Bahá’u’lláh | Anspruch und Verkündigung
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Bahá’u’lláh
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Anspruch und Verkündigung
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Vorwort
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In den Jahren nach der Ankunft Edirne in Edirne erreichte Seine Offenbarung mit der Verkündigung Seiner Botschaft an die Könige und Herrscher der Welt »ihren Zenit«Shoghi Effendi, Gott geht vorüber 285, 765 – Anm. d. Hrsg.Q. Während dieser relativ kurzen, doch stürmischen Phase in der Geschichte des Glaubens wie auch in den ersten Jahren nach Seiner Verbannung in die Gefängnisstadt ‘Akká (1868), rief Er die Könige aus Ost und West in ihrer Gesamtheit – und einige davon auch persönlich – dazu auf, den Tag Gottes zu erkennen und den Verheißenen der Religionen und heiligen Schriften anzuerkennen, zu denen sich die Empfänger Seines Aufrufes bekannten. »Niemals seit Anbeginn der Welt«, stellt Bahá’u’lláh fest, »ist Gottes Botschaft so öffentlich verkündet worden.«Bahá’u’lláh, zitiert in: Shoghi Effendi, Gott geht vorüber 12:40; ders. in:, Shoghi Effendi, Der verheißene Tag ist gekommen 111 – Anm. d. Hrsg.Q
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Der vorliegende Band bietet die erste vollständige, autorisierte englische Übersetzung dieser bedeutenden Schriften, darunter die vollständige Súriy-i-Haykal, die Sure vom Tempel, eines der herausforderndsten Werke Bahá’u’lláhs. Dieser Text wurde zunächst während Seiner Verbannung in Edirne offenbart und ein weiteres Mal nach Seiner Ankunft in ‘Akká. In diese Version integrierte Er die Botschaften an einzelne Herrscher – an Papst Pius IX., Napoleon III., Zar Alexander II., Königin Viktoria und Náṣiri’d-Dín Sháh.
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Diese zweite Fassung ließ Bahá’u’lláh kurz nach ihrer Fertigstellung in Gestalt eines Pentagramms niederschreiben, eine Form, die den Tempel des Menschen symbolisiert. Als Abschluß fügte Er folgende Worte hinzu, »welche die Bedeutung enthüllen, die Er diesen Botschaften beimaß, die Er auf die Prophezeiungen des Alten Testaments bezieht«Shoghi Effendi, Der verheißene Tag ist gekommen 112 – Anm. d. Hrsg.Q:
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»Also haben Wir den Tempel erbaut mit den Händen der Kraft und Macht – könntet ihr das doch erkennen! Dies ist der euch im Buche verheißene Tempel. Nahet ihm! Dies ist, was euch frommt – könntet ihr das doch verstehen! Seid gerecht, o Völker der Welt! Welchem Tempel gebührt der Vorzug, diesem oder einem aus Stein? Richtet euer Angesicht auf Ihn! Also wurde es euch von Gott befohlen, dem Helfer in Gefahr, dem Selbstbestehenden.«Bahá’u’lláh, Lawḥ-i-Sulṭán, siehe: 1:276 – Anm. d. Hrsg.Q
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Während der letzten Jahre Seiner Sendung bereitete Bahá’u’lláh selbst erstmals die endgültige Version einiger Seiner Hauptwerke zur Veröffentlichung vor. Dabei kam der Súriy-i-Haykal ein besonderer Rang zu.
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Von den in sie inkorporierten Texten verdient einer besondere Erwähnung. Der Lawḥ-i-Sulṭán, die Tafel an Náṣiri’d-Dín Sháh, Bahá’u’lláhs umfangreichstes Sendschreiben an einen einzelnen Herrscher, wurde in den Wochen unmittelbar vor Seiner Verbannung nach ‘Akká offenbart. Sie wurde dem Herrscher von Badí‘, einem siebzehnjährigen Jüngling, überbracht, der Bahá’u’lláh gebeten hatte, Ihm dienen zu dürfen. Badí‘ errang so die Krone des Märtyrertums, das seinen Namen unsterblich machte. Die Tafel enthält die bekannte Passage, die die Umstände beschreibt, unter denen der Ruf Gottes Bahá’u’lláh erreichte, und die Wirkung, die von ihm ausging. Hier finden wir auch Sein unmißverständliches Angebot, in Gegenwart des Schah mit muslimischen Geistlichen, die sich als bevollmächtigte Hüter der Botschaft des Koran sehen, zusammenzutreffen und vor ihnen jeden gewünschten Beweis für die neue Offenbarung zu erbringen. Dies war eine Prüfung ihrer geistigen Integrität, die sie jedoch nicht bestanden.
