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f.tp:1Bahá’u’lláhf.tp:2Das Tabernakel der Einheitf.tp:3Einführung Mit Änderungen, die dem Verlag mit Schreiben vom 17. September 2008 von der Sekretariatsabteilung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit übersandt wurden. (Anm. d. Übers.)Af.1:1Vom Anbeginn der Bahá’í-Offenbarung in einem unterirdischen Verlies in Teheran, in dem ihr Stifter 1852 gefangen lag, ist die Gemeinde Bahá’u’lláhs rasch über den gesellschaftlichen und religiösen Rahmen ihrer Anfangszeit hinausgewachsen. Unter den Ersten, die sich außerhalb der islamischen Gemeinde von ihrer Lehre angezogen fühlten und damit den Zustrom von Menschen aller Religionen und jeglicher Herkunft vorzeichneten, waren Zoroastrier aus Persien und Indien. An diese Gruppe richtete Bahá’u’lláh mehrere Tafeln, von denen einige hier erstmals in vollständiger, autorisierter Übersetzung vorgestellt werden.f.1:2Herausragend unter diesen Werken ist die Tafel Bahá’u’lláhs an Mánikchí Ṣáḥib. Mánikchí Limjí Hataria (1813–1890), auch bekannt unter dem Namen Mánikchí (Manekjí) Ṣáḥib, wurde als Sohn zoroastrischer Eltern in Indien geboren. Als fähiger Diplomat und ergebener Anhänger der Religion seiner Ahnen wurde Mánikchí Ṣáḥib 1854 zum Emissär der Parsen Indiens ernannt, um seine Glaubensbrüder im Iran zu unterstützen, die unter der repressiven Politik der Qajarenherrscher litten. Wenig später gelangte er in die Gegenwart Bahá’u’lláhs. Obwohl Mánikchí Ṣáḥib bis an sein Lebensende der zoroastrischen Religion angehörte, wurde er von der Lehre der neuen Religion angezogen. Berührt durch die Opfer der frühen Märtyrer, bewunderte er sie zeitlebens. Jahre nach ihrer Begegnung stellte er Bahá’u’lláh eine Reihe von Fragen, die zu der Offenbarung zweier Tafeln von weitreichender Bedeutung führten; die erste wurde ihm im Jahr 1878 zugesandt.f.1:3Die erste Tafel, bekannt unter der Bezeichnung Lawḥ-i-Mánikchí-Ṣáḥib, beeindruckt wegen der bekannten Passagen, die den universellen prophetischen Anspruch Bahá’u’lláhs herausstellen. Auf Mánikchí Ṣáḥibs forsche Bitte hin in reinem Persisch offenbart, beantwortet die Tafel die von ihm gestellten Fragen und verkündet einige zentrale Aussagen der Lehre Bahá’u’lláhs: »Sorgt euch um die Nöte eurer Zeit, und konzentriert euch auf ihre Bedürfnisse.«Siehe 1:4, wie auch 2:5, 2:7, 2:16, 2:31 – Anm. d. Hrsg.
Q »Wendet Euer Antlitz ab vom Dunkel der Entfremdung und kehrt euch dem strahlenden Licht der Sonne der Eintracht zu.«Siehe 1:10 – Anm. d. Hrsg.
Q »Ihr seid die Früchte eines Baumes, die Blätter eines Zweiges.«Siehe 1:15, wie auch 2:36 – Anm. d. Hrsg.
Q »Alles, was Unwissenheit mindert und das Wissen mehrt, findet Anerkennung vor dem Herrn der Schöpfung, heute und immerdar.«Siehe 1:15 – Anm. d. Hrsg.
Qf.1:4Wie man dem Inhalt der zweiten Tafel entnehmen kann, war Mánikchí Ṣáḥib mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden; er hatte eine ausführlichere Erörterung bestimmter Fragen erwartet. Bahá’u’lláhs zweite Antwort ist Inhalt einer langen Tafel, die am 14. Sha‘bán 1299 (1. Juli 1882) unter dem Namen Seines Sekretärs Mírzá Áqá Ján offenbart wurde. Diese Tafel ist an den herausragenden Bahá’í-Gelehrten Mírzá Abu’l-Faḍl gerichtet, der zu dieser Zeit als Sekretär bei Mánikchí Ṣáḥib angestellt war; doch ihr größter Teil bezieht sich auf die Fragen des Letzteren. Bahá’u’lláh stellt zu Beginn fest, dass Mánikchí Ṣáḥib der Antwort »nicht die erforderliche Aufmerksamkeit«
gewidmet habe, »sonst hätte er erkannt, dass darin nichts ausgelassen war«Siehe 2:1 – Anm. d. Hrsg.
