‘Abdu’l-Bahá | Ansprachen in Paris
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Die Frauen sind mit den Männern auf Erden gleichberechtigt. Für die Religion und die Gesellschaft stellen sie einen sehr wichtigen Bestandteil dar. Solange den Frauen die höchsten Möglichkeiten verschlossen bleiben, werden sie außerstande sein, die Bedeutung zu erlangen, zu der sie fähig wären.
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Das elfte Prinzip Bahá’u’lláhs bezieht sich auf:
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Die Macht des Heiligen Geistes, durch den allein geistige Entwicklung möglich ist.
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Nur durch den Odem des Heiligen Geistes ist geistige Entfaltung möglich. Wie sehr die materielle Welt sich auch entwickeln und wie prächtig sie sich schmücken mag, so wird sie doch stets leblos bleiben, solange nicht die Seele in ihr ist; denn die Seele belebt den Körper. Der Körper an sich hat keine wirkliche Bedeutung. Ohne die Segnungen des Heiligen Geistes hätte der stoffliche Körper keine Regung.
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Dies sind, ganz knapp erläutert, einige Grundsätze Bahá’u’lláhs.
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Wir sollten alle, kurz gesagt, Verehrer der Wahrheit sein. Lasst uns zu jeder Zeit und in jedem Lande nach ihr suchen und dabei auf der Hut sein, uns nicht an Persönlichkeiten zu hängen. Schauen wir auf das Licht, wo immer es leuchtet, und werden wir fähig, das Licht der Wahrheit zu erkennen, gleichviel, wo es aufgeht. Lasst uns den Duft der Rosen durch die Dornen hindurch einatmen und das sprudelnde Wasser aus jeder reinen Quelle trinken.
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Seit meiner Ankunft in Paris hat es mir viel Freude bereitet, mit Parisern wie euch zusammenzukommen, denn ihr seid, Gott Lob, verständig, vorurteilsfrei und begierig, die Wahrheit zu erkennen. Ihr habt im Herzen Menschenliebe und müht euch, soweit ihr könnt, um die Sache der Wohlfahrt und die Verwirklichung der Einheit. Dies ist Bahá’u’lláhs besonderer Wunsch.
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Ich bin darum so glücklich, unter euch zu sein, und ich bete für euch, dass ihr die Segnungen Gottes in euch aufnehmen und zur Ursache der Ausbreitung der Geistigkeit in diesem ganzen Lande werden möget.
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Ihr habt bereits eine wundervolle materielle Zivilisation, und so soll euch auch geistige Zivilisation zuteil werden.
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(Monsieur Bleck sprach ‘Abdu’l-Bahá seinen Dank aus, der darauf erwiderte:)
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»Ich bin Ihnen sehr dankbar für die eben geäußerten freundlichen Gefühle. Ich hoffe, dass diese beiden Bewegungen in nicht zu ferner Zeit über die ganze Erde ausgedehnt sein werden. Dann wird die Einheit der Menschheit ihr Zelt im Mittelpunkt der Welt errichtet haben. «
Erstes Prinzip: Suche nach Wahrheit
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Paris, Avenue de Camoëns 4, 10. November 1911
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Das erste Prinzip der Lehre Bahá’u’lláhs ist:
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Die Suche nach Wahrheit.
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Wenn jemand auf der Suche nach Wahrheit Erfolg haben möchte, muss er als erstes sein Auge gegenüber allem überkommenen Aberglauben der Vergangenheit schließen.
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Die Juden haben überkommenen Aberglauben, die Buddhisten und Zoroastrier sind nicht frei davon so wenig wie die Christen. Alle Religionen wurden nach und nach durch Überlieferung und Dogmen eingeengt.
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Alle halten sich jeweils für die einzigen Hüter der Wahrheit und meinen, dass jede andere Religion aus Irrtümern bestehe. Sie selbst hätten Recht und alle übrigen Unrecht. Die Juden glauben, allein die Wahrheit zu besitzen und verdammen alle anderen Religionen. Die Christen behaupten, ihre Religion sei die einzig wahre und alle übrigen falsch. Genauso die Buddhisten und Mohammedaner: alle umgeben sich mit Grenzen. Wenn alle einander verdammen, wo sollen wir dann die Wahrheit suchen? Da alle einander widersprechen, können sie nicht alle wahr sein. Wenn alle vermeinen, dass ihre Religion alleinig wahr sei, so machen sie sich selber blind für die Wahrheit, die in den anderen ist. Ein Jude beispielsweise, der an die äußeren Bräuche der Religion Israels gebunden ist, gestattet sich nicht zu erkennen, dass die Wahrheit auch in jeder anderen Religion sein kann; alles muss in seiner eigenen enthalten sein!