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Im vorliegenden Buch findet sich auch die erste vollständige Übersetzung der Súriy-i-Mulúk, der Sure an die Könige, »dem bedeutendsten Sendschreiben, in dem Bahá’u’lláh sich erstmals an die Gesamtheit der Herrscher in Ost und West wendet«Shoghi Effendi, Gott geht vorüber 287 – Anm. d. Hrsg.Q. Sie legt das Wesen Seiner Sendung dar, wie auch den Maßstab der Gerechtigkeit, dem jegliche Machtausübung an diesem Tage Gottes genügen muß:
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»Fürchtet Gott, o Könige der Erde, und hütet euch, die Grenzen zu überschreiten, die der Allmächtige gesetzt hat. Haltet die Gebote, die euch in Seinem Buche gegeben sind, und übertretet sie nicht. Seid wachsam, damit ihr niemandem Unrecht zufügt, und sei es auch so gering wie ein Senfkorn. Beschreitet den Pfad der Gerechtigkeit, denn dieser ist wahrlich der gerade Pfad.«Bahá’u’lláh, Súratu’l-Mulúk, siehe: 5:7 – Anm. d. Hrsg.Q
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Diese Tafel führt in einige der großen Themen ein, die während der folgenden zweieinhalb Dekaden im Schrifttum Bahá’u’lláhs eine herausragende Stellung einnehmen sollten: Die Pflicht derer, in deren Hände Gott die Staatsgewalt legte, gerecht zu regieren; die Notwendigkeit, Rüstungsausgaben zu senken und Konflikte zwischen den Nationen beizulegen; und die Last übermäßiger Abgaben zu mindern, da sie zur Verarmung der Bevölkerung führen.
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Zu den wichtigsten Aussagen im majestätischen Aufruf Bahá’u’lláhs an die Könige und Herrscher der Welt schreibt Shoghi Effendi:
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»Die Vielfalt und Weite der behandelten Themen, die zwingende Kraft der Argumentation, die Erhabenheit und Kühnheit der Sprache fesseln unsere Aufmerksamkeit und erstaunen unseren Geist. Kaiser, Könige und Fürsten, Kanzler und Minister, der Papst, Priester, Mönche und Philosophen, die Vertreter der Wissenschaft, Parlamentarier und Abgeordnete, die Reichen auf Erden, die Anhänger aller Religionen und das Volk von Bahá – sie alle sind in den Wirkungsbereich des Urhebers dieser Botschaften einbezogen und erhalten, nach Wert und Verdienst, die Ratschläge und Ermahnungen, die ihnen gebühren. Nicht minder erstaunlich ist die Vielfalt der Themen, die in diesen Tafeln berührt werden. Die alles überragende Majestät und Einheit eines nicht erkennbaren, unnahbaren Gottes wird herausgestellt, die Einheit Seiner Gesandten nachdrücklich verkündet. Die Einzigartigkeit, die Universalität und das Potential des Bahá’í-Glaubens werden hervorgehoben, Zweck und Wesen der Bábí-Offenbarung dargelegt.«Shoghi Effendi, Der verheißene Tag ist gekommen 108 – Anm. d. Hrsg.Q
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Die folgende Zusammenfassung richtet das Augenmerk auf die gesellschaftlichen Verhältnisse, für deren verheerenden Zustand Bahá’u’lláh vor allem die Eliten verantwortlich macht:
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»Bewegende, wundersame Begebenheiten zu verschiedenen Zeiten Seines Wirkens werden geschildert. Die Vergänglichkeit von weltlichem Pomp, von Ruhm, Reichtum und irdischer Herrschaft wird wiederholt und klar vor Augen geführt. Kraftvoll und eindringlich wird dazu aufgefordert, sich sowohl im persönlichen Verhalten als auch in internationalen Beziehungen von erhabenen Grundsätzen leiten zu lassen. Entehrende, dem Glück und Wachstum, der Wohlfahrt und Einheit der Menschheit schädliche Gewohnheiten und Gebräuche sollen aufgegeben werden. Könige werden getadelt, kirchliche Würdenträger angeklagt, Minister und Gesandte verdammt. Wiederholt verkündet Er, daß sich das ›Kommen des Vaters‹Vergl. Mt. 16:27 – Anm. d. Hrsg.A mit Seinem Kommen erfüllte. Der gewaltsame Sturz einiger Könige und Kaiser wird geweissagt, zwei von ihnen stehen besonders in der Kritik, die meisten werden gewarnt, alle angerufen und ermahnt.«Shoghi Effendi, Der verheißene Tag ist gekommen 108 – Anm. d. Hrsg.Q