Q. Er sagt, dass auf diese Fragen aus Gründen der Klugheit nicht direkt eingegangen wurde, dass sie gleichwohl »in trefflicher Prägnanz und Klarheit«Siehe 2:1 – Anm. d. Hrsg.
Q beantwortet wurden. In dem restlichen Text der Tafel werden die Fragen Mánikchí Ṣáḥibs der Reihe nach zitiert und detailliert beantwortet; in einigen Fällen werden die Fragen mit universellen Prinzipien in Verbindung gebracht, die in der ersten Tafel verkündet worden waren.f.1:5Diese Tafel ist insofern bemerkenswert, als sie eine Reihe von Fragen über die Lehren der abrahamitischen und nicht-abrahamitischen Religionen erörtert, wie sie von Mánikchí Ṣáḥib verstanden wurden; dazu gehören die Schöpfung, die Beziehung zwischen Glaube und Vernunft, die Erklärung der Unterschiede zwischen den Gesetzen der verschiedenen Religionen, ihre Exklusivitätsansprüche sowie ihr unterschiedlich starkes Bestreben, neue Anhänger zu gewinnen. Bahá’u’lláhs Antworten betonen eher die gültigen Aspekte in den Aussagen der verschiedenen Lehren, als dass Er sie als unzulänglich und falsch ablehnte.f.1:6In diesem Band sind neben diesen beiden größeren Werken auch der Lawḥ-i-Haft-Pursish (Tafel der Sieben Fragen), gerichtet an Ustád Javán-Mard, einen frühen, herausragenden Bahá’í zoroastrischer Herkunft und ehemaligen Schüler Mánikchí Ṣáḥibs, sowie zwei weitere Tafeln enthalten, die für Gläubige mit demselben religiösen Hintergrund offenbart wurden. Diese fünf Tafeln gewähren einen Eindruck von der Liebe Bahá’u’lláhs für eine Religion, die viele Jahrhunderte zuvor in demselben Land entstanden war wie Seine eigene, und Seine besondere Beziehung zu deren Anhängern.f.1:7Ein Teil des Lawḥ-i-Mánikchí-Ṣáḥib und einige Ausschnitte aus den anderen Tafeln wurden bereits von Shoghi Effendi übersetzt; diese wurden in den Text der vorliegenden Übersetzung integriert und im Anhang aufgelistet.f.1:8Es ist zu hoffen, dass die Veröffentlichung dieses Bandes dazu beiträgt, dass das Grundprinzip der Einheit der Religionen besser verstanden wird und es denjenigen neuen Schwung verleiht, die sich bemühen, dieses Verständnis in einer Zeit zu fördern, die seiner täglich dringender bedarf.Tafel an Mánikchí Ṣáḥib (Lawḥ-i-Mánikchí-Ṣáḥib)1:0_1Im Namen des einen wahren Gottes1:1Gepriesen sei Er, der allsehende, urewige Gott, der aus einem Tropfen vom Meer Seiner Gnade das Firmament des Seins errichtete, es schmückte mit den Sternen des Wissens, und der dem Menschen Zutritt gewährt zum erhabenen Hof der Einsicht und des Verstehens. Dieser Tropfen, das Urwort Gottes, wird auch Wasser des Lebens genannt. Denn mit den Wassern des Wissens schenkt er denen Leben, die in der Wüste der Unwissenheit zugrunde gingen. Auch wird er das Urlicht genannt. Als dieses Licht aus der Sonne göttlichen Wissens erstrahlte, begann die Schöpfung sich zu regen. So zeigt sich das Wirken Seiner Gnade. Er ist der Unvergängliche, der Allweise, und Er ist der Wissende, der Freigebige. Erhaben ist Er über alle Worte. Unzugänglich ist Er für Auge und Verstand des Menschen, unerreichbar für sein Reden und Handeln. Alles Sein und Werden bezeugt die Wahrheit dieser Worte.1:2Somit steht fest: Das Wort ist die erste Gabe Gottes; und es ist der Verstand, der das Wort empfängt und in sich aufnimmt. Dieses