtigung, und auch, dass ihr Gott solche beigesellt, für die er keine Ermächtigung herabgesandt hat, und dass ihr über Gott das sagt, was ihr nicht wisst.«Qur’án 7:33Q Für aufgeklärte Geister ist es der Gipfel der Ironie, dass ganze Generationen von Theologen, deren religiöse Verordnungen genau den Verrat darstellen, der in diesen Texten verurteilt wird, versucht haben, eben diese Warnung als Waffe zu benutzen, um jeden Protest gegen ihre Anmaßung göttlicher Autorität zu unterdrücken.
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So erstarrte jede neue Stufe der sich immer weiter entfaltenden Offenbarung geistiger Wahrheit durch wortwörtliche Auslegung und durch Interpretationen, die man oft von Kulturen übernahm, die selbst moralisch am Ende waren: Vorstellungen physischer Auferstehung, von einem Paradies körperlicher Freuden, der Reinkarnation, pantheistischen Erscheinungen und dergleichen mehr. Was auch immer ihr Wert in den vergangenen Stadien der Entwicklung des Bewusstseins gewesen sein mag, heute entstehen dadurch Mauern der Trennung und Konflikte – und das zu einer Zeit, in der diese Erde buchstäblich ein Land geworden ist und die Menschen lernen müssen, sich selbst als dessen Bürger zu sehen. In diesem Zusammenhang kann man verstehen, warum Bahá’u’lláh so vehement vor den Hindernissen warnt, die dogmatische Theologie denen in den Weg legt, die danach trachten, Gottes Willen zu verstehen: »O ihr Schar der Geistlichen! Wägt Gottes Buch nicht mit Maßstäben und Wissenschaften, wie sie bei euch im Schwange sind. Denn das Buch selbst ist die untrügliche Waage, die unter den Menschen aufgestellt ist.«Bahá’u’lláh, Kitáb­i­Aqdas 99Q In Seinem Sendschreiben an Papst Pius IX teilt Er dem Pontifex mit, dass Gott in diesen Tagen »in den Gefäßen der Gerechtigkeit verwahrt« was immer in der Religion bleibend sein soll und »ins Feuer geworfen [hat], was diesem verfallen ist.«Bahá’u’lláh, Súratu’l-Haykal 126Q
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Befreit von dem Gestrüpp, mit dem Theologie das religiöse Verstehen eingeengt hat, ist der Geist nunmehr in der Lage, wohlbekannte Passagen aus den Heiligen Schriften mit den Augen Bahá’u’lláhs zu untersuchen. »Unvergleichlich ist dieser Tag«, stellt Er fest, »denn er ist wie das Auge für vergangene Zeitalter und Jahrhunderte und wie ein Licht in der Finsternis der Zeiten.«Bahá’u’lláh, zitiert in Shoghi Effendi, Das Kommen Göttlicher Gerechtigkeit, S. 124Q Aus dieser Perspektive fällt vor allem die Einheit in Absicht und Grundsatz ins Auge, eine Einheit, die besonders die hebräische Bibel, das Evangelium und den Qur’án durchzieht, obwohl auch in den Heiligen Schriften anderer Weltreligionen Anklänge davon leicht auszumachen sind. Immer wieder lassen sich in der Grundsubstanz aus Geboten, Ermahnungen, Erzählungen, Gleichnissen und Deutungen, in das sie eingebettet sind, die gleichen gestaltenden Themen erkennen. Von diesen grundlegenden Wahrheiten ist eine bei weitem am deutlichsten ausgeprägt: das ausdrückliche Bekenntnis der Einheit Gottes und das fortwährende Sprechen über Ihn, als den Schöpfer aller Dinge, der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. »Ich bin der Herr«, verkündet die Bibel, »und sonst keiner mehr, kein Gott ist außer mir«Jesaja 45:5Q, und den gleichen Grundsatz untermauern die späteren Lehren von Christus und Muḥammad.
