‘Abdu’l-Bahá | Ansprachen in Paris
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26:5
Lasst eure Taten laut in die Welt hinausrufen, dass ihr wirkliche Bahá’í seid, denn es sind die Taten, die zur Welt sprechen und die Ursache des Fortschritts für die Menschheit sind.
26:6
Wenn wir wirkliche Bahá’í sind, bedarf es keines Redens. Unsere Taten werden die Welt weiterbringen, Zivilisation verbreiten, der Wissenschaft zum Fortschritt helfen und Künste sich entwickeln lassen. Ohne Taten lässt sich in der Welt des Stoffes nichts vollbringen, noch können Worte, die nicht durch Taten unterstützt sind, Menschen im Reich des Geistes fördern. Nicht durch bloßen Lippendienst sind die Erwählten Gottes zur Heiligkeit gekommen, sondern durch ein geduldiges Leben des tätigen Dienstes haben sie Licht in die Welt getragen.
26:7
Strebet darum, dass eure Taten tagtäglich wundervolle Gebete seien. Wendet euch Gott zu und versuchet immer, zu tun, was recht und edel ist. Unterstützt die Armen, richtet die Gefallenen auf, gebt den Bekümmerten Trost, bringt Heilung für die Kranken, stärkt die, die in Ängsten sind, befreit die Unterdrückten, macht den Hoffnungslosen Hoffnung und beschützet die Verlassenen!
26:8
Das ist die Arbeit eines wahren Bahá’í, und das ist es, was man von ihm erwartet. Sind wir bestrebt, all dies zu tun, dann sind wir wirkliche Bahá’í, doch wenn wir es unterlassen, sind wir keine Kinder des Lichtes, und wir haben kein Recht auf diesen Namen.
26:9
Gott, der in alle Herzen hineinschaut, weiß, wie wenig unser Leben die Erfüllung unserer Worte ist.
Die Wirkliche Bedeutung der Taufe durch Wasser und Feuer
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9. November 1911
27:1
Im Evangelium Johannes hat Christus gesagt: »Es sei denn, dass jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.«Joh. 3:5.Q Die Priester haben dies dahin gedeutet, dass die Taufe zur Erlösung nötig sei. In einem anderen Evangelium heißt es: »Er wird euch mit dem Heiligen Geiste und mit Feuer taufen.«Mt. 3:11.Q
27:2
Daher sind das Wasser der Taufe und das Feuer eines. Das kann nicht bedeuten, dass das »Wasser«, von dem hier gesprochen ist, ein physisches Wasser sei, denn es ist das gerade Gegenteil von »Feuer«, und eines zerstört das andere. Wenn Christus in den Evangelien von »Wasser« spricht, so meint Er das, was Leben verursacht, denn ohne Wasser kann ein irdisches Geschöpf nicht leben. Das Mineral, die Pflanze, das Tier und der Mensch, sie alle hängen im Dasein vom Wasser ab. Ja, die jüngsten wissenschaftlichen Entdeckungen bestätigen, dass selbst das Mineral eine gewisse Lebensform hat und ebenfalls Wasser für sein Dasein braucht.
27:3
Das Wasser ist die Ursache des Lebens, und wenn Christus von Wasser spricht, so versinnbildlicht Er das, was die Ursache des ewigen Lebens ist.
27:4
Dieses lebengebende Wasser, von dem Er spricht, ist wie das Feuer, denn es ist nichts anderes als die Liebe Gottes, und diese Liebe bedeutet für unsere Seelen Leben.
27:5
Durch das Feuer der Liebe Gottes wird der Schleier verbrannt, der uns von den himmlischen Wirklichkeiten trennt, und mit klarem Blicke werden wir fähig, uns vorwärts- und emporzukämpfen, auf den Pfaden der Tugend und Heiligkeit voranzuschreiten und ein Mittel der Erleuchtung für die Welt zu werden.
27:6
Es gibt nichts Größeres und Gesegneteres als die Liebe Gottes. Sie schenkt den Kranken Heilung, den Verwundeten Balsam, allen Menschen Freude und Trost, und nur durch sie kann der Mensch zu ewigem Leben kommen. Das Wesen aller Religionen ist die Liebe Gottes, und sie ist die Grundlage aller heiligen Lehren.
27:7
Es war die Liebe Gottes, die Abraham, Isaak und Jakob führte, die Joseph in Ägypten stärkte und Moses Mut und Geduld verlieh.
27:8
Durch die Liebe Gottes wurde Christus mit Seinem anfeuernden Beispiel des vollkommenen Lebens der Selbstaufopferung und Ergebenheit in die Welt gesandt und brachte den Menschen die Botschaft ewigen Lebens. Es war die Liebe Gottes, die Muḥammad Kraft gab, die Araber von der Stufe tierischer Erniedrigung zu einer höheren Daseinsstufe emporzuführen.
