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2:22Der Verstand hat verschiedene Stufen. Weil eine Erörterung all dessen, was die Philosophen darüber gesagt haben, den Rahmen unserer Abhandlung sprengen würde, haben Wir davon abgesehen. Offensichtlich haben nicht alle Menschen das gleiche Maß an Verstand. Nur der Vollkommene Verstand kann wahre Führung geben. Als Antwort auf diese Frage offenbarte die Feder des Allhöchsten folgende erhabene Worte: »Die Zunge der Weisheit spricht: Wer Mich nicht hat, der hat nichts. Entsagt allem und sucht nur Mich. Ich bin die Sonne der Erkenntnis, das Meer des Wissens. Ich schenke den Verzagten neue Kraft und erwecke die Toten. Ich bin das Licht der Führung, das den Weg erhellt. Ich bin der königliche Falke auf dem Arm des Allmächtigen. Ich entfalte die schlaffen Flügel jedes ermatteten Vogels und lehre ihn, wieder zu fliegen.«Siehe 1:14
Q2:23Sieh, welch klare Antwort aus dem Himmel göttlichen Wissens hernieder kam. Selig, wer darüber nachdenkt und begreift! Mit dem Vollkommenen Verstand ist der allumfassende göttliche Geist gemeint. Gar oft war der Verstand der Menschen kein Quell der Führung, sondern eine Fessel am Fuß des Suchers, die ihn hinderte, den Geraden Pfad zu betreten. Der Verstand des Menschen ist begrenzt, und so muss er suchen und forschen, um Ihn, den Urquell allen Wissens, zu finden und zu erkennen. So er diesen Quell, den jeder Verstand umkreist, erkannt hat, sieht er in allem, was Er verordnet, vollkommene Weisheit. Der Unterschied zwischen Ihm und allem anderen ist offenbar wie die Sonne. Ihn zu erkennen ist das höchste Prinzip; aus ihm folgt, dass alles, was Er verfügt, der göttlichen Weisheit entspricht und befolgt werden muss. Auf dieser Grundlage beruhen seit jeher die Gesetze und Verbote der Propheten.2:24Manches, was an diesem Tag verordnet wurde, dient der Verherrlichung von Gottes Namen, und die Feder des Allhöchsten hat dem Lohn bestimmt, der sich daran hält. Wer auch nur einen Atemzug für Gott tut, wird zweifellos dafür belohnt. Das bezeugt der erhabene Vers, welcher dem Fürsten von MekkaMuḥammadA aus dem Himmel des göttlichen Willens herabgesandt wurde: »Wir haben die Qiblih, der Du folgtest, nur bestimmt, um zu unterscheiden, wer dem Gottgesandten folgt, und wer Ihm den Rücken kehrt.«Qur’án 2:143
Q2:25Wer über diese heilige und erhabene Offenbarung nachdenkt und die herabgesandten Verse bedenkt, der bezeugt, dass der eine wahre Gott unermesslich erhaben ist über Seine Geschöpfe und dass Er seit je und für alle Zeit um alle Dinge weiß. Jeder Gerechte bezeugt: Wer diese mächtigste Offenbarung nicht anerkennt, der wird auch keine andere Sache und keinen anderen Glauben beweisen können. Wer aber nicht mit der Zier der Gerechtigkeit geschmückt ist und dem Unrecht Vorschub leistet, spricht nicht anders als die hasserfüllten Fanatiker aller Zeiten. Alles Wissen ist bei Gott, dem Allwissenden, dem Allunterrichteten.2:26Eines Tages, als ich in Seiner Gegenwart weilte, wurde ich gefragt: »O Diener! Womit bist du beschäftigt?« Ich antwortete: »Mit einem Antwortschreiben an den ehrwürdigen Mírzá Abu’l-Faḍl.« Da gebot Er mir: »Schreibe Mírzá Abu’l-Faḍl, Meine Herrlichkeit sei mit ihm: ›Die Menschheit hat sich an Unrecht gewöhnt und flieht die Gerechtigkeit. Eine Manifestation Gottes, die Ihn stets pries, für Sein Wissen und die Heiligkeit und Unvergleichlichkeit Seines Wesens Zeugnis ablegte, wird immer wieder »Sonnen-« oder »Feueranbeter« genannt. Wie viele Offenbarer sind erschienen, die Menschen aber verkannten ihren Rang, verschlossen sich ihren Segnungen, und, Gott bewahre, verfluchten und schmähten sie.2:27Einer der großen Gottesboten, den die Unwissenden Persiens heute ablehnen, sprach diese erhabenen Worte: »Die Sonne ist nichts als eine dichte kugelförmige Masse. Sie verdient es nicht, Gott oder der Allmächtige genannt zu werden. Denn den allmächtigen Gott vermag kein menschliches Begreifen jemals zu fassen und kein irdisches Wissen zu beschreiben. Sein Wesen ist auf ewig unergründlich.