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Die Menschheit – Kristallisationspunkt, Erbe und Treuhänderin der Welt – existiert, um ihren Schöpfer zu erkennen und Seiner Absicht zu dienen. In der Anbetung findet der Wunsch, darauf zu reagieren seine höchste Ausdrucksform. Anbetung ist eine Haltung, die mit ganzem Herzen zur Unterwerfung unter eine Kraft führt, von der man erkennt, dass sie solcher Huldigung würdig ist. »Aber Gott, dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit!«1. Timotheus 1:17Q Die Haltung der Ehrfurcht findet untrennbar ihren Ausdruck im Dienst am Plan Gottes mit der Menschheit. »Sprich: Die Huld liegt in der Hand Gottes, Er lässt sie zukommen, wem Er will. Gott umfasst und weiß alles.«Qur’án 3:73Q Erleuchtet von diesem Verständnis, sind die Pflichten der Menschheit eindeutig: »Frömmigkeit besteht nicht darin, dass ihr euer Gesicht nach Osten oder Westen wendet«, legt der Qur’án dar, »Frömmigkeit besteht darin, dass man an Gott … glaubt, dass man aus Liebe zu Ihm den Verwandten, den Waisen, den Bedürftigen, dem Reisenden und den Bettlern Geld zukommen lässt …«Qur’án 2:177Q »Ihr seid das Salz der Erde«Matthäus 5:13Q, prägt Christus denen ein, die Seinem Ruf folgen. »Ihr seid das Licht der Welt.«Matthäus 5:14Q Der Prophet Micha fasst ein Thema zusammen, das immer wieder in der hebräischen Bibel auftaucht und danach ebenso im Evangelium und im Qur’án: »Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.«Micha 6:8Q
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Übereinstimmend sagen alle diese Texte, dass die Fähigkeit der Seele, die Absicht ihres Schöpfers zu erkennen, nicht nur das Ergebnis eigenen Bemühens ist, sondern darin begründet liegt, dass Gott durch Sein Eingreifen den Weg dazu eröffnet hat. mit einprägsamer Klarheit bringt Jesus das auf den Punkt: »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.«Johannes 14:6 Q Will man in dieser Aussage nicht nur eine dogmatische Herausforderung an andere Offenbarungsstufen innerhalb des einen fortschreitenden Prozesses göttlicher Führung sehen, dann drückt sich darin offensichtlich die zentrale Wahrheit offenbarter Religion überhaupt aus: Der Zugang zu der unerforschlichen Realität, die jede Existenz erschafft und erhält, ist nur möglich, indem man sich der Erleuchtung öffnet, die von diesem Reich ausgegossen wird. Eine der beliebtesten Suren des Qur’án verwendet die Metapher: »Gott ist das Licht der Himmel und der Erde. … Licht über Licht. Gott führt zu Seinem Licht, wen Er will.«Qur’án 24:35Q Im Falle der hebräischen Propheten nahm der göttliche Mittler der später im Christentum in der Gestalt des Menschensohns erscheinen sollte und im Islam als das Buch Gottes – die Form eines verbindlichen Bundes an, der von dem Schöpfer mit Abraham, dem Patriarchen und Propheten aufgerichtet wurde. »Und ich will aufrichten meinen Bund zwischen mir und dir und deinen Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht, dass es ein ewiger Bund sei, so dass ich dein und deiner Nachkommen Gott bin.«Genesis 17:7Q
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Die Kette der Offenbarungen des Göttlichen ist auf jeden Fall ein implizites – und üblicherweise explizites – Merkmal aller großen Religionen. Eine ihrer frühesten und eindeutigsten Darstellungen findet man in der Bhagavad-Gita: »Und doch entsteh’ ich oftmals neu durch meines Wesens Wunderkraft. Denn immer, wenn die Frömmigkeit hinschwinden will, o Bharata, Ruchlosigkeit ihr Haupt erhebt, dann schaffe ich mich selber neu. Zum Schutz der guten Menschen hier und zu der Bösen Untergang, die Frömmigkeit zu fest’gen neu, entsteh’ in jedem Weltenalter ich.«Bhagavad­Gita, Kapitel IV (in der Übersetzung von Leopold von Schröder)Q Dieses fortwährende Drama bildet das Grundgerüst der Bibel. In ihrer Sammlung von Büchern wird nicht nur die Sendung von Abraham und Mose erzählt, – »den der Herr erkannt hatte von Angesicht zu Angesicht«Deuteronomium 34:10Q – sondern auch von der Reihe der kleinen Propheten, die das Werk, das die primären Urheber des Prozesses in Bewegung gebracht hatten, nun entwickelten und festigten. So konnte es den umstrittenen und wunderlichen Spekulationen über die Natur Jesu nicht gelingen, Seine Sendung von dem Werk Abrahams und Moses zu trennen, das den Lauf der Zivilisation verwandelte. Er selbst weist darauf hin, dass nicht Er es sein wird, der diejenigen verurteilt, die Seine Botschaft ablehnen, sondern Mose »auf den ihr hofft. Wenn ihr Mose glaubtet, so glaubtet ihr auch mir; denn er hat von mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben?«Johannes 5:45 – 47 Q mit der Offenbarung des Qur’án wird die Nachfolge der Boten Gottes zu einem zentralen Thema. »Wir glauben an Gott und an das, was zu uns herabgesandt wurde, und an das, was herabgesandt wurde zu Abraham, Ismael, Isaak, Jakob … und an das, was Moses und Jesus zugekommen ist, und an das, was den [anderen] Propheten von ihrem Herrn zugekommen ist.«Qur’án 2:136Q