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Schon früher hatte Bahá’u’lláh die Politik des osmanischen Sultans ‘Abdu’l-‘Azíz verurteilt. Das Original dieses Schreibens ist leider verloren. Der vorliegende Band enthält jedoch drei Sendschreiben, die an zwei Beamte des Sultans gerichtet waren, Menschen voll Selbstsucht und Charakterschwäche. Ihr Einfluß spielte eine wichtige Rolle im Hinblick auf die nachfolgende Verbannung Bahá’u’lláhs. Die an ‘Álí Páshá, den Premierminister des Osmanischen Reichs, gerichtete Súriy-i-Ra’ís wurde im August 1868 offenbart, als die Verbannten von Edirne nach Gallipoli verbracht wurden. Schonungslos legt sie den Machtmißbrauch des Ministers bloß. Der Lawḥ-i-Ra’ís, der ebenfalls Passagen enthält, die an ‘Álí Páshá gerichtet sind, wurde kurz nach der Einkerkerung Bahá’u’lláhs in der Zitadelle von ‘Akká offenbart. In ihm wird der Charakter des Ministers scharf getadelt. Das dritte Sendschreiben, der Lawḥ-i-Fu’ád, wurde 1869 offenbart, kurz nach dem Tode Fu’ád Páshás, eines weiteren osmanischen Ministers. Der Text spielt auf seine Intrigen an, beschreibt die geistigen Folgen des Machtmißbrauchs und sagt den bevorstehenden Sturz ‘Álí Páshás wie auch des Sultans selbst voraus. Diese Prophezeiungen kursierten weithin, und ihre dramatische Erfüllung trug viel zum Ansehen Bahá’u’lláhs bei.
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Nun, da Bahá’u’lláhs Botschaft weltweit an Einfluß auf das gesellschaftliche Leben gewinnt, ist es an der Zeit, die vollständigen Texte dieser bedeutenden Sendschreiben einer breiteren Leserschaft zugänglich zu machen. Wir sagen den Arbeitsgruppen, die mit der Übersetzung und Überprüfung dieser Texte beauftragt waren, unseren tiefempfundenen Dank für die Sorgfalt und das Feingefühl, mit der sie diese Aufgabe bewältigt haben. Die Bahá’í werden in diesen Texten gewichtige Passagen wiedererkennen, mit denen Shoghi Effendi den Westen bereits früher vertraut gemacht hat. Seine Übersetzungen von heiligen Schriften ins Englische setzen einen bleibenden Maßstab für die Bemühungen derer, die diese Schätze des Glaubens in adäquates Englisch übertragen.
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Das Universale Haus der Gerechtigkeit
Súratu’l-Haykal
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Er ist der Wunderbarste, der Allherrliche!
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Verherrlicht sei Er, der Seine Verse denen offenbart, die verstehen! Verherrlicht sei Er, der Seine Verse denen herabsendet, die begreifen! Verherrlicht sei Er, der auf Seinen Pfad führt, wen immer Er wünscht! Sprich: Ich bin wahrlich der Pfad zu Gott für alle in den Himmeln und auf Erden. Selig, wer dorthin eilt!
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Verherrlicht sei Er, der Seine Verse denen herabsendet, die verstehen! Verherrlicht sei Er, der aus dem Reiche Seiner Offenbarung spricht und allen verborgen bleibt außer Seinen ehrbaren Dienern. Verherrlicht sei Er, der Leben verleiht, wem Er will, durch Sein Wort »›Sei!‹ und es ist«!vgl. Qur’án 2:117, 3:47, 3:59, 16:40, 19:35, 36:82, 40:68 – Anm. d. Hrsg.Q Verherrlicht sei Er, der zum Himmel Seiner Gnade erhebt, wen Er wünscht, und im verordneten Maß daraus herabsendet, was Ihm beliebt.