« Sieh, mit welch vollendeter Wortwahl Er verkündete, was Gott auch an diesem Tag bestätigt. Und doch gilt Er bei diesem Gesindel nicht einmal als Gläubiger, geschweige denn als von so erhabenem Rang. An anderer Stelle sagte Er: »Alles Sein entstammt Seinem Sein, und wäre Gott nicht, so wäre keines Seiner Geschöpfe mit dem Gewand des Seins bekleidet worden.« Gott bewahre Uns vor dem Übel derer, die die Wahrheit Gottes und Seiner Geliebten bestreiten und sich abkehren von diesem Horizont, von dem alle Bücher Gottes, des Helfers in Gefahr, des Selbstbestehenden, Zeugnis geben.‹«2:28Aus dem bisher Gesagten folgt, dass nicht jeder Verstand Maßstab der Wahrheit sein kann. Als Weise gelten an erster Stelle die von Gott Erwählten, die Er zu Schatzkammern Seines Wissens bestimmt hat, zu Verwahrungsorten Seiner Offenbarung, Morgensternen Seiner Amtsgewalt, Dämmerorten Seiner Weisheit. Sie hat Er zu Seinen Stellvertretern auf Erden gemacht und durch Sie offenbart, was Ihm beliebt. Wer sich Ihnen zukehrt, der hat sich Gott zugewandt; doch wer sich von Ihnen abkehrt, der findet keine Erwähnung vor Gott, dem Allwissenden, dem Allweisen.2:29Dies ist das Maß aller Dinge. Wer sich daran hält, das heißt, wer den Dämmerort der Offenbarung Gottes erkennt und anerkennt, der gilt in Gottes Buch als einer, der Verstand besitzt. Andernfalls ist er nur ein Tor, selbst wenn er sich im Besitz aller Weisheit der Welt wähnt. Wollte jemand vor Gott stehen, gereinigt von irdischer Bindung und selbstischen Wünschen, und über das nachsinnen, was in dieser größten Offenbarung erschienen ist, so legte er Zeugnis ab: Jeder reine Geist, jeder vollkommene Verstand, jede geläuterte Seele, jedes offene Ohr und jedes scharfe Auge, jede beredte Zunge, jede geweitete Brust und jedes strahlende Herz umkreist den Thron göttlicher Macht und wirft sich vor ihm nieder.2:30Eine weitere seiner Fragen ist: »Eine der früheren Manifestationen hat das Essen von Rindfleisch erlaubt, eine andere hat es verboten; eine hat Schweinefleisch erlaubt, eine andere verboten. Also unterscheiden sich ihre Anordnungen. Ich bitte Ihn, die Wahrheit Gottes, zu erklären, was religiös verboten ist.«
2:31Da Menschen verschiedener Glaubensrichtung mit dem ehrwürdigen Ṣáḥib verkehren, hätte eine offene Antwort die Grenzen der Klugheit verletzt, denn sie wäre im Widerspruch gestanden zu den Gesetzen des Islam. Deshalb wurde sie zunächst aus dem Himmel Seines Willens nur indirekt beantwortet. Diese Antwort ist im zuvor angeführten Absatz zu finden: »Der allwissende Arzt legt Seinen Finger an den Puls der Menschheit.«Siehe 1:4 – Anm. d. Hrsg.
Q Und weiter: »Sorgt euch um die Nöte eurer Zeit, und konzentriert euch auf ihre Bedürfnisse.«Siehe 1:4 – Anm. d. Hrsg.
Q Das heißt, ihr sollt euren Blick auf die Gebote Gottes richten; was immer Er an diesem Tag bestimmt und für erlaubt erklärt, ist erlaubt. Das ist die reine Wahrheit. Alle müssen ihren Blick fest auf Gottes Gebot richten und befolgen, was vom Horizont Seines Willens herabgekommen ist, denn durch die Macht Seines Namens wurde das Banner des »Er tut, was Er will«vgl. Qur’án 2:253, 3:40, 14:27; 22:14, 22:18 – Anm. d. Hrsg.