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Was sich für einen verständigen und objektiven Leser solcher Passagen hier abzeichnet, ist eine Bestätigung der Einheit der Religionen. So bezeichnet der Begriff ›Islam‹ (wörtlich ›Unterwerfung‹ unter Gott) nicht nur den Abschnitt der Heilsgeschichte, der von Muḥammad begonnen wurde, sondern, wie die Worte des Qur’án unmissverständlich klar machen, die Religion als solche. Auch wenn es richtig ist, von der Einheit aller Religionen zu sprechen, ist es von größter Wichtigkeit, den jeweiligen Kontext zu verstehen. Im tiefsten Grunde gibt es nur eine Religion, wie Bahá’u’lláh betont. Religion ist Religion und Wissenschaft ist Wissenschaft. Die eine erkennt und artikuliert die Werte, die sich durch göttliche Offenbarung fortschreitend entfalten; die andere ist das Instrument, durch das der menschliche Geist forscht und fähig wird, immer genauer auf die stoffliche Welt Einfluss zu nehmen. Die eine definiert die Ziele, die dem Entwicklungsprozess dienen, die andere fördert deren Umsetzung. Zusammen bilden sie ein zweigleisiges System des Wissens, das den Fortschritt der Kultur vorantreibt. Jede von ihnen wurde von dem Meister freudig begrüßt als »Erstrahlen der Sonne der Wahrheit.«Promulgation, S. 326Q
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Es hieße daher, die einzigartige Stufe von Mose, Buddha, Zoroaster, Jesus, Muḥammad – oder von der Abfolge von Avataren, die die Schriften der Hindus inspirierten – zu verkennen, würde man ihr Werk als Ausgangspunkt eigenständiger Religionen ansehen. Eher wird man ihnen gerecht, wenn man sie als die geistigen Erzieher in der Geschichte versteht, als die belebenden Kräfte in dem Wachstumsprozess der Zivilisation, durch die das menschliche Bewusstsein aufgeblüht ist. »Er war in der Welt,« erklärt das Evangelium, »und die Welt ist durch ihn gemacht …«Johannes 1:10Q Dass ihren Personen eine unendlich größere Ehrfurcht entgegengebracht wurde als jeder anderen historischen Gestalt, spiegelt den Versuch wider, die eigentlich unaussprechlichen Gefühle auszudrücken, die ihr Werk und seine Segnungen in den Herzen unzähliger Millionen von Menschen erweckt haben. Durch die Liebe zu ihnen hat die Menschheit zunehmend gelernt, was es heißt, Gott zu lieben. Es gibt realistischerweise keinen anderen Weg. Man ehrt sie nicht durch linkische Versuche, das Geheimnis ihrer Natur in Dogmen einzufangen, die allein menschlicher Vorstellungskraft entspringen; was sie ehrt, ist die bedingungslose Hingabe des eigenen Willens und der Seele an den verwandelnden Einfluss, der von ihnen ausgeht.
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Allgemeine Verwirrung herrscht darüber, welche Rolle die Religion bei der Kultivierung des moralischen Bewusstseins spielt, und wie man ihren Beitrag zur Gestaltung der Gesellschaft einschätzen soll. Das vielleicht offensichtlichste Beispiel dafür ist der untergeordnete Status, den die meisten heiligen Texte den Frauen zuweisen. Auch wenn die Vorteile, die Männer daraus ziehen konnten, ohne Zweifel bedeutenden Anteil an der Verfestigung dieses Konzepts hatten, seine moralische Rechtfertigung ließ sich fraglos aus dem Schriftverständnis selbst herleiten. Bis auf wenige Ausnahmen richten sich diese Texte an Männer und weisen den Frauen eine unterstützende und untergeordnete Rolle im Leben von Religion wie Gesellschaft zu. Leider machte ein solches Verständnis es erschreckend leicht, die Hauptschuld für ein fehlendes Zügeln sexueller Impulse, einem grundlegenden Element moralischer Entwicklung, den Frauen anzulasten. Aus moderner Sicht ist es leicht, solche Einstellungen als voreingenommen und ungerecht zu erkennen. In der jeweiligen Phase sozialer Entwicklung, in der die großen Religionen entstanden, suchten die Heiligen Schriften vor allem historisch gewachsene Verhältnisse so weit wie möglich zu zivilisieren. Es ist leicht einzusehen, dass heute ein Festhalten an primitiven Normen den eigentlichen Sinn dieser langwierigen Kultivierung des Moralempfindens durch die Religion zunichtemachen würde.