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Gepriesen sei Er, der durch ein Wort Seines Befehls tut, was Er will. Er ist die Wahrheit, Er weiß um das Ungeschaute. Gepriesen sei Er, der, wem immer Er will, durch Seinen unbedingten, unerforschlichen Ratschluß eingibt, was Ihm gefällt. Gepriesen sei Er, der durch die Heerscharen des Unsichtbaren beisteht, wem Er will. Er ist mächtig zu tun, was Er will, und Er ist der Allherrliche, der Selbstbestehende. Gepriesen sei Er, der durch die Kraft Seiner souveränen Macht erhöht, wen immer Er will, und nach Seinem Wohlgefallen bestärkt, wen Er will. Selig, wer versteht!
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Gepriesen sei Er, der auf einer wohlverwahrten Tafel allen Dingen ihr festes Maß gesetzt. Gepriesen sei Er, der Seinen Dienern offenbarte, was den Menschen Herz und Verstand erleuchtet. Gepriesen sei Er, der Seinem Diener Leiden auferlegte, die die Seelen der Gottnahen verzehrten und die Herzen derer, die im Tabernakel der Ewigkeit wohnen. Gepriesen sei Er, der auf Seinen Diener aus den Wolken Seines Ratschlusses die Pfeile der Heimsuchungen herabregnen ließ und sieht, wie Ich sie geduldig und standhaft ertrage. Gepriesen sei Er, der Seinem Diener bestimmte, was Er für keinen anderen verfügte. Er ist wahrlich der Erhabene, der Unvergleichliche, der Selbstbestehende.
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Gepriesen sei Er, der die Pfeile der Heimsuchungen auf Seinen Diener herabregnen ließ aus den Wolken des Hasses durch die Hände der Leugner. Und doch sieht Er Uns von Dankbarkeit erfüllt. Gepriesen sei Er, der die Last der Himmel und der Erde auf die Schultern Seines Dieners legte – und doch preisen Wir Ihn dafür, wenn dies auch keiner fassen kann außer denen, die verstehen. Verherrlicht sei Er, der die Verkörperung Seiner Schönheit den Klauen der Boshaften und Frevler auslieferte – ein Los, dem Wir uns willig unterwerfen. Keiner versteht dies, außer den Einsichtsvollen. Verherrlicht sei Er, der ḤusaynBahá’u’lláhs bürgerlicher Name war Mírzá Ḥusayn-‘Alí.A mitten unter Seine Feinde gab und Seinen Leib bei jedem Atemzug den Speeren des Hasses und des Zorns aussetzte. Gleichwohl sagen Wir Ihm Dank für alles, was Er Seinem Diener bestimmte, der in Seinem Schmerz und Gram bei Ihm Zuflucht sucht.
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Umgeben von Drangsal, hörte Ich über Meinem Haupt eine höchst wundersame, süße Stimme. Mein Antlitz wendend, gewahrte Ich eine Jungfrau – das leibhaftige Gedenken des Namens Meines Herrn – vor Mir in den Lüften schwebend. So verzückt war sie, daß ihr Gesicht im Schmuck des göttlichen Wohlgefallens leuchtete und ihre Wangen im Glanz des Allbarmherzigen erglühten. Ihr Ruf erschallte zwischen Himmel und Erde und bezauberte der Menschen Herz und Geist. Meinem inneren und Meinem äußeren Sein enthüllte sie Botschaften, die Meine Seele und die Seelen der ehrbaren Diener Gottes frohlocken ließen.
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Sie deutete mit ihrem Finger auf Mein Haupt, wandte sich an alle im Himmel und auf Erden und sprach: Bei Gott! Dies ist der Geliebte der Welten – und doch versteht ihr es nicht. Dies ist Gottes Schönheit und Souveränität unter euch – o daß ihr es doch verstündet! Dies ist Gottes Geheimnis und Sein Schatz, der Befehl Gottes und Seine Herrlichkeit für alle, die in den Reichen der Offenbarung und der Schöpfung wohnen – wolltet ihr doch begreifen! Er ist es, nach dessen Gegenwart sich die Bewohner des Reiches der Ewigkeit und des Tabernakels der Herrlichkeit sehnen – doch ihr wendet euch ab von Seiner Schönheit!
