Bahá’u’lláh | Anspruch und Verkündigung
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Wir sehen sie an diesem Tage der Willkür von Herrschern ausgeliefert, die von Hochmut so trunken sind, daß sie ihren eigenen Vorteil nicht zu erkennen vermögen, geschweige denn eine so herausfordernde und bestürzende Offenbarung wie diese. Und versuchte einer von ihnen, den Zustand der Welt zu bessern, so war sein Beweggrund, eingestanden oder nicht, der eigene Nutzen. Dieses unlautere Motiv hat seine Heilkraft gemindert.
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Die wirksamste Arznei, das mächtigste Mittel, das der Herr für die Heilung der Welt verfügt hat, ist die Vereinigung aller Völker in einer allumfassenden Sache, in einem gemeinsamen Glauben. Nur ein allmächtiger, erleuchteter Arzt hat die Fähigkeit, diese Einheit zu stiften. Bei Meinem Leben, dies ist die Wahrheit, und alles andere nichts als Irrtum. Wann immer dieses Mächtigste Werkzeug erschien und das Licht am Aufgangsort der Ewigkeit erstrahlte, wurde Er von Quacksalbern gehindert, die sich, den Wolken gleich, zwischen Ihn und die Welt schoben. Darum konnte die Welt nicht genesen. So dauert ihre Krankheit an bis zum heutigen Tag. Sie waren außerstande, die Welt zu bewahren und zu heilen, während Er, die Offenbarung der Macht unter den Menschen, durch die Machenschaften dieser Toren gehindert wurde, Sein Vorhaben zu verwirklichen.
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Seht die Tage, da die Altehrwürdige Schönheit unter dem Größten Namen erschienen ist, die Welt neu zu beleben und ihre Völker zu vereinen. Sie jedoch haben sich mit scharfen Schwertern gegen Ihn erhoben und verübten, was den Geist der Treue klagen ließ, bis sie Ihn schließlich in der trostlosesten aller Städte gefangensetzten und den Gläubigen die Hand vom Saum Seines Gewandes fortrissen. Sagte jemand zu ihnen: »Der Welterneuerer ist gekommen«, so antworteten sie: »Fürwahr, es ist bewiesen, daß Er nur Zwietracht stiftet!« Dabei hatten sie nie mit Ihm verkehrt und wußten, daß Er sich selbst keinen Augenblick lang zu schützen suchte. Zu jeder Stunde war Er der Willkür der Frevler ausgeliefert. Einmal warfen sie Ihn ins Gefängnis, ein andermal verbannten sie Ihn, und schließlich trieben sie Ihn von Land zu Land. So haben sie den Stab über Uns gebrochen, und Gott, wahrlich, weiß, was Ich sage. Solche Menschen zählen vor Gott zu den größten Toren. Sich selbst hacken sie die Glieder ab und merken es nicht; sie berauben sich dessen, was das Beste für sie ist, und wissen es nicht. Wie kleine Kinder können sie nicht unterscheiden, wer Unheil stiftet und wer Frieden, noch was gut ist und was böse. Wir sehen sie an diesem Tag in dichte Schleier gehüllt.
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O ihr Herrscher auf Erden! Warum habt ihr, den Wolken gleich, die Sonne und ihren Glanz verdunkelt und sie am Scheinen gehindert? Hört auf den Rat, den euch die Feder des Höchsten gibt, damit ihr und die Armen Ruhe und Frieden finden. Wir flehen zu Gott, daß Er den Königen beistehe, Frieden auf Erden zu schaffen. Er, wahrlich, tut, was Er will.
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O ihr Könige auf Erden! Wir sehen euch Jahr um Jahr eure Ausgaben vermehren und diese Lasten euren Untertanen aufbürden. Das ist, wahrlich, ein großes Unrecht. Fürchtet die Seufzer und Tränen dessen, dem Unrecht geschah, und belastet eure Völker nicht über Gebühr. Richtet sie nicht zugrunde, um euch Paläste zu bauen! Nein, wählt vielmehr für sie, was ihr für euch selbst wählt. So enthüllen Wir vor euren Augen, was euch nützt – würdet ihr es doch begreifen! Eure Völker sind eure Schätze. Hütet euch, daß eure Herrschaft die Gebote Gottes nicht verletze und ihr eure Schutzbefohlenen nicht den Räubern ausliefert. Durch sie herrscht ihr, von ihren Mitteln lebt ihr, mit ihrer Hilfe siegt ihr, doch wie verächtlich seht ihr auf sie herab! Wie seltsam, wie höchst seltsam!