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Ähnliche Überlegungen betreffen die Beziehungen zwischen den Völkern. Die lange und beschwerliche Vorbereitung des Hebräischen Volkes auf die Aufgabe, die es zu erfüllen hatte, illustriert die Komplexität der damit verbundenen moralischen Herausforderungen und wie viele Widerstände ihnen entgegengebracht wurden. Damit die geistigen Fähigkeiten, um die sich die Propheten bemüht hatten, erwachen und erblühen konnten, musste den Verlockungen benachbarter Kulturen, die Götzen dienten, um jeden Preis widerstanden werden. Die Beschreibungen angemessener Strafen in der Heiligen Schrift, die über die Herrscher wie ihre Untergebenen hereinbrechen, sollten sie diese Prinzipien verletzen, verdeutlichen, welch ein großes Gewicht im göttlichen Plan darauf gelegt wurde. Damit in etwa vergleichbar ist der Kampf der von Muḥammad gestifteten Gemeinde, gegen die Versuche heidnischer arabischer Stämme, sie zu vernichten – und in der barbarischen Grausamkeit und dem unbarmherzigen Geist der Blutrache, der die Angreifer beseelte. Niemand, der mit den historischen Details vertraut ist, wird Schwierigkeiten haben, die Härte der diesbezüglichen Bestimmungen des Qur’án zu verstehen. Während der monotheistische Glaube der Juden und Christen respektiert werden sollte, wurde Götzendienst kompromisslos abgelehnt. In relativ kurzer Zeit gelang es durch diese drakonische Regel die Stämme der arabischen Halbinsel zu vereinigen und die neu geformte Gemeinschaft in eine Epoche des moralischen, intellektuellen, kulturellen und wirtschaftlichen Erfolges zu führen, der sich gut über fünf Jahrhunderte erstreckte und in Geschwindigkeit und Umfang seiner Ausbreitung bis heute unübertroffen ist. Die Geschichte neigt dazu, ein strenger Richter zu sein. Letztendlich wird sie in ihrer kompromisslosen Sichtweise denen, die solche Unternehmungen blindlings im Keim ersticken wollten, entgegenhalten, welchen Nutzen die Welt aus dem Siegeszug der biblischen Vision menschlicher Möglichkeiten hatte und aus dem Fortschritt, der durch den Genius der islamischen Zivilisation entstand.
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Zu den umstrittensten Fragen bei der Entwicklung einer Gesellschaft zu geistiger Reife gehört die Bestrafung von Verbrechen. Wenn sie sich auch im Detail und im Grad unterscheiden, so erscheinen doch die Strafen, die in den meisten heiligen Texten bei Verletzungen gegen das Gemeinwohl oder die Rechte Einzelner vorgeschrieben sind, als sehr hart. Zudem wurde häufig auch Vergeltung gegen die Täter durch die geschädigte Partei oder deren Familienmitglieder zugelassen. Aus historischer Sicht muss man jedoch vernünftigerweise fragen, welche praktikable Alternative denn bestanden hätte. Es gab weder Programme für Verhaltenstherapie, wie sie heute zur Verfügung stehen, man konnte nicht einmal auf Einrichtungen wie Gefängnisse oder Polizeibehörden zurückgreifen. Es war die Aufgabe der Religion, in das allgemeine Bewusstsein unauslöschlich einzuprägen, dass Handlungsweisen – und ganz konkret auch deren Kosten – völlig unakzeptabel sind, die dazu führen, das Bemühen um sozialen Fortschritt zu untergraben. Die Zivilisation insgesamt hat seitdem davon profitiert, und es wäre unredlich, das nicht anzuerkennen.
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So war es durchweg bei allen Abschnitten der Heilsgeschichte, deren Ursprünge schriftlich belegt sind. Bettelei, Sklaverei, Autokratie, Eroberung, ethnische Vorurteile und andere nicht wünschenswerte Erscheinungen sind unbehelligt geblieben – oder wurden eindeutig mit Nachsicht behandelt – weil die Religion vor allem bemüht war, solche Veränderungen im Verhalten zu erzielen, die zum gegebenen Zeitpunkt wesentlicher erschienen. Religion zu verurteilen, weil es in irgendeinem der aufeinander folgenden Abschnitte der Heilsgeschichte nicht gelang, die ganze Palette sozialen Unrechts anzugehen, hieße, alles zu ignorieren, was man über die Natur menschlicher Entwicklung gelernt hat. Unvermeidlich, dass anachronistisches Denken dieser Art auch starke psychologische Behinderungen im Wahrnehmen und Begegnen mit den Herausforderungen der eigenen Zeit entstehen lassen musste.