Q entfaltet und die Standarte des »Er verordnet, was Ihm gefällt«Qur’án 5:1 – Anm. d. Hrsg.
Q gehisst. Wollte Er etwa Wasser für ungesetzlich erklären, dann wäre es verboten, und spräche Er das Gegenteil, dann träfe dies zu. Denn an keinem Ding steht ›erlaubt‹ oder ›verboten‹; nein, vielmehr ist all dies abhängig von Seinem Wort.2:32Dies ist offenkundig und bedarf keiner weiteren Ausführungen. Dennoch glauben manche Gemeinschaften, dass die für sie geltenden Gebote unveränderlich seien, schon immer gültig waren und dies auch immer so bleibe. Bedenke ein weiteres Seiner Worte: »Wir sprechen stets in rechtem Maß, auf dass das Neugeborene gedeihe und der zarte Sprössling grüne. Milch muss in verträglichen Mengen gereicht werden, damit die Kinder der Welt die Stufe der Reife erlangen und am Hof der Eintracht wohnen.«Siehe 1:18
Q So glauben manche, Wein sei immer schon verboten gewesen und das werde auch immer so bleiben. Wollte ihnen jetzt jemand sagen, dass sich dies eines Tages ändern könnte und Wein dann erlaubt wäre, so würden sie dies bestreiten und protestieren. Die Menschen haben die Bedeutung des »Er tut, was Er will«vgl. Qur’án 2:253, 3:40, 14:27; 22:14, 22:18 – Anm. d. Hrsg.
Q noch nicht erfasst, und den Sinn der Größten Unfehlbarkeit noch nicht begriffen. Der Säugling muss mit Milch ernährt werden. Gäbe man ihm Fleisch, so würde er sterben – dies wäre schieres Unrecht und reine Dummheit. Selig die Verstehenden. Die Größte Unfehlbarkeit ist, wie einst von Seinen gesegneten Lippen zu hören war, einzig den Manifestationen der Sache Gottes, den Aufgangsorten Seiner Offenbarung, vorbehalten. Dies wurde nur kurz abgehandelt, denn Zeit ist knapp und gleicht dem Phönix: Er ist in aller Munde, und doch ist er nirgends zu finden.2:33Eine weitere seiner Fragen lautet: »Nach den Lehren der Mahábádí und der Hindus sollst du einem Menschen, der mit dir verkehren will, mit Freundlichkeit begegnen und ihn wie einen Bruder behandeln, ungeachtet seines Glaubens, seiner Hautfarbe oder Herkunft, seiner Erscheinung, seines Charakters oder seiner Lebensumstände. Aber in anderen Religionen ist dem nicht so: Ihre Anhänger fügen Andersgläubigen Leid zu, unterdrücken sie und halten es für einen Akt der Gottesverehrung, sie zu verfolgen. Sie halten es für legitim, sich deren Besitz und ihre Frauen anzueignen. Welche der beiden Auffassungen findet Gottes Wohlgefallen?«
2:34Die erste Auffassung ist seit jeher und für alle Zeiten richtig. Es ist nach Gottes Urteil nicht erlaubt, einen Menschen anzugreifen, ihm Leid zuzufügen oder ihn zu unterdrücken. Oft sind diese erhabenen Worte aus der Feder des Höchsten geflossen: »O Menschen! Gottes Glaube und Seine Religion wurden offenbart, um Eintracht und Verbundenheit unter den Menschen zu stiften. Macht sie nicht zur Ursache von Streit und Zwietracht.«Bahá’u’lláh, Lawḥ-i-Maqṣúd, in Tablets of Bahá’u’lláh 11:14 – Anm. d. Hrsg.
Q Dies wurde auf zahlreichen Tafeln herabgesandt.2:35Wer Gottes Wort darlegt, muss dies mit größtem Wohlwollen, mit Freundlichkeit und Mitgefühl tun. Wer die Wahrheit erkennt und Ihn annimmt, wird im Karminroten Buch als Bewohner des höchsten Paradieses verzeichnet. Lehnt er sie aber ab, so darf man mit ihm auf keinen Fall streiten. Er sagt: »Selig, wer sich erhebt, dem Wohle aller Völker zu dienen.«Bahá’u’lláh, Lawḥ-i-Maqṣúd, in Tablets of Bahá’u’lláh 11:12 – Anm. d. Hrsg.