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Nun, da ihr den Größten Frieden zurückgewiesen habt, haltet euch fest an den Geringeren Frieden, damit ihr eure eigene Lage und die eurer Untertanen einigermaßen bessert.
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Ihr Herrscher auf Erden! Versöhnt euch miteinander, so daß ihr nicht mehr an Rüstung benötigt, als der Schutz eurer Herrschaftsgebiete erfordert. Hütet euch, den Rat des Allwissenden, des Getreuen, zu mißachten!
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Seid einig, o Könige auf Erden, denn nur so wird der Sturm der Zwietracht gestillt, und nur so werden eure Völker Ruhe finden – o daß ihr es verstündet! Wenn einer von euch gegen einen anderen zu den Waffen greift, so geht vereint gegen ihn vor, denn dies ist nichts als offenbare Gerechtigkeit. Also ermahnten Wir euch auf einer Tafel, die Wir zuvor herniedersandtendie Súratu’l-Mulúk.A – und wiederum ermahnen Wir euch: Folget dem, was Er, der Allmächtige, der Allweise, euch offenbart hat. Sollte jemand bei euch Zuflucht suchen, so gewährt sie ihm, und verratet ihn nicht. Dies rät euch die Feder des Allhöchsten auf Geheiß des Allwissenden, des Allunterrichteten.
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Hütet Euch davor, wie der Herrscher des Islamder Sultan des Osmanischen Reiches.A zu handeln, als Wir auf sein Geheiß vor ihn traten. Seine Minister sprachen ein so ungerechtes Urteil über Uns, daß die ganze Schöpfung wehklagte und die Herzen der Gottnahen verzehrt wurden. Sie sind wie Blätter im Wind des Selbstes und der Leidenschaften, und Wir fanden keine Beständigkeit in ihnen. Sie gehören wahrlich zu denen, die weit abgeirrt sind.
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Halte ein, o Feder des Urewigen, und überlasse sie sich selbst, denn sie sind versunken in leerem Wahn. Gedenke der Königin, auf daß sie sich reinen Herzens der höchsten Schau zuwende und ihre Augen nicht von ihrem Herrn, dem Herrn über das Schicksal, abhalte. Möge sie vertraut werden mit dem, was in den Büchern und Tafeln des Schöpfers der Menschheit offenbart wurde. Er hat die Sonne verdunkelt und den Mond verfinstert und Seinen Ruf zwischen Himmel und Erde erhoben.
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Wende dich Gott zu und sprich: O mein höchster Herr! Ich bin nur Dein Vasall, und Du bist in Wahrheit der König der Könige. Ich habe meine flehenden Hände zum Himmel Deiner Gnade und Deiner Gaben erhoben. So sende denn aus den Wolken Deiner Großmut auf mich herab, was mich von allem außer Dir befreien wird und mich näher zu Dir zieht. Ich flehe Dich an, o mein Herr, bei Deinem Namen, den Du zum König der Namen gemacht hast und zu Deiner Offenbarung für alle im Himmel und auf Erden, zerreiße die Schleier, die zwischen mich und die Anerkennung des Aufgangsortes Deiner Zeichen und des Tagesanbruchs Deiner Offenbarung getreten sind. Du bist wahrlich der Mächtigste, der Gewaltigste, der Gütigste. O Herr, beraube mich nicht der Düfte aus dem Gewand Deiner Barmherzigkeit in Deinen Tagen, und schreibe nieder für mich, was Du für Deine Dienerinnen niedergeschrieben hast, die an Dich und Deine Zeichen glauben und Dich anerkennen und ihre Herzen dem Horizonte Deiner Sache zugewandt haben. Du bist wahrlich der Herr der Welten und der Barmherzigste der Barmherzigen. So stehe mir denn bei, o mein Gott, Deiner inmitten Deiner Dienerinnen zu gedenken und Deiner Sache in Deinen Landen zu helfen. Vergib, was ich versäumte, als das Licht Deines Antlitzes aufstrahlte. Du hast fürwahr die Macht über alle Dinge. Ruhm sei Dir, o Du, in dessen Hand das Reich der Himmel und der Erde ruht.