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Es geht nicht um die Vergangenheit, sondern um die Auswirkungen für die Gegenwart. Probleme entstehen immer dann, wenn Anhänger einer der großen Religionen sich als unfähig erweisen, zwischen den unvergänglichen und den vergänglichen Merkmalen ihrer Religion zu unterscheiden und versuchen, der Gesellschaft Verhaltensregeln aufzubürden, die schon vor langem ihren Zweck erfüllt hatten. Das Prinzip ist fundamental für ein Verständnis der sozialen Aufgabe der Religion: »Das Heilmittel, dessen die Welt in ihren gegenwärtigen Nöten bedarf, kann nicht das gleiche sein, das ein späteres Zeitalter erfordern mag«, legt Bahá’u’lláh dar. »Befasst euch gründlich mit den Nöten der Zeit, in der ihr lebt, und legt den Schwerpunkt eurer Überlegungen auf ihre Bedürfnisse.«Bahá’u’lláh, Ährenlese 106:1Q
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Die Gebote der neuen Epoche menschlicher Erfahrungen, zu denen Bahá’u’lláh die politischen und religiösen Führer der Welt des 19. Jahrhunderts aufforderte, sind jetzt im Wesentlichen von deren Nachfolgern und von fortschrittlichen Denkern überall auf der Welt, zumindest als Ideale akzeptiert. Als das 20. Jahrhundert sich dem Ende zuneigte, sind Prinzipien, die nur wenige Dekaden zuvor noch als überspannt und hoffnungslos unrealistisch abgetan worden waren, ins Zentrum globaler Auseinandersetzungen gerückt. Diese Prinzipien leiten, gestützt durch Entdeckungen wissenschaftlicher Forschung und die Erkenntnisse einflussreicher Gremien – die oft finanziell sehr großzügig ausgestattet sind – die Arbeit maßgeblicher Kommissionen auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene. Umfangreiche wissenschaftliche Werke in zahlreichen Sprachen widmen sich dem Erforschen praktikabler Wege zu deren Umsetzung, und solche Programme können sich der Aufmerksamkeit der Medien von fünf Kontinenten erfreuen.
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Die meisten dieser Prinzipien werden aber leider nicht nur von ausgesprochenen Gegnern des sozialen Friedens missachtet, sondern auch von Kreisen, die sich angeblich für sie einsetzen. Was fehlt, sind nicht überzeugende Beweise für ihre Bedeutung, sondern die Kraft moralischer Überzeugung, die in der Lage wäre, sie umzusetzen, eine Kraft, deren einzige verlässliche Quelle in der Geschichte nachweislich religiöser Glaube gewesen ist. Selbst zu der Zeit, als Bahá’u’lláhs Sendung begann, hatte religiöse Autorität immer noch erheblichen sozialen Einfluss. Als die christliche Welt sich veranlasst sah, mit einer Jahrtausende alten nicht hinterfragbaren Überzeugung zu brechen und das Übel der Sklaverei endlich anzupacken, waren es biblische Ideale, auf die sich die frühen britischen Reformer zu berufen suchten. Folglich mahnte der Präsident der Vereinigten Staaten in seiner entscheidenden Rede über die zentrale Rolle, die dieses Thema in dem großen amerikanischen Konflikt spielte, dass selbst, wenn »wie vor dreitausend Jahren verkündet wurde, jeder Tropfen Blut, den die Peitsche gefordert hat, durch anderes Blut bezahlt werden muss, welches das Schwert fordert, dann muss dennoch gesagt werden: ›Das Urteil des Herrn ist wahr und gerecht.‹«Abraham Lincoln, zitiert in: Inaugural Addresses of the Presidents of the United States, Washington 1989Q Diese Ära ging jedoch schnell zu Ende. In den Umbrüchen, die dem Zweiten Weltkrieg folgten, zeigte sich sogar eine so einflussreiche Person wie Mohandas Gandhi nicht in der Lage, die geistige Kraft des Hinduismus zu mobilisieren, um die religiöse Gewalt auf dem indischen Subkontinent zu beenden. Die Führer des islamischen Bevölkerungsteils waren in dieser Hinsicht auch nicht erfolgreicher. Wie in der metaphorischen Vision von dem »Tag, an dem Wir den Himmel zusammenfalten, wie der Urkundenschreiber die Schriftstücke zusammenfaltet«Qur’án 21:104Q im Qur’án prophezeit, hat die einstmals unanfechtbare Autorität der traditionellen Religionen aufgehört, die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen zu bestimmen.