27:9
Gottes Liebe ist es, die den Báb getragen hat, die Ihn zu Seinem höchsten Opfer befähigte und Seine Brust zum bereiten Ziel für tausend Kugeln machte.
27:10
Schließlich war es die Liebe Gottes, die dem Osten Bahá’u’lláh schenkte und die nun das Licht seiner Lehre weit in den Westen und von Pol zu Pol ergießt.
27:11
Da ihr ihre Kraft und Schönheit wahrnehmt, ermahne ich euch, alle eure Gedanken, Worte und Taten zu opfern, um die Erkenntnis der Liebe Gottes in jedes Herz hineinzutragen.
Vortrag in der ›Alliance Spiritualiste‹
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Salle de l‘Athenée, St. Germain, Paris, 9. November 1911
28:1
Ich möchte meiner Dankbarkeit für eure Gastfreundschaft und meiner Freude darüber Ausdruck geben, dass ihr geistig gesonnen seid. Ich bin froh, einer Versammlung wie dieser beizuwohnen, die zusammenkam, um einer göttlichen Botschaft zuzuhören. Wenn ihr mit dem Auge der Wirklichkeit schauen könntet, so würdet ihr große geistige Wogen an diesem Orte sehen. Die Kraft des Heiligen Geistes ist hier für alle. Preis sei Gott, dass eure Herzen von göttlicher Glut entfacht sind! Eure Seelen sind wie Wogen auf dem Meer des Geistes. Obwohl jeder einzelne eine gesonderte Welle ist, so ist das Meer doch eines. Alle sind in Gott verbunden.
28:2
Aus jedem Herzen sollte Einigkeit hervorstrahlen, damit das Licht des einen göttlichen Ursprungs aller hell und glänzend scheine. Wir sollten nicht nur die einzelnen Wogen sehen, sondern das ganze Meer. Wir sollten uns vom Einzelnen zum Ganzen erheben. Der Geist ist wie ein großes Meer, und seine Wogen sind die Seelen der Menschen.
28:3
In der Heiligen Schrift wird uns gesagt, dass das Neue Jerusalem auf Erden erscheinen werde. Nun ist es klar, dass diese himmlische Stadt nicht aus materiellen Steinen und Mörtel erbaut ist, sondern dass sie eine nicht mit Händen gemachte ewige Stadt in den Himmeln ist.
28:4
Es ist dies ein prophetisches Sinnbild und bedeutet die Wiederkehr der göttlichen Lehre zur Erleuchtung der Menschenherzen. Es ist lange her, dass diese heilige Führung über das Leben der Menschheit herrschte. Aber nun ist die Heilige Stadt des Neuen Jerusalems endlich wieder in die Welt gekommen. Sie ist aufs Neue unter einem östlichen Himmel erschienen. Von Persiens Horizont hat sich ihr Glanz erhoben, um zu einem Licht zu werden, das die ganze Welt erleuchtet. Wir sehen in diesen Tagen die Erfüllung der göttlichen Prophezeiung. Jerusalem war verschwunden, die himmlische Stadt zerstört. Nun ist sie wieder aufgerichtet. Sie war dem Erdboden gleichgemacht, doch nun sind ihre Mauern und Zinnen wiederhergestellt und ragen in ihrer neuen und erhabenen Schönheit hoch empor.
28:5
In der westlichen Welt hat der materielle Erfolg gesiegt, während im Osten die geistige Sonne aufgegangen ist. Ich bin sehr glücklich, eine Versammlung wie diese in Paris zu sehen, in der geistiger und materieller Fortschritt in Einigkeit zusammentreffen.
28:6
Der Mensch – der wahre Mensch – ist Seele und nicht Körper. Obwohl der Mensch dem Körper nach zum Tierreich zählt, erhebt ihn seine Seele doch über die übrige Schöpfung. Sieh, wie die Welt des Stoffes durch das Sonnenlicht erleuchtet wird! In gleicher Weise ergießt das göttliche Licht seine Strahlen in das Reich der Seele. Es ist die Seele, die das menschliche Geschöpf zu einem himmlischen Wesen macht.
28:7
Durch die Macht des Heiligen Geistes, der durch die Seele wirkt, ist der Mensch imstande, die göttliche Wirklichkeit der Dinge wahrzunehmen. Alle großen Werke der Kunst und Wissenschaft sind Zeugen dieser Macht des Geistes.
28:8
Der gleiche Geist verleiht uns ewiges Leben.
28:9
Nur wer durch den göttlichen Geist getauft ist, wird imstande sein, alle Menschen durch die Bande der Einheit zu verbinden. Durch die Macht des Geistes vermag sich die geistige Gedankenwelt des Ostens derart mit der tatkräftigen Welt des Westens zu vermischen, dass die Welt des Stoffes göttlich werden kann.