Wort ist der erste Lehrer in der Schule des Seins und der Offenbarer des Allmächtigen. Alles Sichtbare wird nur erkannt durch das Licht seiner Weisheit. Alles Offenbare ist nur ein Zeichen seines Wissens. Alle Namen sind sein Name, und aller Dinge Anfang und Ende liegen allein in ihm.1:3Dein Brief hat Mich, der Ich den Zwängen des Irdischen unterworfen bin, im Gefängnis erreicht. Er brachte Freude, stärkte die Bande der Freundschaft und rief die Erinnerung an vergangene Tage wach. Preis sei dem Herrn der Welt, der uns die Gunst gewährte, uns in arabischen LandenIm IrakA zu begegnen und miteinander zu sprechen. So lasst uns hoffen, dass unsere Begegnung niemals in Vergessenheit gerate, noch durch der Zeiten Lauf aus dem Herzen gelöscht werde. Vielmehr sprieße aus diesem Samen die Blume der Freundschaft und bleibe für immer frisch und grün, für alle sichtbar.1:4Und nun zu deiner Frage über die heiligen Schriften. Der allwissende Arzt legt Seinen Finger an den Puls der Menschheit. Er erkennt die Krankheit und verschreibt in Seiner unfehlbaren Weisheit die Arznei. Jede Zeit hat ihre besonderen Nöte, jede Seele ihre eigene Sehnsucht. Für die Krankheit der Welt von heute gibt es ein Heilmittel, für die Welt von morgen ein anderes. Sorgt euch um die Nöte eurer Zeit, und konzentriert euch auf ihre Bedürfnisse.1:5Wir sehen die Menschheit umgeben von endloser Drangsal auf ihrem Krankenlager dahinsiechen, verzweifelt und ohne Hoffnung. Von Selbstsucht Trunkene haben sich zwischen die Menschen und den allwissenden, nie irrenden Arzt gedrängt. Sieh, wie sie selbst und alle Menschen in ihren Plänen verfangen sind. Sie kennen weder die Ursache der Krankheit noch wissen sie um die Arznei. Sie halten das Gerade für krumm und wähnen, ihr Freund sei ihr Feind.1:6Neigt euer Ohr der süßen Weise dieses Gefangenen. Steht auf und erhebt eure Stimme, auf dass die Schlafenden erwachen. Sprich: O ihr, die ihr wie tot seid! Die Hand göttlicher Güte reicht euch das Wasser des Lebens. Eilt herbei und trinkt euch satt! Wer an diesem Tag wiedergeboren wird, soll niemals sterben; wer aber nicht erweckt wird, der wird niemals leben.1:7Du hast auch nach den Sprachen gefragt. Beide sind zu rühmen, Arabisch wie Persisch. Eine Sprache soll vermitteln, was der Sprecher meint, und diesen Zweck erfüllen sie beide. Da in diesen Tagen die Sonne göttlichen Wissens am Firmament Persiens erstrahlt, verdient diese Sprache jedes Lob.1:8Mein Freund! In den Tagen, da das Urwort unter den Menschen erschien, erkannte manch himmlische Seele die vertraute Stimme des Geliebten und folgte ihr nach. Andere aber sahen, dass die Taten einiger sich von ihren Worten unterschieden, und so blieben sie den Strahlen der Sonne göttlichen Wissens fern.1:9Sprich: O Kinder des Staubs! Der Heilige spricht: Was dich an diesem glorreichen Tag von Sünden heiligt und dir Frieden und Ruhe schenkt, ist der Gerade Pfad,Vgl. Lawḥ-i-Maqṣúd, in Botschaften aus ‘Akká 11:24.A der Pfad zu Mir. »Frei von Sünden« heißt, all dessen ledig zu sein, was dem Menschen schadet und seinen hohen Rang herabsetzt – etwa, dass er sich an seinen eigenen Worten und Taten ergötzt, und seien sie noch so gut. Wirklichen Frieden und wahre Ruhe wird es erst geben, wenn ein jeder sich dem