An Náṣiri’d-Dín Sháh
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O König der Erde! Lausche dem Ruf dieses Untertanen: Wahrlich, Ich bin ein Diener, der an Gott und Seine Zeichen glaubt, und habe Mich auf Seinem Pfad geopfert. Dies bezeugen Meine Leiden, die Mich von allen Seiten bedrängen und dergleichen noch niemand ertragen hat. Mein Herr, der Allwissende, bestätigt die Wahrheit Meiner Worte. Ich habe die Menschen nur zu Gott gerufen, deinem Herrn und dem Herrn der Welten. Um der Liebe Gottes willen habe Ich Heimsuchungen erduldet, wie sie das Auge der Schöpfung noch nie gesehen. Dies bezeugen alle, die sich nicht durch den Schleier menschlichen Eigensinns davon abhalten ließen, sich der erhabensten Schau zuzuwenden. Dies bezeugt auch Er, bei dem das Wissen aller Dinge auf einer verwahrten Tafel ruht.
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Wann immer aus den Wolken der Trübsal die Pfeile der Heimsuchungen auf dem Pfade Gottes, des Herrn aller Namen, herabregneten, eilte Ich ihnen entgegen, wie es jede gerecht urteilende und erkennende Seele bestätigen wird. Wie viele Nächte lang ruhten die Tiere des Feldes in ihrem Lager und schliefen die Vögel der Lüfte in ihren Nestern, während dieser Jüngling in Ketten schmachtete. Und niemand kam Ihm zu Hilfe.
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Erinnere Dich an die Gnade, die Gott Dir verlieh. Du befandest Dich mit einigen anderen in Gefangenschaft, und Er befreite Dich durch die Heerscharen des Sichtbaren und des Unsichtbaren, bis der König Dich in den Irak schickte, nachdem Wir ihm enthüllt hatten, daß Du kein Aufwiegler bist. Wer seinen verderbten Neigungen folgt und Gott nicht fürchtet, befindet sich in schwerem Irrtum. Was die anbelangt, die Unordnung im Land stiften, Blut vergießen und sich unrechtmäßig fremde Güter aneignen – wahrlich, Wir haben nichts mit ihnen zu schaffen und flehen Gott an, Uns weder in dieser noch in der nächsten Welt mit ihnen zusammenzubringen, es sei denn, sie bekunden Ihm ihre Reue. Er ist wahrlich der Barmherzigste der Barmherzigen.
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Wer sich Gott zuwendet, muß sich durch all sein Handeln von anderen unterscheiden und dem folgen, was ihm im Buch zur Pflicht gemacht ist. So wurde es auf einer deutlichen Tafel bestimmt. Doch wer Gottes Gebote mißachtet und seinen eigenen Gelüsten folgt, befindet sich wahrlich in schwerem Irrtum.
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Ich beschwöre dich, o König, bei dem Herrn, dem Allerbarmer, betrachte deine Diener mit Wohlwollen, und lasse ihnen Gerechtigkeit widerfahren, auf daß Gott mit dir gnädig verfahre. Mächtig ist dein Herr zu tun, wie es Ihm gefällt. Die Welt, ihr Elend und ihr Ruhm, wird vergehen, das Reich Gottes, des Erhabensten, des Allwissenden, aber wird ewig währen.
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Sprich: Er hat die Lampe der Rede entzündet und nährt sie mit dem Öl der Weisheit und des Verstehens. Zu groß ist dein Herr, der Allerbarmer, als daß eines Seiner Geschöpfe Seiner Sache widerstehen könnte. Er offenbart kraft Seiner souveränen Macht, was Ihm beliebt, und beschützt es mit einer Schar Seiner gottnahen Engel. Er ist der höchste Gebieter über Seine Diener und herrscht unbestritten über Seine Schöpfung. Er ist wahrlich der Allwissende, der Allweise.