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In diesem Kontext beginnt man die Bilder zu schätzen, mit denen Bahá’u’lláh den Willen Gottes für ein neues Zeitalter beschreibt. »Wähnt nicht, Wir hätten euch nur ein Gesetzbuch offenbart. Nein, Wir haben den erlesenen Wein mit den Fingern der Macht und Kraft entsiegelt.«Bahá’u’lláh, Kitáb­i­Aqdas 5Q Durch Seine Offenbarung werden die Prinzipien, die für das kollektive Erwachsenwerden der Menschheit erforderlich sind, mit der einen Kraft versehen, die geeignet ist, bis in die Wurzeln menschlicher Motivation einzudringen und das Verhalten zu verändern. Für den, der Ihn erkannt hat, ist die Gleichheit von Mann und Frau nicht ein soziologisches Postulat, sondern offenbarte Wahrheit über die Natur des Menschen, mit Auswirkungen auf alle Bereiche zwischenmenschlicher Beziehungen. Das gleiche gilt für Seine Lehre über das Prinzip der Einheit aller Völker, Bildung für alle, die Freiheit des Denkens, der Schutz der Menschenrechte, das Postulat, die gewaltigen Ressourcen der Erde treuhänderisch für die gesamte Menschheit zu verwalten, die Verantwortlichkeit der Gesellschaft für das Wohlergehen ihrer Bürger, die Förderung wissenschaftlicher Forschung, selbst so praktische Konzepte, wie eine internationale Hilfssprache, die eine Vereinigung der Völker der Erde fördern soll – für alle, die Bahá’u’lláhs Offenbarung annehmen, haben diese und ähnliche Grundsätze die gleiche zwingende Autorität, wie die Verbote von Götzendienst, Diebstahl und falschem Zeugnis in der Heiligen Schrift. Während einige dieser neuen Konzepte andeutungsweise in den früheren Heiligen Schriften zu finden sind, konnten sie erst zu einem Zeitpunkt klar definiert und verordnet werden, als die zahllosen Völker dieses Planeten in der Lage waren, sich gemeinsam als eine Menschheit zu entdecken. Durch die geistige Ermächtigung, die Bahá’u’lláhs Offenbarung gebracht hat, wird es möglich, die göttlichen Normen nicht als singuläre Prinzipien und Gesetze zu verstehen, sondern als Facetten einer einzigen, allumfassenden Vision der menschlichen Zukunft, die in ihrer Zielsetzung revolutionär ist und mitreißend in den Möglichkeiten, die sie eröffnet.
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Fester Bestandteil dieser Lehren sind Prinzipien zur Regelung gesellschaftlicher Fragen. Eine oft zitierte Passage in Bahá’u’lláhs Tafel an Königin Victoria bringt ein bewegendes Lob über die demokratische und konstitutionelle Regierungsform zum Ausdruck, aber auch die Ermahnung, den Kontext der globalen Verantwortung zu sehen, in dem dieses Konzept betrachtet werden muss, wenn es seinen Zweck in diesem Zeitalter erfüllen soll: »O ihr gewählten Vertreter des Volkes in allen Ländern! Beratet miteinander und lasst euch nur das angelegen sein, was der Menschheit nützt und ihre Lage bessert – so ihr zu denen gehört, die achtsam prüfen! Betrachtet die Welt wie einen menschlichen Leib, der bei seiner Erschaffung gesund und vollkommen war, jedoch aus vielerlei Ursachen von schweren Störungen und Krankheiten befallen wurde. Nicht einen Tag lang wurde ihm Linderung zuteil, nein, seine Krankheit verschlimmerte sich noch, weil er in die Hände unwissender Ärzte fiel, die sich nur von ihren persönlichen Wünschen leiten ließen und sich schmählich irrten. Und wurde einmal ein Organ von einem fähigen Arzt geheilt, so blieb doch der Rest so krank wie zuvor.«Bahá’u’lláh, Súratu’l-Haykal 174Q In anderen Passagen erklärt Bahá’u’lláh sehr genau einige der praktischen Auswirkungen. Die Regierungen der Welt sind aufgerufen, eine internationale beratende Körperschaft zu errichten als Fundament für ein »Weltbundsystem«Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahá’u’lláhs, S. 299Q, das ermächtigt ist, die Unabhängigkeit und das Territorium ihrer Mitgliedsstaaten zu sichern, nationale und regionale Streitigkeiten zu lösen und Programme zu koordinieren, die der globalen Entwicklung zum Wohle der gesamten Menschheit dienen. Bezeichnenderweise spricht Bahá’u’lláh diesem System das Recht zu, einen Staat zu zwingen, Akte der Aggression gegen einen anderen Staat zu beenden. An die Herrscher Seiner Zeit gerichtet, betont Er die eindeutige moralische Autorität solchen Handelns: »Wenn einer von euch gegen einen anderen zu den Waffen greift, so erhebt euch allesamt gegen ihn, denn dies ist nichts als offenbare Gerechtigkeit.«Súratu’l-Haykal 182; vgl. auch Shoghi Effendi, Weltordnung, S. 278Q