Q Ebenso spricht Er: »Das Volk Bahás soll hoch über allen Völkern schweben.«
Jede Form von religiösem Hass, von Fanatismus, Zwietracht und Streit ist verboten.2:36An diesem Tag ist ein Gestirn am Horizont göttlicher Güte aufgegangen, worauf die Feder des Höchsten diese erhabenen Worte geschrieben hat: »Wir haben euch erschaffen, einander Liebe und Treue zu erweisen, nicht Feindschaft und Hass.«
Ebenso hat Er – gepriesen sei Sein Name – in persischer Sprache Worte offenbart, die die Herzen der Gottnahen und der Aufrichtigen verzücken und Eintracht stiften, so dass die Menschheit durch das Licht göttlicher Einheit erleuchtet wird und sich dem Horizont göttlichen Wissens zuwendet: »Der wahre Freund spricht: Der Pfad zur Freiheit liegt offen vor euch – eilet herbei! Reich strömt der Quell der Weisheit – trinkt euch daran satt. Sprich: O Freunde! Das Tabernakel der Eintracht ist errichtet; betrachtet einander nicht als Fremde. Ihr seid die Früchte eines Baumes, die Blätter eines Zweiges.«Siehe 1:15
Q2:37Gerechtigkeit besteht darin, jedem zu geben, was ihm zusteht; sie ruht auf zwei Pfeilern: Lohn und Strafe. Der Gerechtigkeit zufolge soll jeder Mensch den Lohn für seine Taten empfangen, denn Friede und Wohlfahrt der Menschen hängen davon ab. Er spricht: »Die Welt ist auf zwei Pfeilern errichtet: Lohn und Strafe.«Bahá’u’lláh, Lawḥ-i-Maqṣúd, in Tablets of Bahá’u’lláh 11:5 – Anm. d. Hrsg.
Q Nun, in jeder Lage gilt es, die rechten Worte zu finden und sich angemessen zu verhalten. Selig, wer sich aufmacht, Gott zu dienen, wer nur Ihm zuliebe die Stimme erhebt und zu Ihm zurückkehrt.2:38Eine weitere seiner Fragen lautet: »Hindus und Zoroastrier nehmen Fremde, die sich ihnen anschließen wollen, nicht in ihre Reihen auf. Christen heißen jene willkommen, die sich aus freien Stücken entschieden haben, ihre Religion anzunehmen. Aber sie werden nicht zudringlich und üben keinen Druck aus. Muslime und Juden jedoch bedrängen sie und wenden Zwang an; und sollte jemand die Annahme ihres Glaubens verweigern, feinden sie ihn an. Sie halten es für erlaubt, sich dessen Besitz und Frauen zu bemächtigen. Welche dieser Auffassungen ist vor Gott wohlgefällig?«
2:39Alle Menschen sind Brüder, und Brüderlichkeit hat zahlreiche Bedingungen. Eine davon ist, seinem Bruder nur zu wünschen, was man für sich selbst wünscht. Darum muss, wer ein Gut erlangt hat oder teilhat an der himmlischen Tafel, seine Freunde liebevoll davon in Kenntnis setzen. Findet er Gehör, ist das Ziel erreicht; andernfalls überlasse er sie sich selbst, streite jedoch nicht mit ihnen und sage nichts, was sie traurig machen könnte. Dies ist die unbezweifelbare Wahrheit und alles andere wäre unziemlich.2:40Der verehrte Ṣáḥib, möge Gott ihn schützen, hat geschrieben, dass die Hindus und Zoroastrier keine Fremden aufnehmen, die sich ihnen anschließen wollen. Das widerspricht dem Zweck, zu dem Gottesboten erscheinen und ihre Bücher offenbaren. Denn all jene, die auf Gottes Geheiß erscheinen, sind mit der Führung und Erziehung aller Menschen betraut. Wie könnten sie da einen Sucher vom Ziel seiner Suche, einen Reisenden von seinem Herzenswunsch fernhalten? Die Feuertempel sind beredtes Zeugnis für diese Wahrheit. Zu ihrer Zeit rief ihr Feuer alle Bewohner der Erde zu Ihm, dem Geist der Reinheit.2:41Er hat auch geschrieben, die Christen hießen diejenigen willkommen, die sich aus freien Stücken entschieden haben, ihre Religion anzunehmen, dass sie sich aber nicht darum bemühten und keinen Druck ausübten. Das ist ein Missverständnis. Denn die Christen