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O König! Ich war nur ein Mensch wie andere und schlief auf Meinem Lager – siehe, da wehten die Winde des Allherrlichen über Mich und gaben Mir Kenntnis von allem, was war. Diese Sache ist nicht von Mir, sondern von dem, der allmächtig und allwissend ist. Und Er gebot Mir, Meine Stimme zu erheben zwischen Erde und Himmel, und darum überkam Mich, was jedem verständigen Menschen die Tränen in die Augen treibt. Die übliche Bildung der Menschen erwarb Ich nicht; ihre Schulen besuchte Ich nicht. Frage nach in der Stadt, wo Ich wohnte, auf daß du Gewißheit erlangst, daß Ich nicht falsch rede. Dies ist nur ein Blatt, das die Winde des Willens deines Herrn, des Allmächtigen, des Allgepriesenen, bewegen. Kann es ruhig bleiben, wenn der Sturmwind weht? Nein, bei Ihm, dem Herrn aller Namen und Eigenschaften! Er bewegt es, wie Er will. Was vergänglich ist, ist wie ein Nichts vor Ihm, dem Ewigen. Sein allbezwingender Ruf hat Mich erreicht und ließ Mich Seinen Lobpreis unter allem Volke anstimmen. Fürwahr, Ich glich einem Toten, als Sein Befehl erscholl. Da verwandelte Mich die Hand des Willens deines Herrn, des Mitleidigen, des Barmherzigen. Wer könnte aus eigenem Antrieb verkünden, was alle Menschen, hoch oder niedrig, zurückweisen? Nein, bei Ihm, der die Feder die ewigen Geheimnisse lehrte: das kann nur, wem die Gnade des Allmächtigen, des Allgewaltigen, dazu die Kraft verlieh.
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Die Feder des Höchsten wandte sich Mir zu und sprach: Fürchte Dich nicht! Berichte Seiner Majestät dem Schah, was über Dich gekommen ist. Wahrlich, sein Herz ist in der Hand Deines Herrn, des Gottes der Barmherzigkeit, damit vielleicht die Sonne der Gerechtigkeit und Güte über dem Horizonte seines Herzens aufstrahlt. So wurde der Befehl unwiderruflich gegeben durch Ihn, den Allweisen.
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Sprich: O König, schau auf diesen Jüngling mit den Augen der Gerechtigkeit. Urteile sodann wahrhaftig über das, was Ihm widerfahren ist. Wahrlich, Gott hat dich zu Seinem Schatten gemacht unter den Menschen und zum Zeichen Seiner Macht für alle, die auf Erden wohnen. Urteile zwischen Uns und denen, die Uns Unrecht taten ohne Beweis und ohne ein erleuchtendes Buch. Die dich umgeben, lieben dich um ihres eigenen Vorteils willen, wogegen dieser Jüngling dich um deiner selbst willen liebt und keinen Wunsch hat, als dich dem Sitze der Gnade näherzubringen und dich der rechten Hand der Gerechtigkeit zuzuwenden. Dein Herr ist Zeuge dessen, was Ich erkläre.
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O König! Würdest du dein Ohr dem Laut der Feder der Herrlichkeit und dem Gurren der Taube der Ewigkeit zuneigen, die auf den Zweigen des Lotosbaumes, über den niemand hinausgehen kann, den Lobpreis Gottes, des Schöpfers aller Namen, der Erde und des Himmels, singt, so gelangtest du auf eine Stufe, von welcher aus du in der Welt des Seins nichts als den Glanz des Angebeteten schautest und deine Herrschaft als das Geringste ansähest von allem, was du besitzest. Du würdest sie dem überlassen, der sie begehrt, und dein Angesicht dem Horizont zuwenden, der im Lichte Seines Antlitzes erglüht. Du wolltest die Bürde der Herrschaft nur noch tragen, um so deinem Herrn, dem Erhabenen, dem Höchsten, zu dienen. Dann würde dich die Himmlische Schar segnen. Ach, wie herrlich ist diese erhabenste Stufe – könntest du doch zu ihr gelangen durch die Macht einer Herrschaft, die sich ableitet vom Namen Gottes!
