‘Abdu’l-Bahá
Sendschreiben zum Göttlichen Plan
fw:1Die Sendschreiben zum Göttlichen Plan bilden den historischen Ausgangspunkt der systematischen Erschließung des gesamten Erdballs für die Lehren Bahá’u’lláhs. Obwohl ursprünglich an die amerikanische Gemeinde gerichtet, sind diese Sendschreiben den Bahá’í der ganzen Welt mit den Worten Shoghi Effendis »Mandat« ihrer »Weltmission« und »oberste Charta des Lehrens«. ‘Abdu’l-Bahás Sendschreiben rufen nicht nur zu einer »wirksamen, systematischen« Verbreitung auf, sie beschreiben auch eindringlich die psychischen und ethischen Voraussetzungen erfolgreicher Lehrtätigkeit und stellen als Ziel all dieser Anstrengungen die Vision des »Reiches Gottes auf Erden« vor aller Augen. Mitten in den blutigen Wirren des Ersten Weltkriegs entwirft ‘Abdu’l-Bahá als Antwort auf diese Gräuel die Strategie zur Befriedung der Welt und zur Erlösung der Menschheit.
fw:2Die ersten acht Briefe entstanden zwischen dem 26. März und dem 22. April 1916, die restlichen sechs zwischen dem 2. Februar und dem 8. März 1917. Fünf Briefe aus dem ersten Kontingent erreichten Amerika noch vor dem kriegsbedingten Zusammenbruch der Postwege und wurden am 8. September 1916 in der Zeitschrift
Der Verlag
Offenbart am 26. März 1916
in ‘Abdu’l-Bahás Zimmer im Haus in Bahjí,
gerichtet an die Bahá’í in neun Staaten im Nordosten der Vereinigten Staaten: Maine, Massachusetts, New Hampshire, Rhode Island, Connecticut, Vermont, Pennsylvania, New Jersey und New York.
1:1Dies sind die Naw-Rúz-Tage. Ich bin immer in Gedanken bei den lieben Freunden. Ich flehe für alle und jeden von euch um Bestätigung und Beistand von der Schwelle der Einheit, auf dass die Versammlungen in den Republiken Amerikas entzündet werden wie helle Kerzen und sie das Licht der Liebe Gottes in die Herzen tragen; so mögen die Strahlen der göttlichen Lehren die Staaten Amerikas schmücken und erhellen wie die Sterne der größten Führung das unendliche Weltall.
1:2Die nordöstlichen Staaten an den Küsten des Atlantiks: Maine, New Hampshire, Massachusetts, Rhode Island, Connecticut, Vermont, Pennsylvania, New Jersey und New York – in einigen dieser Staaten sind Gläubige anzutreffen, aber in manchen der Städte dort sind die Menschen bis heute noch nicht erleuchtet vom Lichte des Königreiches und kennen die himmlischen Lehren noch nicht; darum machet euch auf in diese Städte, sobald es einem jeden von euch möglich ist, und wie die Sterne lasset das Licht der größten Führung erstrahlen. Gott spricht im ruhmreichen Qur’án: »Die Erde war grau und vertrocknet. Da ließen Wir den Regen auf sie herniederströmen, und augenblicks wurde sie grün und fruchtbar, und jegliche Art von Pflanzen spross in üppiger Fülle hervor.«
Offenbart am 27. März 1916
im Garten neben dem Schrein Bahá’u’lláhs,
gerichtet an die Bahá’í von sechzehn Südstaaten der Vereinigten Staaten: Delaware, Maryland, Virginia, West Virginia, North Carolina, South Carolina, Georgia, Florida, Alabama, Mississippi, Tennessee, Kentucky, Louisiana, Arkansas, Oklahoma und Texas.
-O ihr Herolde des Reiches Gottes!
2:1Erst vor wenigen Tagen ging ein Brief an jene Gläubigen Gottes ab, aber weil derzeit die Naw-Rúz-Tage sind, kamt ihr mir in den Sinn, und ich sende euch meine Grüße zu diesem erhabenen Fest. Alle Tage sind gesegnet, aber dieses Fest ist das Nationalfest Persiens. Die Perser begehen es seit einigen tausend Jahren. In Wirklichkeit ist jeder Tag, den der Mensch damit verbringt, Gottes zu gedenken, die Düfte Gottes zu verbreiten und das Volk zum Reiche Gottes zu rufen, ein Festtag für ihn. Preis sei Gott, dass ihr im Dienste an Seinem Königreich und in der Verkündung der Religion Gottes Tag und Nacht tätig seid. Darum sind alle eure Tage Festtage. Es ist kein Zweifel, dass euch die Hilfe und der Segen Gottes zuteilwerden.