Wohl der ganzen Menschheit verschreibt. Der Allwissende bezeugt: Begriffen die Völker der Welt die wahre Bedeutung Seiner Worte, so hätten sie ihren Anteil aus dem Meer Seiner Freigebigkeit nicht verwirkt. Nie ist am Firmament der Wahrheit ein hellerer Stern erstrahlt.1:10Das erste Wort des Allweisen lautet: O Kinder des Staubs! Wendet euer Antlitz ab vom Dunkel der Entfremdung und kehrt euch dem strahlenden Licht der Sonne der Eintracht zu. Dies wird, mehr als alles andere, den Völkern zum Wohl gereichen. O Freund! Nie grünte am Baum der Worte ein schöneres Blatt, keine glänzendere Perle findet sich im Ozean des Wissens.1:11O Kinder des Verstehens! Wenn schon das Augenlid, so zart es ist, das Auge hindern kann, die Dinge der Welt zu sehen, was mag erst geschehen, wenn der Schleier der Begehrlichkeit auf das Auge des Herzens fällt? Sprich: O Menschen! Gier und Neid verfinstern das Licht der Seele, so wie Wolken das Licht der Sonne. Wer immer dies mit offenem Ohr hört, wird die Flügel der Loslösung ausbreiten und sich mühelos emporschwingen zu den Höhen wahren Verstehens.1:12Als Dunkelheit die Welt umhüllte, da wogte das Meer göttlicher Freigebigkeit, und das Licht erstrahlte, auf dass die Taten der Menschen offen gelegt würden. Dies, wahrlich, ist das Licht, das in den himmlischen Schriften vorhergesagt ward. So Gott will, werden die Herzen aller Menschen gereinigt und veredelt durch rechte Worte, und das Licht der Einheit wird seinen Glanz über jede Seele ergießen und alle Welt beleben.1:13O Menschen! Auf Worte müssen Taten folgen, denn Taten sind der Beweis für die Wahrheit der Worte. Worte ohne Taten können niemals den Durst des Dürstenden stillen, noch eröffnen sie dem Blinden die Tore des Sehens. Der Herr himmlischer Weisheit spricht: Ein hartes Wort ist wie der Hieb eines Schwerts, ein freundliches Wort hingegen ist wie Milch; es führt die Menschenkinder zur Erkenntnis und erhöht ihren Rang.1:14Die Zunge der Weisheit spricht: Wer Mich nicht hat, der hat nichts. Entsagt allem und sucht nur Mich. Ich bin die Sonne der Erkenntnis, das Meer des Wissens. Ich schenke den Verzagten neue Kraft und erwecke die Toten. Ich bin das Licht der Führung, das den Weg erhellt. Ich bin der königliche Falke auf dem Arm des Allmächtigen. Ich entfalte die schlaffen Flügel jedes ermatteten Vogels und lehre ihn, wieder zu fliegen.Vgl. Lawḥ-i-Maqṣúd, in Botschaften aus ‘Akká 11:19. A1:15Der wahre Freund spricht: Der Pfad zur Freiheit liegt offen vor euch – eilet herbei! Reich strömt der Quell der Weisheit – trinkt euch daran satt. Sprich: O Freunde! Das Tabernakel der Eintracht ist errichtet; betrachtet einander nicht als Fremde. Ihr seid die Früchte eines Baumes, die Blätter eines Zweiges. Wahrlich, Ich sage: Alles, was Unwissenheit mindert und das Wissen mehrt, findet Anerkennung vor dem Herrn der Schöpfung, heute und immerdar. Sprich: O ihr Menschen! Wandelt im Schatten der Gerechtigkeit und der Wahrhaftigkeit und sucht Obdach im Königszelt der Einzigkeit.1:16Sprich: O ihr, die ihr Augen habt zu sehen! Die Vergangenheit ist der Spiegel der Zukunft. Schaut hinein und lernt daraus, auf dass ihr den Freund erkennt und Ihm kein Leid bereitet. Als die erlesenste Frucht am Baum des Wissens gilt heute, was