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Manche sagen, dieser Jüngling wolle nur Seinen Namen verewigen, während andere behaupten, Er suche nur die Nichtigkeiten dieser Welt – und dies, obwohl Ich noch nie in Meinem Leben einen sicheren Ort gefunden habe, und sei es nur, um Meine Füße darauf zu setzen. Ständig war Ich in Fluten von Heimsuchungen getaucht, deren volles Ausmaß Gott allein zu ergründen vermag. Wahrlich, Er weiß wohl, was Ich sage. Wie zahlreich waren die Tage, an denen Meine Lieben durch Mein Leid schwer erschüttert wurden, und wie viele Nächte weinte und wehklagte Mein Volk bitterlich, aus Furcht um Mein Leben! Dies kann nur leugnen, wem es an Wahrhaftigkeit gebricht. Soll man sich vorstellen, daß Er, der jeden Augenblick mit dem Verlust Seines Lebens rechnet, nach den Nichtigkeiten dieser Welt trachtet? Wie seltsam sind die Vorstellungen derer, die nur aus ihren Launen heraus sprechen und verwirrt in der Wildnis des Selbstes und der Leidenschaft umherirren! Bald werden sie für ihre Worte zur Rechenschaft gezogen; an diesem Tage werden sie niemanden finden, der ihnen beisteht.
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Und manche sagen, Er glaube nicht an Gott. Doch jedes Glied Meines Leibes bezeugt, daß kein Gott ist außer Ihm. Die Er erschuf und mit Seiner Führung herabsandte, sind die Manifestationen Seiner erhabensten Namen, die Offenbarer Seiner vornehmsten Eigenschaften und die Verwahrungsorte Seiner Offenbarung im Reiche der Schöpfung. Durch Sie wurde Gottes Beweis erbracht für alle außer Ihm. Durch Sie wurde der Maßstab göttlicher Einheit errichtet und das Zeichen der Heiligkeit offenbart. Durch Sie hat jede Seele einen Pfad zu dem Herrn auf dem Throne in der Höhe gefunden. Wir bezeugen, daß kein Gott ist außer Ihm, daß Er seit jeher allein war und niemanden neben sich hat. Er bleibt auf ewig, wie Er ist. Zu hoch ist der Allerbarmer für die Herzen derer, die Ihn erkannt haben, als daß sie Sein wahres Sein verstünden, oder für den menschlichen Geist, als daß er darauf hoffen könnte, Sein Wesen zu ergründen. Er ist wahrlich erhaben über das Verstehen aller außer Ihm selbst und geheiligt über die Erkenntnis aller außer Ihm. Seit aller Ewigkeit ist Er unabhängig von der gesamten Schöpfung.
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Gedenke der Tage, als die Sonne von BaṭḥáMuḥammad.A über dem Horizont des Willens deines Herrn, des Erhabenen, des Höchsten, herabschien. Denke daran, wie die Geistlichen Seiner Zeit sich von Ihm abwandten und die Gelehrten mit Ihm stritten, damit du verstehst, was an diesem Tage hinter den Schleiern des Lichts verborgen bleibt. So schwierig wurde Seine Lage in jeder Hinsicht, daß Er Seinen Gefährten gebot, sich von Ihm zu trennen. So wurde der Befehl vom Himmel göttlicher Herrlichkeit offenbar. Erinnere dich weiter, wie einer dieser Gefährten vor den König von Äthiopien trat und ihm eine Sure des Koran rezitierte. Der König sprach daraufhin zu seinem Gefolge: »Wahrlich, dies hat der Allwissende, der Allweise, offenbart. Wer die Wahrheit anerkennt und an die Lehre Jesu glaubt, kann nicht bestreiten, was hier verlesen wurde. Wahrlich, wir bezeugen seine Wahrheit, so wie wir die Wahrheit dessen bezeugen, was wir schon von den Büchern Gottes besitzen, des Helfers in Gefahr, des Selbstbestehenden.«
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Ich schwöre bei Gott, o König! Würdest du dein Ohr den Melodien dieser Nachtigall neigen, die auf Geheiß deines Herrn, des Allerbarmers, in vielstimmigen Liedern auf dem mystischen Zweige singt, du würdest auf deine Herrschaft verzichten. Du würdest dein Angesicht ihrer höchsten Schau zuwenden, über deren Horizont das Buch der Morgendämmerungvgl. Qur’án 17:78.Q scheint, und du würdest alles, was du besitzt, darauf verwenden, das zu erlangen, was bei Gott ist. Dann würdest du auf den Gipfel der Erhabenheit und Herrlichkeit erhoben, auf den Höhepunkt der Majestät und Unabhängigkeit. Diesen Befehl hat die Feder des Allerbarmers im Mutterbuch niedergelegt. Welchen Wert haben Dinge, die heute dein sind, und die morgen andere besitzen werden? Wähle für dich, was Gott für Seine Erwählten bestimmt hat, und Er wird dir in Seinem Reich große Herrschaft gewähren. Wir flehen zu Gott, dir zu helfen, auf das Wort zu hören, dessen Glanz die ganze Welt umhüllt, und dich vor denen zu schützen, die weit abgeirrt sind vom Hof Seiner Gegenwart.