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Wir sollten uns daher von den äußeren religiösen Formen und Bräuchen lösen. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass diese Formen und Bräuche, wie schön sie auch immer seien, nur Gewändern gleichen, in die das warme Herz und die lebendigen Glieder der göttlichen Wahrheit eingehüllt sind. Wir müssen die Vorurteile der Überlieferung fallen lassen, wenn wir die Wahrheit mit Erfolg im Kern von allen Religionen finden wollen. Wenn ein Zoroastrier glaubt, dass die Sonne Gott sei, wie vermag er sich dann mit anderen Religionen zu verbinden? Wie können die Götzendiener die Einheit Gottes fassen, wenn sie an ihre verschiedenen Götzen glauben?
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Es ist daher klar, dass wir, um irgendwelche Fortschritte in der Suche nach Wahrheit zu erzielen, dem Aberglauben entsagen müssen. Würden alle Suchenden diesem Grundsatz folgen, so würden sie die Wahrheit klar zu schauen vermögen.
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Wenn sich fünf Menschen zusammentun, um die Wahrheit zu erforschen, so müssen sie damit beginnen, dass sich jeder über seine einzelne besondere Lage hinwegsetzt und alle vorgefassten Meinungen fallen lässt. Um die Wahrheit zu finden, müssen wir von unseren Vorurteilen, unseren eigenen kleinlichen, alltäglichen Vorstellungen lassen; ein offener, empfänglicher Sinn ist nötig. Wenn unser Kelch vom Ich erfüllt ist, so ist in ihm kein Raum mehr für das Wasser des Lebens. Die Tatsache, dass wir meinen, selber im Recht zu sein und jeden anderen für im Unrecht halten, ist das größte aller Hindernisse auf dem Weg zur Einheit, und Einheit ist nötig, wenn wir zur Wahrheit kommen wollen, denn die Wahrheit ist nur eine.
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Darum sollten wir gebieterisch den eigenen persönlichen Vorurteilen und dem Aberglauben entsagen, wenn wir ernstlich die Wahrheit zu erforschen wünschen. Wenn unser Verstand nicht zwischen Dogmen, Aberglauben und Vorurteilen auf der einen und der Wahrheit auf der anderen Seite unterscheidet, so können wir nicht zum Ziel gelangen. Suchen wir irgendetwas ernstlich, so werden wir uns überall danach umsehen. An diesen Grundsatz müssen wir uns in unserer Wahrheitssuche halten.
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Die Wissenschaft muss angenommen werden. Keine Wahrheit kann einer anderen Wahrheit widersprechen. Das Licht ist gut, in welcher Lampe es auch brennen mag, eine Rose schön, in welchem Garten sie auch blühen mag. Ein Stern hat den gleichen Glanz, ob er aus dem Osten oder aus dem Westen scheint. Seid vorurteilsfrei, so werdet ihr die Sonne der Wahrheit lieben, an welchem Punkte des Horizontes sie auch aufgeht! Ihr werdet erkennen, dass das göttliche Licht der Wahrheit, wenn es in Jesus Christus schien, dann auch in Moses und in Buddha leuchtete. Der ernsthaft Suchende wird zu dieser Wahrheit finden. Das ist die Bedeutung der »Suche nach Wahrheit«.
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Sie bedeutet auch, dass wir gewillt sein müssen, alles beiseite zu legen, was wir früher gelernt haben und was unsere Schritte auf dem Weg zur Wahrheit behindern könnte. Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, nötigenfalls unsere Erziehung von vorne zu beginnen. Wir dürfen unser Auge nicht durch die Liebe zu irgendeiner Religion oder Person derartig blenden lassen, dass uns der Aberglaube in Fesseln schlägt. Wenn wir uns von allen diesen Banden lösen und mit ungebundenen Sinnen suchen, so werden wir auch fähig sein, ans Ziel zu gelangen.
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»Suche die Wahrheit, und die Wahrheit wird dich frei machen.«Joh. 8:31 – Anm. d. Hrsg.Q So werden wir die Wahrheit in allen Religionen erblicken, denn die Wahrheit ist in allen, und die Wahrheit ist nur eine!
Zweites Prinzip: Die Einheit der Menschheit
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11. November 1911
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Gestern sprach ich über das erste Prinzip der Lehre Bahá’u’lláhs, »Die Suche nach Wahrheit«, und darüber, wie notwendig es für den Menschen ist, dass er alles beiseite legt, was im Grunde auf Aberglauben beruht, sowie auch jede Überlieferung, die seine Augen gegenüber der in allen Religionen vorhandenen Wahrheit blind zu machen vermöchte. Während er eine Religionsform liebt und an ihr hängt, darf er sich nicht gestatten, dass er alle übrigen verabscheut. Es ist erforderlich, dass er in allen Religionen nach Wahrheit sucht, und wenn sein Suchen ernst ist, wird er gewiss erfolgreich sein.