1:8
O Volk des Bayán!Die Anhänger des Báb, dessen wichtigstes, die Glaubenssätze betreffendes Werk der Bayán war. A Wenn ihr Ihm nicht beisteht, so wird Gott Ihm sicherlich durch die Mächte der Erde und des Himmels und mit den Heerscharen des Unsichtbaren beistehen durch Seinen Befehl »›Sei!‹ und es ist«!vgl. Qur’án 2:117, 3:47, 3:59, 16:40, 19:35, 36:82, 40:68 – Anm. d. Hrsg.Q Der Tag naht, da Gott durch einen Akt Seines Willens ein Menschengeschlecht erstehen lassen wird, dessen Wesen niemand kennt außer Gott, dem Allgewaltigen, dem Selbstbestehenden. Er wird sie reinigen vom Schmutz des Wahns und der Begierde, wird sie zu den Höhen der Heiligkeit erheben und durch sie die Zeichen Seiner Souveränität auf Erden offenbaren. So wurde es verfügt von Gott, dem Allherrlichen, dem Alliebenden.
1:9
O Volk des Bayán! Verleugnet ihr den, dessen Gegenwart das Ziel eurer Erschaffung ist, und vergnügt euch müßig auf eurem Lager? Spottet ihr Seiner und streitet mit Ihm, wo doch vor Gott ein Haar Seines Hauptes alles in den Himmeln und auf Erden übertrifft? O Volk des Bayán! Legt dar, worauf ihr euch stützt, damit Ich sehe, aufgrund welcher Beweise ihr früher an die Offenbarer Seines Befehls glaubtet und was nun der Grund eures Hochmuts ist.
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Bei Ihm, der Mich aus dem Licht Seiner Schönheit erschuf! Nie habe Ich jemanden gesehen, der euch an Achtlosigkeit und Torheit übertrifft. Ihr versucht, euren Glauben an Gott mit den heiligen Tafeln zu beweisen, die euch gegeben wurden. Doch als die Verse Gottes offenbar und Seine Lampe entzündet waren, glaubtet ihr nicht an Ihn, dessen Feder das Schicksal aller Dinge in der Verwahrten Tafel niederschrieb. Ihr sprecht die heiligen Verse und weist doch den zurück, der ihr Quell und ihr Offenbarer ist. So hat Gott euch blind gemacht als Vergeltung für eure Taten, verstündet ihr es doch. Tag und Nacht schreibt ihr Gottes Verse ab und bleibt doch von Ihm, der sie offenbarte, wie durch einen Schleier getrennt.
1:11
An diesem Tage sieht die Himmlische Schar eure üblen Taten und sagt sich los von euch, doch ihr merkt es nicht. Sie fragen einander: »Welche Worte sprechen diese Narren, und in welchem Tale weiden sie? Leugnen sie, was ihr eigenes Wesen bezeugt, und schließen sie ihre Augen vor dem, was sie klar sehen?« Bei Gott, o Volk! Die Bewohner der Städte der Gottesnamen sind bestürzt über euer Tun, doch ihr irrt ziellos in kargem, verdorrtem Tal und merkt es nicht.
1:12
O Feder des Höchsten! Lausche dem Ruf Deines Herrn, der vom göttlichen Lotosbaum an heiligem, strahlendem Ort ertönt, auf daß die süßen Weisen Deines Herrn, des Allgütigen, Deine Seele mit Freude und Inbrunst erfüllen und die Brisen, die von Meinem Namen, der Immervergebende, wehen, Deinen Kummer und Deine Sorgen vertreiben. Errichte dann auf diesem Tempel die Tempel der Einheit Gottes, damit sie im Reich der Schöpfung von ihrem Herrn künden, dem Erhabensten, dem Allherrlichen, und durch Sein Licht erleuchtet werden.