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Verherrlicht seiest Du, o Herr Mein Gott! Wie viele Häupter wurden auf Deinem Pfade auf Lanzen gespießt, und wie oft wurde eine Brust um Deines Wohlgefallens willen zur Zielscheibe von Pfeilen! Wie viele Herzen wurden zur Erhöhung Deines Wortes und zur Förderung Deiner Sache durchbohrt, und wie viele Augen haben aus Liebe zu Dir bitterlich geweint! Ich flehe Dich an, der Du der König der Könige bist und Mitleid hast mit den Unterdrückten, bei Deinem größten Namen, den Du zum Aufgangsort Deiner erhabensten Namen und zur Morgenröte Deiner vorzüglichsten Eigenschaften gemacht hast – hebe die Schleier hinweg, die sich zwischen Dich und Deine Geschöpfe gelegt haben und die sie davon abhalten, sich dem Horizont Deiner Offenbarung zuzuwenden. O Mein Gott, lasse sie sodann durch Dein erhabenstes Wort sich von der linken Seite des Wahns und des Vergessens zur rechten Seite der Erkenntnis und der Gewißheit wenden, damit sie wissen, was Du in Deiner Freigebigkeit und Gnade für sie wünschst, und ihre Angesichter der Manifestation Deiner Sache und dem Offenbarer Deiner Zeichen zuwenden.
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O Mein Gott! Du bist der Freigebigste, dessen Gnade unendlich ist. Halte Deine Diener nicht ab von diesem mächtigen Meere, in dem Du die Perlen Deines Wissens und Deiner Weisheit birgst, und weise sie nicht ab an Deinem Tor, das Du allen aufgetan in Deinem Himmel und auf Deiner Erde! O Herr! Überlasse sie nicht sich selbst, denn sie verstehen nicht und fliehen vor dem, was besser für sie ist als alles, was Du auf Deiner Erde geschaffen hast. Betrachte sie, o Mein Gott, mit dem Auge Deiner Gunst und Gnade, und befreie sie von Selbstsucht und Leidenschaft, auf daß sie sich Deinem erhabensten Horizont nähern, die Süße Deines Gedenkens schmecken und sich an dem Brot laben, das Du vom Himmel Deines Willens und vom Firmament Deiner Gnade herabgesandt hast. Seit jeher hat Deine Freigebigkeit die ganze Schöpfung umfaßt und Deine Barmherzigkeit alle Dinge überragt. Es ist kein Gott außer Dir, dem Immervergebenden, dem Mitleidvollsten.
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Verherrlicht seiest Du, o Herr Mein Gott! Du weißt wohl, daß Mein Herz in Deiner Sache geschmolzen ist und daß Mein Blut aus Liebe zu Dir in Meinen Adern aufwallt, so daß jeder Tropfen mit seiner inneren Zunge verkündet: »Gib, daß ich um Deinetwillen vergossen werde, o mein Herr, Du Höchster, auf daß aus mir entstehe, was Du in Deinen Tafeln wünschest und vor den Augen aller verborgen hast außer vor den Dienern, die vom kristallklaren Strom des Wissens aus der Hand Deiner Gnade gekostet und vom Becher Deiner Gaben von den sanft fließenden Wassern der Erkenntnis getrunken haben.«
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Du weißt, o Mein Gott, daß Ich in allen Dingen nur Deinem Befehl zu gehorchen trachte. Mit jedem Wort wünsche Ich nur, Dein Lob zu preisen. Und was Meiner Feder entströmt, hat nur zum Ziel, Dein Wohlgefallen zu erlangen und zu offenbaren, was Du Mir durch Deine Souveränität auferlegt hast.