haben sich sehr angestrengt und scheuen auch weiterhin keine Mühe, ihren Glauben zu lehren. Ihre kirchlichen Einrichtungen bringen hierfür bis zu dreißig Millionen auf. Ihre Missionare schwärmen über den gesamten Globus aus und verbreiten eifrig das Christentum. So haben sie sich über die ganze Welt ausgebreitet. Wie zahlreich sind die Schulen und Kirchen, die sie gestiftet haben, um Kinder zu unterrichten; doch ihr eigentliches Ziel ist, dass diese schon in früher Kindheit die Botschaft Christi hören. So soll in ihre noch reinen Herzen das eingeschrieben werden, was ihre Lehrer wünschen. Tatsächlich ist keine andere Gemeinschaft so sehr darauf bedacht, ihren Glauben zu verkünden, wie die Christen.2:42Was an diesem Tag Annahme findet vor Seinem Thron, wurde bereits eingangs gesagt. Der Mensch wurde erschaffen, die Welt zu verbessern. Er muss sich um Gottes willen dem Dienst an seinen Brüdern widmen. Sollte einer von ihnen die Wahrheit annehmen, so soll er sich freuen, dass dieser die immerwährende Gunst erlangt hat. Wenn nicht, so sollte er Gott anflehen, seinen Bruder zu führen, ohne dass dieser auch nur eine Spur von Feindseligkeit oder Hass an ihm verspürt. Die Zügel der Befehlsgewalt liegen fest in Gottes Hand. Er tut, was Er will, und verordnet, was Ihm gefällt. Er ist wahrlich der Allmächtige, der Allgepriesene.2:43Wir flehen zu dem einen, wahren Gott, groß ist Seine Herrlichkeit, dass Er uns fähig mache, Ihn zu erkennen, dessen unfehlbare Weisheit alle Dinge durchdringt. Denn wer Ihn erkannt hat, dem vermögen eitler Wahn und leerer Trug der Menschen nichts mehr anzuhaben. Der machtvolle Arzt hat Seinen Finger am Puls der Menschheit. Manches Mal mag Er es für richtig halten, von Krankheit befallene Glieder abzutrennen, damit die Krankheit nicht auf andere Teile des Körpers übergreift. Dies ist reines Erbarmen und Mitgefühl, und niemand hat das Recht, Einspruch zu erheben, denn Er ist fürwahr der Allwissende, der Allsehende.2:44Eine weitere seiner Fragen lautet: »In der Religion der Mahábádí und Zoroastrier wird gesagt: ›Unsere Religion ist allen anderen überlegen. Die Religionen der anderen Propheten sind zwar wahr, aber sie haben vor Gott unterschiedlichen Rang, so wie es auch an einem Königshof Rangunterschiede zwischen dem Premierminister und dem einfachen Soldaten gibt. Wer immer es wünscht, den lasse an seinem Glauben festhalten.‹ Auch zwingen sie niemandem ihren Glauben auf. Die Hindus behaupten, wer jemals Fleisch isst, ganz gleich warum, werde niemals das Paradies erblicken. Die Anhänger von Muḥammad, Jesus und Moses behaupten, das gleiche Los erwarte diejenigen, die sich nicht ihrer Religion anschließen. Welche Auffassung findet vor Gott Wohlgefallen?«
2:45Die Aussage, »unser Glaube und unsere Religion sind allen anderen überlegen«, bezieht sich auf die Propheten, die vor ihnen erschienen sind. In bestimmter Hinsicht sind diese Heiligen eins: Der Erste von ihnen gleicht dem Letzten, der Letzte dem Ersten. Alle kamen von Gott, alle haben die Menschen zu Ihm gerufen, und alle kehrten zu Ihm zurück. Dies wurde im Buch der Gewissheit ausführlich erläutert. Es strömte in der Frühzeit dieser Größten Offenbarung aus der Feder der Herrlichkeit und ist wahrlich der Fürst aller Bücher. Selig, wer es liest und darüber nachdenkt aus Liebe zu Gott, dem Herrn der Schöpfung.2:46Die den Hindus zugeschriebene Aussage, wer Fleisch esse, werde niemals das Paradies erblicken, widerspricht einer anderen Aussage, die sie vertreten: Alle Propheten seien wahr. Wenn deren Wahrheit verbürgt