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Die Kraft, durch die diese Ziele nach und nach verwirklicht werden, ist die Einheit. Obwohl die Einheit für die Bahá’í die offensichtlichste aller Wahrheiten ist, scheint den meisten zeitgenössischen Debatten ihre Bedeutung für die gegenwärtige Krise der Zivilisation zu entgehen. Wenige werden der Auffassung widersprechen, dass Uneinigkeit die Krankheit ist, die die Gesundheit der gesamten Menschheit auslaugt. Überall schwächt sie den politischen Willen, entkräftet den gemeinsamen Wunsch zur Veränderung und vergiftet nationale und religiöse Beziehungen. Zwar wird Einheit als ein erstrebenswertes Ziel erkannt, das aber, wenn überhaupt, erst in ferner Zukunft, nach der Bewältigung einer Vielzahl von Problemen sozialer, politischer, ökonomischer und moralischer Art realisiert werden könnte. Doch diese vielfältigen Probleme sind nur Symptome und Nebenwirkungen, nicht die zugrunde liegende Ursache. Wie kommt es, dass eine so fundamentale Umkehrung von Ursache und Wirkung allgemein akzeptiert wird? Vermutlich deshalb, weil man denkt, es sei jenseits aller Möglichkeiten der derzeitigen gesellschaftlichen Institutionen, eine echte Einheit mit Herz und Verstand zwischen den Menschen zu erreichen, da deren Erfahrungen derart unterschiedlich geprägt sind. Einerseits stellt dieses stillschweigende Zugeständnis einen begrüßenswerten Fortschritt dar, im Vergleich dazu, wie man noch wenige Dekaden zuvor den Prozess sozialer Entwicklung verstand. Auf der anderen Seite bietet es kaum praktische Hilfe für den Umgang mit dieser Herausforderung.
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Einheit ist eine Beschaffenheit des menschlichen Geistes. Erziehung kann sie unterstützen und fördern, ebenso die Gesetzgebung. Aber beide können das erst tun, sobald die Einheit sich herausbildet und sich als überzeugende Kraft im gesellschaftlichen Leben etabliert hat. Kaum jemand bezweifelt, dass sich für die Zukunft der Menschheit Katastrophen bedrohlich abzeichnen. Doch die Intellektuellen, deren Konzepte weitgehend von einer materialistischen Fehleinschätzung der Realität geformt wurden, klammern sich weltweit hartnäckig an die Hoffnung, dass einfallsreiche Sozialtechniken, gestützt von politischen Kompromissen in der Lage seien, diese Katastrophen auf ewig hinauszuschieben. »Wir nehmen sehr wohl wahr, wie das ganze Menschengeschlecht von großen, unberechenbaren Drangsalen umgeben ist«, legt Bahá’u’lláh dar. »Jene, die von Eigendünkel trunken sind, haben sich zwischen die Menschen und den göttlichen unfehlbaren Arzt gedrängt. Sieh, wie sie alle Menschen, sich selbst eingeschlossen, in das Netzwerk ihrer List verstrickt haben. Sie können weder die Ursache der Krankheit erkennen, noch haben sie die geringste Kenntnis von der Arznei.«Bahá’u’lláh, Ährenlese 106:2Q Da Einheit die Arznei für die Krankheit der Welt ist, liegt ihre einzige sichere Quelle darin, den Einfluss der Religion auf die menschlichen Belange wieder erstehen zu lassen. Die an diesem Tag von Gott offenbarten Gesetze und Prinzipien, erklärt Bahá’u’lláh, »sind die machtvollsten Werkzeuge und die sichersten Mittel dafür, dass das Licht der Einheit zwischen den Menschen anbricht.«Bahá’u’lláh, Botschaften aus ‘Akká 8:63Q »Was immer auf dieser Grundlage errichtet ist, dessen Stärke können Wandel und Wechsel der Welt nie beeinträchtigen, noch wird der Ablauf zahlloser Jahrhunderte seinen Bau untergraben.«Bahá’u’lláh, Botschaften aus ‘Akká 11:15Q
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Daher war es für die Sendung Bahá’u’lláhs von zentraler Bedeutung, eine weltweite Gemeinschaft zu gründen, die die Einheit der Menschheit wiederspiegeln würde. Das nachdrücklichste Zeugnis, das die Bahá’í­Gemeinde zur Rechtfertigung Seiner Sendung vorführen kann, ist das Beispiel der Einheit, die Seine Lehre bewirkt hat. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist das Bahá’ítum ein Phänomen, das sich mit nichts vergleichen lässt, was die Welt bislang gesehen hat. Nach Jahrzehnten der Anstrengung, in denen Wellen des Wachstums sich abwechselten mit langen Phasen der Festigung, oft überschattet von Rückschlägen, umfasst die Bahá’í­Gemeinde heute etliche Millionen Menschen, die nahezu jede ethnische, kulturelle, soziale und religiöse Herkunft repräsentieren. Was sie gemeinsam betrifft, regeln sie ohne die Intervention eines Klerus, alleine durch demokratisch gewählte Institutionen. Die vielen tausend Orte, an denen sie Wurzeln geschlagen haben, sind in jedem Land, Territorium und jeder bedeutenden Inselgruppe zu finden, von der Arktis bis zur Tierra del Fuego, von Afrika bis zum Pazifik. Kaum jemand, der mit den Fakten vertraut ist, wird bezweifeln, dass diese Gemeinschaft schon heute die facettenreichste und geografisch am weitesten verbreitete von allen ähnlich organisierten Institutionen von Menschen auf diesem Planeten ist.