2:2In den südlichen der Vereinigten Staaten, in Delaware, Maryland, Virginia, West Virginia, North Carolina, South Carolina, Georgia, Florida, Alabama, Mississippi, Tennessee, Kentucky, Louisiana, Arkansas, Oklahoma und Texas gibt es erst wenige Freunde. Deshalb müsst ihr euch selber aufmachen oder eine Anzahl gesegneter Seelen in diese Staaten aussenden, damit sie die Menschen zum Reich des Himmels führen. Eine der heiligen Manifestationen wandte sich einmal an eine gläubige Seele und sprach: »Wenn jemand zur Quelle der Erleuchtung für eine Seele wird, so ist dies besser als ein unermesslich großer Schatz.« Und wiederum sagte Er: »O ‘Alí! Wenn Gott durch dich eine Seele führt, so ist das besser für dich als alle Reichtümer!« Und weiter sprach Er: »Führe uns auf den geraden Pfad!«
2:3Kurz gesagt, ich hoffe, ihr werdet in dieser Hinsicht größten Einsatz und Edelmut entfalten. Es ist sicher, dass ihr dabei unterstützt und bestätigt werdet. Wer die Frohe Botschaft vom Reich Gottes und vom Erscheinen seiner Wirklichkeiten und Bedeutungen kundtut, der gleicht einem Bauern, welcher reine Saaten auf reichen Boden aussät. Die Wolke des Frühlings wird die Schauer der Freigebigkeit darauf ergießen; zweifellos wird das Ansehen des Bauern bei seinem Dorfherrn steigen, und viele Ernten werden eingebracht werden.
2:4Deshalb, o ihr Freunde Gottes, würdigt den Wert dieser Stunde und bemühet euch darum, die Saaten auszusäen, auf dass ihr den Segen des Himmels und die Bestätigung des Herrn findet. Bahá’u’l-Abhá sei mit euch!
Offenbart am 29. März 1916
vor dem Haus in Bahjí
und gerichtet an die Bahá’í von zwölf Staaten im Zentrum der Vereinigten Staaten :Michigan, Wisconsin, Illinois, Indiana, Ohio, Minnesota, Iowa, Missouri, North Dakota, South Dakota, Nebraska und Kansas.
-O ihr himmlischen Seelen, o ihr Geistigen Räte, o ihr Versammlungen des Herrn!
3:1Unser Briefwechsel hat sich eine Zeitlang verzögert, weil Schwierigkeiten beim Versand und Empfang von Briefen entstanden waren. Aber nun ergeben sich einige Möglichkeiten; so bin ich dabei, dieses kurze Schreiben an euch aufzusetzen, weil mein Herz und meine Seele voll Duft und Freude sind, wenn ich der Freunde gedenke. Ständig betet und fleht dieser Wanderer an der Schwelle Seiner Heiligkeit, des Einen, und bittet um Hilfe, Segen und himmlische Bestätigung für die Gläubigen. Ihr seid immer in meinen Gedanken. Ihr seid nicht vergessen und werdet es niemals sein. Ich hoffe, dass ihr durch die Gunst des Allmächtigen Tag für Tag wachset im Glauben, in Gewissheit, Festigkeit und Standhaftigkeit und dass ihr zu Werkzeugen für die Förderung der Heiligen Sache werdet.
3:2Wenn es auch in den Staaten Illinois, Wisconsin, Ohio, Michigan und Minnesota – Gott sei gelobt – Gläubige gibt, die in größter Festigkeit und Standhaftigkeit zusammenwirken – Tag und Nacht haben sie kein anderes Ziel als die Verbreitung der Düfte Gottes, keine andere Hoffnung als die Förderung der himmlischen Lehren; wie Kerzen sind sie entflammt im Lichte der Liebe Gottes, und wie dankerfüllte Vögel singen sie begeisternde, freudenspendende Weisen im Rosengarten der Erkenntnis Gottes – so sind doch in den Staaten Indiana, Iowa, Missouri, Nord-Dakota, Süd-Dakota, Nebraska und Kansas der Gläubigen nur wenige zu finden. Bisher wurden in diesen Staaten der Ruf zum Reiche Gottes und die Verkündung der Einheit der Menschenwelt noch nicht planvoll und begeistert verwirklicht. Gesegnete Seelen und losgelöste Lehrer sind noch nicht mehrmals durch diese Gegenden gereist; darum befinden sich diese Staaten noch im Zustand der Achtlosigkeit. Durch die Anstrengungen der Freunde Gottes müssen auch in diesen Staaten Seelen vom Feuer der Liebe zu Gott erfasst und zum Reiche Gottes hingezogen werden, damit auch dieser Bezirk erleuchtet werde und der die Seelen erfüllende Hauch aus dem Rosengarten des Königreiches seinen Bewohnern in die Nase steige. Darum entsendet, wenn es möglich ist, in diese Gebiete Lehrer, die von allem außer Gott losgelöst, rein und geheiligt sind. Wenn von diesen Lehrern stärkste Anziehungskraft ausgeht, dann werden sich in kurzer Zeit große Erfolge zeigen. Die Söhne und Töchter des Königreiches gleichen wahrhaften Bauern. Durch welchen Staat und durch welches Land sie auch ziehen, überall beweisen sie ihre Selbstaufopferung und säen göttliche Saaten. Diese Aussaat bringt Ernten hervor. Über dieses Thema ist im ruhmreichen Evangelium offenbart: Wenn reine Saaten auf guten Boden gesät werden, wird sich himmlischer Segen einstellen.