ist, dann ist es absurd zu behaupten, ihre Anhänger würden nicht ins Paradies gelangen. Man möchte sie fragen, was sie mit Paradies meinen und was sie davon verstanden haben. Wer an diesem Tag das Wohlgefallen des einen, wahren Gottes erlangt, zählt zu den Bewohnern des höchsten Paradieses, des herrlichsten Paradiesgartens. Er wird in allen Welten Gottes an dessen Früchten teilhaben. Bei Ihm, der Sehnsucht aller Menschen! Die Feder ist machtlos, diese Stufe zu beschreiben oder zu erläutern. Selig, wer Gottes Wohlgefallen erlangt, und wehe dem, der achtlos ist. Sobald sich der Anspruch eines von Gott erwählten Propheten als wahr erwiesen hat, steht es niemandem an, nach dem ›Warum‹ oder ›Weshalb‹ zu fragen. Vielmehr müssen alle annehmen und befolgen, was Er verkündet. So hat es Gott in all Seinen Büchern, Schriften und Tafeln verfügt.2:47Eine weitere Frage lautet: »Die Hindus behaupten, Gott habe den Verstand in Gestalt eines Mannes namens Brahma erschaffen. Dieser kam in die Welt und war die Ursache für ihren Fortschritt und ihre Entwicklung. Alle Hindus seien Seine Nachkommen. Die Anhänger Zarathustras sagen: ›Gott erschuf mit Hilfe des Urverstands einen Mann namens Mahábád. Er ist unser Urahn.‹ Sie glauben an sechs Arten von Schöpfung. Zwei davon sind die bereits genannten; die anderen sind Wasser, Erde, Feuer sowie Bären und Affen. Hindus und Zoroastrier sagen beide, sie habe der Urverstand gezeugt. Deshalb nehmen sie Fremde nicht in ihre Gemeinde auf. Sind diese Vorstellungen richtig oder nicht? Er wird gebeten, in Seiner Weisheit darauf zu antworten.«
2:48Die gesamte Schöpfung wurde durch Gottes Willen erschaffen, und der Erste Adam wurde durch Sein allbezwingendes Wort ins Dasein gerufen. Es ist die Quelle der Vernunft, ihr Ursprung, ihre Schatzkammer und ihr Aufgangsort. Aus diesem Wort entstand die ganze Schöpfung. Es ist der Vermittler von Gottes erster Gnade. Niemand kann den Ursprung der Schöpfung wirklich erfassen außer Gott, groß ist Seine Herrlichkeit; Sein Wissen umfasst alles, bevor und nachdem es ins Dasein gerufen ward. Die Schöpfung hat nicht Anfang noch Ende, und niemand hat je ihr Geheimnis enträtselt. Das Wissen darum war und bleibt auf ewig verborgen und verwahrt in den Schatzkammern göttlichen Wissens.2:49Die Welt des Seins ist bedingt, denn sie geht aus einer Ursache hervor. Allein Gottes Wesen ist urewig und unbedingt. Dies wurde gesagt, damit niemand aus der oben gemachten Aussage, wonach die Schöpfung keinen Anfang und kein Ende hat, folgere, dass sie wesensmäßig präexistent sei. Wahre Präexistenz ist allein Gott vorbehalten, während die Präexistenz der Welt abhängig und abgeleitet ist. Alles, was über Anfang und Ende und dergleichen gefolgert wurde, leitet sich in Wahrheit von den Worten der Propheten, der Gottesgesandten und Seiner Erwählten her.2:50Das »Reich des Feinstofflichen«Das ›Reich des Feinstofflichen‹ (‘álam-i-dharr) verweist auf den Bund zwischen Gott und Adam, von dem Qur’án 7:172 berichtet. In Má’idiy-i-Ásmání (Bd. 2, S. 30, New Delhi 1984) schreibt ‘Abdu’l-Bahá: »Wenn vom ›Reich des Feinstofflichen‹ die Rede ist, bezieht sich dies auf die Wirklichkeiten, Eigenarten, Fähigkeiten und Potentiale des Menschen, wie sie im Spiegel göttlichen Wissens erstrahlen. Da diese Fähigkeiten und Potentiale verschieden sind, hängen sie alle von bestimmten Voraussetzungen ab. Diese Voraussetzungen sind willige Annahme und Bittgebete.«