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Dies verlangt nach einer Erklärung. Nichts von den üblichen Erklärungsmustern, wie etwa Reichtum, Unterstützung durch mächtige politische Interessen, der Rückgriff auf verdeckte oder offensive Bekehrungsprogramme, die mit der Furcht vor göttlichem Zorn arbeiten, haben die geringste Rolle bei diesen Ereignissen gespielt. Die Anhänger des Glaubens an Bahá’u’lláh verstehen sich als Mitglieder einer einzigen Menschheitsfamilie. Diese Identität bildet den Sinn ihres Lebens und ist keineswegs Ausdruck eines Anspruchs auf moralische Überlegenheit. »O Volk Bahás! Dass es keinen gibt, mit euch in Wettstreit zu treten, ist ein Zeichen der Barmherzigkeit.«Bahá’u’lláh, zitiert in Shoghi Effendi, Das Kommen Göttlicher Gerechtigkeit, S. 132 f.Q Ein unvoreingenommener Beobachter wird nicht umhin können, zumindest die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass dieses Phänomen auf das Wirken von Einflüssen zurückzuführen ist, die sich ihrer Natur nach völlig von dem unterscheiden, was üblicherweise geschieht – Einflüsse, die man nur als geistig bezeichnen kann – und die geeignet sind, Menschen jedweder Herkunft zu Verständnis und außerordentlicher Opferbereitschaft zu befähigen.
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Besonders beeindruckend ist die Tatsache, dass der Bahá’í Glaube in der Lage war, die so erlangte Einheit unversehrt und unvermindert während aller Phasen seiner Frühgeschichte zu bewahren, war die Einheit doch gerade da sehr gefährdet. Man wird vergeblich nach einer anderen Vereinigung von Menschen suchen – sei sie politisch, religiös oder sozial orientiert – die erfolgreich dem ständigen Pesthauch von Schisma und Aufsplitterung standgehalten hat. Die Bahá’í-Gemeinde> bildet in all ihrer Vielfalt eine Einheit von Menschen, die eins sind: eins in ihrem Verständnis der Absicht der göttlichen Offenbarung, die sie ins Leben rief; eins in ihrer Hingabe an eine Gemeindeordnung, die ihr Stifter zur Regelung ihrer gemeinschaftlichen Aufgaben schuf; eins im Einsatz für die Verbreitung Seiner Botschaft überall auf dem Planeten. Während der vergangenen Jahrzehnte taten etliche Persönlichkeiten, einige von ihnen hochgestellt, alle angespornt von Ehrgeiz, ihr Äußerstes, um Anhänger zu gewinnen, die loyal zu ihnen bzw. zu ihrer persönlichen Interpretation der Schriften Bahá’u’lláhs standen. In früheren Religionen hatten ähnliche Bemühungen dazu geführt, den gerade entstandenen Glauben in konkurrierende Sekten aufzuspalten. Im Falle des Bahá’ítums jedoch sind solche Intrigen ohne Ausnahme gescheitert und konnten nicht mehr erreichen als das Aufflackern vorübergehender Kontroversen. Deren einziger Effekt bestand darin, das Verständnis der Gemeinde über die Absicht ihres Stifters und ihre Hingabe an Ihn zu vertiefen. »So machtvoll ist das Licht der Einheit«, versichert Bahá’u’lláh denen, die Ihn anerkennen, »dass es die ganze Erde erleuchten kann.«Bahá’u’lláh, Ährenlese 132:3Q Die menschliche Natur ist, wie sie ist. Daher kann man bereitwillig die Erwartung des Hüters teilen, dass dieser Reinigungsvorgang sich lange hinziehen wird, der – paradoxer­ aber notwendigerweise – für den Reifeprozess der Bahá’í­Gemeinde unverzichtbar ist.
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