28:10
Daraus folgt, dass jeder, der für den höchsten Plan wirkt, ein Soldat im Heer des Geistes ist.
28:11
Das Licht der himmlischen Welt kämpft gegen die Welt des Schattens und der Sinnestäuschung. Die Strahlen der Sonne der Wahrheit zerstreuen das Dunkel des Aberglaubens und des Missverstehens.
28:12
Ihr seid aus dem Geiste! Zu euch, die ihr die Wahrheit sucht, wird die Offenbarung Bahá’u’lláhs wie eine große Freude kommen. Diese Lehre ist aus dem Geiste. In ihr ist kein Gebot, das nicht aus dem göttlichen Geiste wäre.
28:13
Der Geist kann nicht mit den stofflichen Sinnen des materiellen Körpers wahrgenommen werden, es sei denn, dass er in äußeren Zeichen und Werken zum Ausdruck kommt. Der menschliche Körper ist sichtbar, die Seele unsichtbar. Doch ist es die Seele, die die Fähigkeiten des Menschen steuert und seine menschliche Natur beherrscht.
28:14
Die Seele hat zwei Hauptfähigkeiten: Gleichwie die äußeren Umstände der Seele durch die Augen, die Ohren und das Gehirn des Menschen übermittelt werden, so teilt die Seele ihre Wünsche und Absichten durch das Gehirn den Händen und der Zunge des physischen Körpers mit und drückt sich dadurch aus. Der Geist in der Seele ist das wahre Wesen des Lebens. Die zweite Fähigkeit der Seele drückt sich in der Welt der Schau aus, wo die Seele, vom Geist bewohnt, ihr Dasein hat und ohne Hilfe der materiellen körperlichen Sinne wirkt. In diesem Reich des Schauens sieht die Seele ohne Hilfe des physischen Auges, hört sie ohne die Unterstützung des physischen Ohres und wandert sie unabhängig von physischer Bewegung. Es ist daher klar, dass der Geist in der Seele des Menschen durch den physischen Körper wirken kann, indem er sich der gewöhnlichen Sinnesorgane bedient, und dass er fähig ist, auch ohne ihre Hilfe in der Welt der Schau zu leben und zu handeln. Dies beweist zweifelsfrei die Überlegenheit der Seele des Menschen über seinen Körper, die Überlegenheit des Geistes über den Stoff.
28:15
Sieh beispielsweise diese Lampe an: Ist nicht das Licht in ihr der Lampe, die es in sich birgt, überlegen? Wie schön die Form der Lampe immer sein mag – wenn da kein Licht ist, wird ihr Zweck sich nicht erfüllen, wird sie ohne Leben, ein totes Ding sein. Die Lampe braucht das Licht, aber das Licht braucht nicht die Lampe.
28:16
Der Geist braucht keinen Körper, aber der Körper braucht den Geist, sonst kann er nicht leben. Die Seele kann ohne Körper leben, der Körper aber stirbt ohne die Seele.
28:17
Würde ein Mensch sein Auge, sein Gehör, die Hände oder Füße verlieren, doch seine Seele im Körper wohnen, so würde er leben und göttliche Tugenden offenbaren können. Dagegen wäre es für einen vollkommenen Körper unmöglich, ohne den Geist zu leben.
28:18
Die größte Macht des Heiligen Geistes ruht in den göttlichen Offenbarungen der Wahrheit. Durch die Macht des Geistes wurde die himmlische Lehre in die Menschenwelt gebracht. Durch die Macht des Geistes ist das ewige Leben zu den Menschenkindern gekommen. Durch die Macht des Geistes hat die göttliche Herrlichkeit von Ost nach West gestrahlt, und durch die Macht des gleichen Geistes werden sich die göttlichen Tugenden der Menschheit offenbaren.
28:19
Unser größtes Bemühen muss auf die Loslösung von den Dingen dieser Welt gerichtet sein. Wir müssen danach streben, geistiger und strahlender zu werden, den Rat der göttlichen Lehre zu befolgen, uns dem Dienste der Sache der Einigkeit und wahren Gleichheit zu ergeben, Barmherzigkeit zu üben und die Liebe des Höchsten auf alle Menschen auszustrahlen, auf dass das Licht des Geistes in allen unseren Taten sichtbar und die ganze Menschheit dadurch vereinigt werde, damit sich ihr stürmisches Meer beruhigt und alle rauen Wogen von der hinfort stillen und friedlichen Oberfläche der See des Lebens schwinden mögen. Dann wird die Menschheit das Neue Jerusalem erschauen, durch seine Pforten treten und die Gottesgabe empfangen.
28:20
Ich danke Gott, dass ich heute Nachmittag bei euch zugegen war, und ich danke euch für eure geistigen Gefühle.
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