A, von dem dabei oft die Rede ist, bezieht sich allein auf das Erscheinen der Propheten; alles andere ist bloßer Aberglaube. Zu Beginn der Offenbarung stehen alle Menschen auf gleicher Stufe. Erst dadurch, dass sie annehmen oder ablehnen, aufsteigen oder hinabstürzen, sich bewegen oder stillstehen, beginnen sie, sich voneinander zu unterscheiden. Wenn Gott durch Seine Manifestation fragt: »Bin Ich nicht euer Herr?«
, dann zählt jeder, der antwortet: »Doch, fürwahr!«Qur’án 7:171
Q, vor Gott zu den vortrefflichsten Geschöpfen. Gemeint ist damit also: Ehe das Wort Gottes verkündet wird, stehen alle Menschen auf der gleichen Stufe und haben den gleichen Rang. Erst danach fangen sie an, sich zu unterscheiden, wie du zweifelsfrei bezeugst.2:51Aus dem Gesagten geht klar hervor, dass niemand je mit Recht behaupten kann, er stamme von dem Urverstand ab, andere aber nicht. Die Wahrheit, die hell wie die Sonne erstrahlt, lautet: Alle wurden erschaffen durch den Göttlichen Willen und entstammen einem Ursprung. Alle kommen von Ihm, und zu Ihm werden sie zurückkehren. Das ist die Bedeutung des gesegneten Verses, den die Feder des Allbarmherzigen im Qur’án offenbart hat: »Wahrlich, wir sind Gottes, und zu Ihm kehren wir zurück.«Qur’án 2:156
Q2:52Du siehst nun, dass alle Fragen in dem einen Abschnitt beantwortet wurden, der von der Feder des Höchsten offenbart worden war. Selig, wer frei von Weltlichem und geheiligt von eitlem Wahn und leerem Trug die Auen göttlichen Wissens durchquert und in allen Dingen die Zeichen Seiner Herrlichkeit schaut.2:53Viele Verse wurden für den verehrten Ṣáḥib niedergeschrieben. Würde er ihren Wert schätzen und von ihren Früchten kosten, wäre er von so großer Freude ergriffen, dass alle Sorgen der Welt ihn nicht länger bedrückten. Gebe Gott, dass er aufrichtig diese Worte spreche und ihnen gemäß handle: »Sprich: Gott! Alsdann lass sie sich weiter vergnügen an ihrem eitlen Geschwätz.«Qur’án 6:91
Q Möge er darauf bedacht sein, jene armen Seelen, die in tiefer Finsternis zurückgeblieben sind, zum Licht der Sonne zu führen. Möge er durch die Macht des Größten Namens das Banner ergreifen, das von nichts anderem kündet als von Seiner Offenbarung, und den Anhängern der früheren Religionen voranschreiten, damit vielleicht die Finsternis vertrieben wird und die Strahlen der Sonne der Wahrheit die ganze Welt erleuchten. Das ist die größte Gnade und die höchste Berufung. Wenn der Mensch sie nicht erreicht, wo kann er dann Trost und Freude finden? Was kann ihn dann noch stützen und bewegen? Mit wem soll er abends Zwiesprache halten und wessen Namen will er morgens anrufen, wenn er sich vom Lager erhebt? Noch einmal: »Wahrlich, wir sind Gottes, und zu Ihm kehren wir zurück.«Qur’án 2:156
Q2:54Seine letzte Frage lautet: »Die meisten Tafeln, die wir gesehen haben, sind in arabischer Sprache offenbart. Sollte man nicht auf die arabische Sprache verzichten, da doch der Geliebte dieses Tages persischer Herkunft ist? Denn selbst die Araber haben die Bedeutung des Qur’án bis zum heutigen Tage nicht verstanden. Die persische Sprache dagegen ist hoch geschätzt und wird von der zivilisierten Welt gelobt. Das heutige Persisch ist dem Arabischen überlegen, und auch das alte Persisch wird von den Menschen in Indien und anderswo zunehmend geschätzt. Es wäre daher besser, wenn das Wort Gottes hauptsächlich in reinem Persisch verkündet würde, weil es die Herzen in größerem Maße anzuziehen vermag. Auch wird darum gebeten, dass die Antwort auf diese Fragen in reinem Persisch geschrieben werde.«