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Du siehst Mich, o Mein Gott, bestürzt und verwirrt in Deinen Landen. Wann immer Ich verkünde, was Du Mir auferlegt hast, lehnen sich Deine Geschöpfe gegen Mich auf. Doch würde Ich vernachlässigen, was Du Mich geheißen hast, so hätte Ich die Rute Deines Zorns verdient und wäre weit entfernt von den Auen Deiner Nähe. Nein, bei Deiner Herrlichkeit! Ich habe Mein Antlitz auf Dein Wohlgefallen gerichtet und Mich von dem abgewandt, was Deine Diener begehren. Ich habe Mich allem zugewandt, was Dein ist, und entsage allem, was Mich vom Ruhesitz Deiner Nähe und von den Höhen Deiner Herrlichkeit abbringen könnte. Bei Deiner Macht: Mit Deiner Liebe im Herzen kann Mich nichts ängstigen, und auf dem Pfad Deines Wohlgefallens können alle Heimsuchungen der Welt Mich nicht schrecken. Doch dies entstammt allein Deiner Kraft und Macht, Deiner Freigebigkeit und Gnade und ist nicht Mein Verdienst.
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Diesen Sendbrief, o Mein Gott, will Ich dem König schicken. Du weißt, daß Ich von ihm nur wünsche, daß er Deinen Dienern Gerechtigkeit und dem Volk Deines Reiches seine Gunst erweise. Für Mich selbst wünschte Ich nur, was Du für Mich wünschtest, und mit Deiner Hilfe werde Ich auch künftig nur wünschen, was Du wünschest. Zugrunde geht jedes Wesen, das von Dir anderes sucht als Dich selbst! Bei Deiner Herrlichkeit! Dein Wohlgefallen ist Mein größter Wunsch und Deine Vorsehung Meine größte Hoffnung. Habe Erbarmen, o Mein Gott, mit diesem armen Geschöpf, das sich an den Saum Deines Reichtums klammert, und mit dieser demütigen Seele, die Dich anruft: »Du bist wahrlich der Herr der Macht und Herrlichkeit!« O Mein Gott, stehe Du Seiner Majestät dem Schah bei, Dein Gesetz unter Deinen Dienern zu halten und Deinen Geschöpfen Deine Gerechtigkeit zu offenbaren, auf daß er diese Schar genauso behandele wie andere. Du bist in Wahrheit der Gott der Macht, der Herrlichkeit und der Weisheit.
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MitAb hier ist der Text des Sendschreibens auf Persisch. Den literarischen Gepflogenheiten des Persischen entsprechend, spricht Bahá’u’lláh den Schah ausschließlich in der dritten Person an. Der persische Teil geht bis einschließlich Absatz 248 – Anm. d. Hrsg.A der Erlaubnis des Königs reiste dieser Diener vom Sitz der Regierung Teheran.A in den Irak und lebte dort zwölf Jahre lang. Während dieser Zeit wurde dem königlichen Hof kein Bericht über Unsere Lage erstattet, auch wandten Wir Uns nicht an die Regierungen fremder Länder. In vollem Gottvertrauen wohnten Wir in diesem Land, bis ein gewisser BeamterMírzá Buzurg Khán, der persische Generalkonsul in Bagdad.A in den Irak kam, der nach seiner Ankunft dieser Schar armer Verbannter nachzustellen begann. Aufgehetzt durch einige dem Namen nach Gelehrte und andere Personen, bereitete er diesen Dienern Tag für Tag Schwierigkeiten, obwohl sie nichts begangen hatten, was dem Staat und dem Volk geschadet oder im Widerspruch zu den Gesetzen und Sitten der Bürger dieses Reiches gestanden hätte.
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Aus Furcht, dieser Übertreter könnte etwas begehen, was dem die Welt zierenden Urteil des Schah zuwider ist, sandte dieser Diener einen kurzen Bericht an Mírzá Sa‘íd Khánder Mu’taminu’l-Mulk, Mírzá Sa‘íd Khán-i-Anṣárí, der Außenminister.A im Außenministerium, damit er es dem König unterbreite und seinem Befehl Folge geleistet werde. Lange Zeit verstrich, doch kein Befehl erging. Schließlich spitzten die Dinge sich derart zu, daß Kampf und Blutvergießen zu befürchten waren. In dieser Zwangslage und zum Schutz der Diener Gottes wandten sich einige von ihnen an den Gouverneur des IrakHier bezieht sich Bahá’u’lláh darauf, daß Er und einige Seiner Gefährten um die osmanische Staatsbürgerschaft nachsuchten.A.