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Die erste Entdeckung, die wir in unserer »Suche nach Wahrheit« machen, führt uns zum zweiten Prinzip, welches die »Einheit der Menschheit« ist. Alle Menschen sind Diener des einen Gottes. E i n Gott herrscht über alle Nationen der Welt und hat an all Seinen Kindern Freude. Alle Menschen gehören zu einer Familie. Die Krone der Menschheit ruht auf dem Haupte eines jeden Menschen.
42:3
In den Augen des Schöpfers sind alle Seine Kinder gleich. Seine Güte ergießt sich über alle. Er begünstigt weder das eine noch das andere Land. Sie alle sind in gleicher Weise Seine Geschöpfe. Da dies so ist, warum dann sollten wir Trennungslinien ziehen, die eine Rasse von der anderen scheiden? Warum dann sollten wir Schranken des Aberglaubens und der Überlieferung errichten, die Uneinigkeit und Hass unter die Menschen bringen?
42:4
Der einzige Unterschied zwischen den Gliedern der menschlichen Familie liegt in ihrer Stufe. Einige sind wie unwissende Kinder, die erzogen werden müssen, bis sie die Reife erlangen. Andere sind wie Kranke und müssen zart und sorgfältig behandelt werden. Keines von ihnen ist schlecht oder böse. Wir dürfen uns nicht von diesen armen Kindern abgestoßen fühlen. Wir müssen sie mit großer Güte behandeln, die Unwissenden belehren und die Kranken zärtlich hegen.
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Bedenkt: die Einheit ist nötig für das Dasein. Liebe ist die wahre Ursache des Lebens, während Trennung Tod bringt. In der Welt der materiellen Schöpfung z. B. verdanken alle Dinge ihr gegenwärtiges Leben der Einheit. Die Urstoffe, aus denen das Holz, das Mineral oder der Stein bestehen, werden durch das Gesetz der Anziehung zusammengehalten. Hörte dieses Gesetz nur einen Augenblick lang auf zu wirken, so würden diese Elemente ihren Zusammenhalt verlieren, sie würden auseinanderfallen, und der Gegenstand in dieser besonderen Form würde nicht mehr bestehen. Das Gesetz der Anziehung hat gewisse Urstoffe in der Form dieser schönen Blume zusammengebracht; wird aber jene Anziehung aus diesem Mittelpunkt zurückgezogen, so wird die Blume zerfallen und ihr Bestand als Blume enden.
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So ist es auch mit dem großen Körper der Menschheit. Das wunderbare Gesetz der Anziehung, des Einklangs und der Einheit hält diese wundersame Schöpfung zusammen.
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Wie es mit dem Ganzen ist, so ist es auch mit den Teilen: Gleichviel ob Blume oder menschlicher Körper, wenn das Prinzip der Anziehung ihnen entzogen wird, so sterben Blume wie Mensch. Es ist darum klar, dass Anziehung, Einklang und Liebe Ursache des Lebens sind, wogegen Abstoßung, Zwietracht, Hass und Trennung Tod bewirken.
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Wir haben gesehen, dass alles, was Spaltung in die Welt des Daseins bringt, den Tod verursacht. In gleicher Weise wirkt das nämliche Gesetz in der Welt des Geistes.
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Darum sollte jeder Diener des einen Gottes dem Gesetz der Liebe folgen und jederlei Hass, Uneinigkeit und Streit vermeiden. Wenn wir die Natur betrachten, so finden wir, dass sich die sanftmütigeren Tiere zu Rudeln und Herden zusammenschließen, während die wilden, reißenden Geschöpfe wie der Löwe, der Tiger und der Wolf ihr Leben im Dickicht der Wälder fern der Zivilisation verbringen. Zwei Wölfe oder zwei Löwen vermögen in Freundschaft miteinander zu leben, tausend Lämmer jedoch vermögen den gleichen Pferch zu teilen und Scharen von Rotwild eine Herde zu bilden. Zwei Adler können am gleichen Platze horsten, doch tausend Rehe sich in einem Raume sammeln.
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Der Mensch sollte zumindest zu den sanftmütigeren Tieren zählen; doch wenn er ergrimmt, wird er noch grausamer und heimtückischer als die wildesten Geschöpfe der Tierwelt!
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Heute hat Bahá’u’lláh die »Einheit der Menschheit« verkündet. Alle Völker und Nationen gehören einer Familie an, sind Kinder eines Vaters und sollten zueinander wie Brüder und Schwestern sein. Ich hoffe, dass ihr euch bemühen werdet, diese Lehren zu leben und zu verbreiten.
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Bahá’u’lláh hat uns gelehrt, auch unsere Feinde zu lieben und zu ihnen wie Freunde zu sein. Wenn alle Menschen diesem Prinzip gehorchten, so würde dadurch die größte Einigkeit und Einsicht in den Menschenherzen begründet werden.
Drittes Prinzip: Religion sollte Liebe und Zuneigung hervorrufen
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