2:55Die persische Sprache ist in der Tat süß und gefällig. Und seit diese Bitte an Seinen heiligen und gesegneten Hof übermittelt wurde, sind zahlreiche Tafeln in dieser Sprache offenbart worden. Zu der Aussage, dass die äußere Bedeutung des Qur’án nicht verstanden wurde: Der Qur’án wurde auf verschiedenste Weise interpretiert und in zahllose Sprachen übersetzt. Was die Menschen jedoch nicht verstanden haben, sind seine verborgenen Mysterien und inneren Bedeutungen. Alles, was sie sagen, entspricht ihrem begrenzten Verständnis. Denn niemand kann seine wahre Bedeutung erfassen außer Gott, dem Einen, dem Unvergleichlichen, dem Allwissenden.2:56An diesem Tag ist der Herr erschienen, der Herrscher, der Schöpfer und die Zuflucht der ganzen Welt. Lass jedes Ohr auf das horchen, was vom Königreich Seines Willens offenbart wird; lass jedes Auge erwartungsvoll auf die Sonne des Wissens und der Weisheit blicken. Bei Ihm, der Sehnsucht der ganzen Welt! Dies ist der Tag der sehenden Augen, der hörenden Ohren, der erkennenden Herzen, der Zungen, die künden. Selig, wer dies erreicht, selig, wer danach strebt, selig, wer erkennt! Dies ist der Tag, da der Mensch immerwährende Ehre erwerben kann, denn was immer aus der Feder des Höchsten für ihn hervorströmt, trägt den Schmuck der Unsterblichkeit. Noch einmal: Selig, wer dies erreicht.2:57Der verehrte Ṣáḥib hat geschrieben: »Sollte man nicht auf die arabische Sprache verzichten, da doch der Geliebte dieses Tages persischer Herkunft ist?«
Hierzu entströmten der Feder des Höchsten, groß ist Seine Herrlichkeit, diese erhabenen Worte: »Beide sind zu rühmen, Arabisch wie Persisch. Eine Sprache soll vermitteln, was der Sprecher meint, und diesen Zweck erfüllen sie beide. Da in diesen Tagen die Sonne göttlichen Wissens am Firmament Persiens erstrahlt, verdient diese Sprache jedes Lob.«Siehe 1:7 – Anm. d. Hrsg.
Q2:58Das Licht der Wahrheit erstrahlt wahrhaftig über dem Horizont göttlicher Worte, und so ist es nicht nötig, dass sterbliche Diener sich dazu äußern. An der Süße der persischen Sprache kann kein Zweifel bestehen, doch hat sie nicht die Ausdrucksfähigkeit des Arabischen. Vieles kann im Persischen nicht gesagt werden, weil es dafür keine Begriffe gibt, wohingegen es im Arabischen für ein und denselben Gegenstand mehrere Wörter gibt. Fürwahr, keine Sprache auf der Welt ist so umfassend wie die arabische. Das muss gerechterweise gesagt werden; auch wenn die Sonne an diesem Tag über dem Horizont Persiens aufgegangen ist und ihr Licht über die ganze Welt ergießt. Darum verdient die liebliche Sprache Persiens jedes Lob.2:59So haben alle Fragen des verehrten Ṣáḥib ihre Antwort gefunden. Wenn es angebracht und klug ist, spricht nichts dagegen, dass er sie selbst liest und vielleicht auch den Freunden dort zeigt, wie Jináb-i-‘Alí-Akbar sowie Jináb-i-Áqá Mírzá Asadu’lláh – Gottes strahlendste Herrlichkeit sei mit ihnen.2:60Dieser Diener fleht zu dem einen wahren Gott, dass Er die Menschheit mit Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit ziere, wobei das Zweite nur eine Ausdrucksform des Ersten ist. Wahrlich, Gerechtigkeit ist ein Licht, das den Menschen durch die Finsternis der Welt leitet und ihn vor jeder Gefahr schützt. Sie ist fürwahr ein strahlendes Licht. Gebe Gott, dass die Herrscher der Welt davon erleuchtet werden. Dieser Diener fleht zu Gott, dass Er allen Menschen helfe, Seinen Willen zu tun und Sein Wohlgefallen zu erlangen. Er ist wahrlich der Herr dieser und der künftigen Welt. Es ist kein Gott außer Ihm, dem Allmächtigen, dem Gewaltigsten.Die Tafel der Sieben Fragen (Lawḥ-i-Haft-Pursish)
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