1:13
Wahrlich, Wir haben diesen Tempel zum Quell allen Seins in dieser neuen Schöpfung bestimmt, damit alle Meine Macht erkennen, durch Mein Wort »›Sei!‹ und es ist«!vgl. Qur’án 2:117, 3:47, 3:59, 16:40, 19:35, 36:82, 40:68 – Anm. d. Hrsg.Q zu bewirken, was Ich will. Unter dem Schatten jedes Buchstabens dieses Tempels werden Wir ein Volk erschaffen, dessen Zahl keiner ermessen kann außer Gott, dem Helfer in Gefahr, dem Selbstbestehenden. Gott wird aus Seinem Tempel Menschen erstehen lassen, die unbeeinflußt sind von den Einflüsterungen der Frevler und die allezeit vom Wasser des Lebens trinken. Sie gehören fürwahr zu den Seligen.
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Sie sind Diener unter dem Schutz des Erbarmens ihres Herrn und lassen sich nicht beirren von denen, die ihnen den Weg versperren wollen. Auf ihren Gesichtern wird der Glanz des Lichtes des Allgütigen erstrahlen, und von ihren Herzen wird man das Gedenken Meines allherrlichen, verborgenen Namens hören. Wollten sie ihre Zunge lösen, um ihren Herrn zu preisen, so würden die Bewohner der Erde und des Himmels in ihren Lobgesang einstimmen – doch wie wenige sind es, die hören! Und wollten sie ihren Herrn verherrlichen, so fiele alles Erschaffene mit ein. So hat Gott sie über den Rest Seiner Schöpfung erhöht, doch sind die Menschen dessen nicht gewahr!
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Sie folgen der Sache Gottes wie der Schatten der Sonne. Öffne also deine Augen, o Volk des Bayán, auf daß ihr sie seht! Durch ihre Bewegung bewegen sich alle Dinge, und durch ihren Stillstand stehen alle Dinge still, seid dessen gewiß! Durch sie wandten sich die, so an die göttliche Einheit glauben, Ihm zu, den die ganze Schöpfung anbetet, durch sie fanden die Herzen der Gerechten Ruhe und Gelassenheit, wüßtet ihr es doch! Durch sie wurde die Erde gefügt, regnete es herab aus den Wolken der Freigebigkeit und kam das Brot der Erkenntnis vom Himmel der Gnade herab, würdet ihr es doch erkennen!
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Sie sind der Schutz der Sache Gottes auf Erden, die ihre Schönheit vor dem verdunkelnden Staub eitlen Wahns und leeren Trugs bewahren. Auf dem Pfade Gottes fürchten sie nicht um ihr Leben. Eher geben sie es hin in der Hoffnung, den Meistgeliebten zu schauen, wenn Er in diesem Namen erscheint, der Allmächtige, der Allgewaltige, der Allherrliche, der Heiligste.
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O Lebendiger Tempel! Erhebe Dich so, daß alles Erschaffene sich mit Dir erhebt. Stehe sodann Deinem Herrn mit der allbezwingenden Macht bei, die Wir Dir verliehen. Hab acht, daß Du nicht verzagst an dem Tag, da Angst alles Erschaffene erfaßt! Werde vielmehr zur Offenbarung Meines Namens, des Helfers in Gefahr, des Selbstbestehenden. Stehe Deinem Herrn mit all Deinen Kräften bei, und achte nicht der Völker der Welt, denn ihr Gerede gleicht dem Summen einer Mücke in endlosem Tal. Trinke vom Wasser des Lebens in Meinem Namen, der Allbarmherzige, und reiche den Nahen unter den Bewohnern dieses gesegneten Ortes, was sie frei macht von allen Namen und sie unter diesen gesegneten, allumfassenden Schatten treten läßt.
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O Lebendiger Tempel! Durch Dich haben Wir alles, was im Himmel und auf Erden erschaffen ward, versammelt und zur Rechenschaft gerufen über das, worüber Wir mit ihnen noch vor der Erschaffung der Welt einen Bund geschlossen hatten. Aber siehe, Wir fanden die meisten Menschen sprachlos und mit angststarrem Blick vor – außer einigen wenigen strahlenden Antlitzen und beredten Zungen. Durch sie brachten Wir die Schöpfung all dessen hervor, was war und was sein wird. Ihr Antlitz hat Gott in Seiner Gnade von den Gesichtern der Ungläubigen abgewandt und im Schatten des Baumes Seines Selbstes geborgen. Ihren Herzen schenkt Er Ruhe und Frieden; Er stärkt und stützt sie durch die Heerscharen des Sichtbaren und des Unsichtbaren.
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