3:3Gruß und Ehre seien mit euch!
Offenbart am 1. April 1916
in ‘Abdu’l-Bahás Zimmer im Haus in Bahjí,
gerichtet an die Bahá’í von elf Staaten im Westen der Vereinigten Staaten: Neu-Mexiko, Colorado, Arizona, Nevada, Kalifornien, Wyoming, Utah, Montana, Idaho, Oregon und Washington.
O ihr Söhne und Töchter des Königreiches!
4:1Tag und Nacht befasse ich mich mit nichts anderem als dem Gedenken an die Freunde, und ich bete aus der Tiefe meines Herzens für sie. Ich flehe um ihre Bestätigung aus dem Reiche Gottes und bitte, dass der Odem des Heiligen Geistes unmittelbar auf sie wirke. Die Gunst Seiner Erhabenheit, des Herrn der Segensgaben, lässt mich hoffen, dass die Freunde Gottes in einer Zeit wie der heutigen zur geheimen Quelle der Erleuchtung für die Menschenherzen werden, dass sie den Geistern den Odem des Lebens einhauchen und dass solche preiswürdigen Erfolge der Menschheit zu ewigem Ruhm und zu unvergänglicher Herrlichkeit gereichen. In einigen der westlichen Staaten – wie etwa in Kalifornien, Oregon, Washington und Colorado – wurden die Düfte der Heiligkeit verbreitet, zahlreiche Seelen haben dort ihren Anteil aus dem Quell ewigen Lebens genommen, haben himmlische Segnungen empfangen, einen überströmenden Kelch vom Weine der Liebe Gottes geleert und dem Lied der höchsten Heerscharen gelauscht – aber in den Staaten Neu-Mexiko, Wyoming Montana, Idaho, Utah, Arizona und Nevada wurde das Licht der Liebe Gottes noch nicht auf hinreichende, passende Art entzündet, und der Ruf zum Reiche Gottes ist noch nicht erklungen. Nun, wenn es möglich ist, dann gebt euch Mühe in dieser Hinsicht. Reiset entweder selbst durch alle diese Staaten oder erwählt andere und schickt sie hin, damit sie die Seelen lehren. Jetzt sind diese Staaten wie tote Körper; die Lehrer müssen ihnen den Odem des Lebens einhauchen und sie mit himmlischem Geiste segnen. Wie die Sterne müssen sie dort am Himmel glänzen, auf dass die Sonne der Wirklichkeit mit ihren Strahlen auch jene Staaten erleuchte.
4:2Gott spricht im erhabenen Qur’án: »Wahrlich, Gott ist der Helfer derer, die Glauben haben. Er wird sie aus der Finsternis ins Licht führen.«
4:3Es steht auch im gesegneten Evangelium geschrieben: »Ziehet hin in alle Welt und rufet das Volk zum Reiche Gottes.«
4:4Während meines Aufenthalts in Amerika erhob ich meine Stimme in jeder Versammlung und rief die Menschen auf, die Ideale des allumfassenden Friedens zu verbreiten. Ich sagte offen, dass der Erdteil Europa zu einem Waffenarsenal geworden sei, das mit einem einzigen Funken in die Luft gehen könne, und dass in den folgenden Jahren, oder innerhalb zweier Jahre, alles, was in der Offenbarung des Johannes und im Buche Daniel geschrieben steht, eintreffe und in Erfüllung gehe. Diese Aussage wurde aller Wahrscheinlichkeit nach im San Francisco Bulletin vom 12. Oktober 1912 veröffentlicht. Ihr könnt sie dort nachlesen, damit die Wahrheit klar und offenbar werde; so möget ihr euch voll bewusst werden, dass es heute wirklich an der Zeit ist, die Düfte zu verbreiten.
4:5Der Edelmut des Menschen muss himmlischer Natur sein oder mit anderen Worten: Er muss Hand in Hand gehen mit göttlicher Bestätigung, auf dass ihr zur Quelle der Erleuchtung für die Menschheit werdet.