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Würde man diese Vorgänge mit gerechtem Auge betrachten, so zeigte sich im strahlenden Spiegel des Herzens, daß das Geschehene durch die äußeren Umstände ausgelöst worden war und es keine andere Wahl gab. Euere Majestät ist selbst Zeuge dessen, daß in jeder Stadt, wo einige dieser Schar lebten, die Feindseligkeit bestimmter Beamter das Feuer des Streits und des Hasses entzündete. Doch dieser Vergängliche hat seit Seiner Ankunft im Irak allen verboten, sich auf Zwist und Streit einzulassen. Und Sein Verhalten bezeugt dies. Denn alle können bestätigen, daß niemand seine Grenzen überschritt oder sich gegen seinen Nächsten verging, obwohl eine viel größere Zahl aus diesem Volk im Irak lebte als in irgendeinem anderen Land. Seit fast fünfzehn Jahren leben sie nun schon friedlich hier, ihren Blick und ihr Vertrauen auf Gott gerichtet. Was ihnen widerfährt, ertragen sie geduldig und gottergeben.
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Nach der Ankunft dieses Dieners hier in Edirne erkundigten sich einige Personen aus dem Irak und aus anderen Ländern nach der Bedeutung des Begriffs »Gott Beistand leisten«, der in den heiligen Schriften erwähnt ist. Mehrere Antworten wurden versandt; eine davon liegt diesen Seiten bei, um bei Hofe klar zu beweisen, daß dieser Diener kein anderes Ziel hegt als die Besserung und das Wohlergehen der Welt. Und wenn gewisse göttliche Gnadengaben, die Mir Gott ohne Mein Zutun gewährt, nicht offenkundig sind, so ist doch zumindest klar, daß Er Mein Herz in Seiner allumfassenden Freigebigkeit und unendlichen Gnade nicht der Zier der Vernunft beraubt hat. Der erwähnte Text zur Bedeutung von »Gott unterstützen« lautet:
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Er ist Gott, gepriesen sei Seine Herrlichkeit!
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Es ist offenkundig, daß der eine, wahre Gott – verherrlicht sei Sein Gedenken! – über die Welt und alles darinnen erhaben ist. »Gott unterstützen« bedeutet nicht, daß eine Seele eine andere bekämpfen oder mit ihr streiten soll. Der souveräne Herr, der tut, was Ihm beliebt, hat das Reich der Schöpfung, seine Länder und Meere, den Händen der Könige anvertraut. Denn sie sind – je nach ihrem Vermögen – die Offenbarungen Seiner göttlichen Macht. Wenn sie unter den Schatten der Wahrheit treten, so gehören sie zu Gott; wenn nicht – wahrlich, Dein Herr kennt und sieht alle Dinge.
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Was Gott – verherrlicht sei Sein Name! – für sich selbst beansprucht, sind die Herzen Seiner Diener. Sie sind die Schatzkammern Seiner Liebe und Seines Gedenkens und die Verwahrungsorte Seines Wissens und Seiner Weisheit. Es war seit jeher der Wunsch des urewigen Königs, die Herzen Seiner Diener von irdischen Dingen zu reinigen, auf daß sie würdige Gefäße für den Strahlenglanz des Königs aller Namen und Eigenschaften werden. Daher darf kein Fremder in die Stadt des Herzens eingelassen werden, so daß der unvergleichliche Freund Seine Wohnung betreten kann. Damit ist das Aufleuchten Seiner Namen und Eigenschaften gemeint, nicht Sein erhabenes Wesen, denn der unvergleichliche König war und ist immerdar geheiligt über Aufstieg und Abstieg.
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Hieraus folgt, daß die Unterstützung Gottes an diesem Tage nicht darin besteht, mit anderen zu streiten. Nein, aus der Sicht Gottes ist es besser, wenn die Städte der Menschenherzen, beherrscht vom Selbst und der Leidenschaft, mit dem Schwert der Rede, der Weisheit und der Erkenntnis unterworfen werden. Wer Gott beistehen will, muß daher vor allem die Stadt seines eigenen Herzens mit dem Schwert der inneren Bedeutung und des Verstehens erobern und vor dem Gedenken an alles außer Gott bewahren, bevor er sich aufmachen kann, die Städte der Herzen anderer zu erobern.
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