dem Wohl der Menschheit dient und ihre Belange schützt.1:17Sprich: Die Zunge wurde erschaffen, Zeugnis abzulegen von Meiner Wahrheit; besudelt sie nicht mit Falschheit. Das Herz ist die Schatzkammer Meines Geheimnisses; überlasst es nicht der Gier. Gebe Gott, dass wir an diesem strahlenden Morgen, da das Licht der Sonne göttlichen Wissens die ganze Erde erleuchtet, das Wohlgefallen des Freundes erlangen und uns satt trinken aus dem Meer Seiner Erkenntnis.1:18O Freund! Hörende Ohren sind selten, und so blieb die Feder für einige Zeit stumm. Wahrlich, es kam so weit, dass Schweigen angebrachter schien als Reden. Sprich: O ihr Menschen! Wir sprechen stets in rechtem Maß, auf dass das Neugeborene gedeihe und der zarte Sprössling grüne. Milch muss in verträglichen Mengen gereicht werden, damit die Kinder der Welt die Stufe der Reife erlangen und am Hof der Eintracht wohnen.1:19O Freund! Wir fanden fruchtbaren Boden und legten dort hinein den Samen wahren Verstehens. Nun lasst uns sehen, was die Strahlen der Sonne daraus machen – ob sie die Samenkörner vertrocknen lassen oder zum Wachsen bringen. Sprich: Durch die unbezwingbare Macht Gottes, des Allwissenden, des Unvergleichlichen, ist an diesem Tag die Sonne göttlicher Erkenntnis hinter dem Schleier des Geistes hervorgetreten. Die Vögel auf den Feldern sind trunken vom Wein der Erkenntnis und jubilieren im Gedenken des Freundes. Wohl dem, der kommt und zu Ihm findet! …Antworten auf Fragen von Mánikchí Ṣáḥib (aus einer Tafel an Mírzá Abu’l-Faḍl)2:1Nun zu dem, was du über den gelehrten Ṣáḥib – Gott sei mit ihm – schreibst. Seine Haltung liegt offen zutage, und zeigt sich auch in seinem Schreiben. Was seine Fragen betrifft, so schien es zunächst nicht ratsam, auf jede einzeln einzugehen. Denn dies hätte dem Gebot der Klugheit und den gängigen Vorstellungen widersprochen. Gleichwohl sind in dem, was aus dem Himmel göttlicher Gunst für ihn offenbart wurde, die Antworten in trefflicher Prägnanz und Klarheit enthalten. Doch die Antwort, so scheint es, fand nicht die erforderliche Aufmerksamkeit. Sonst hätte er erkannt, dass darin nichts ausgelassen war, und ausgerufen: »Das sind fürwahr klare, schlüssige Worte!« So lauteten seine Fragen:2:2Erstens: »Die Propheten von Mahábád waren zusammen mit Zarathustra achtundzwanzig an der Zahl. Jeder von ihnen erhöhte den Glauben der anderen. Sie alle legten bei ihrem Erscheinen Zeugnis für die Wahrheit der früheren Religionen ab und bestritten niemals ihre Gültigkeit. Ein jeder verkündete: ›Wir sind Empfänger von Gottes Offenbarung, und übermitteln sie Seinen Dienern.‹ Einige der Hindu-Propheten verkündeten hingegen: ›Wir sind Gott Selbst, und die gesamte Schöpfung untersteht Unserem Befehl. Wann immer Streit und Zwietracht unter den Menschen sich ausbreiten, kommen Wir, um ihn zu beenden.‹ Jeder von ihnen verkündete bei seinem Erscheinen: ›Ich bin Er, der schon zuvor erschienen.‹ Die jüngeren Gottesboten, wie David, Abraham, Moses und Jesus bestätigten zwar die Wahrheit der Propheten vor ihnen, aber sie sagten: ›Jenes war das Gesetz der Vergangenheit; nun aber gilt, was Ich verkünde.‹ Der Arabische Prophet hingegen hat gesagt: ›Durch Mein Erscheinen haben sich alle anderen Gesetze als falsch erwiesen. Allein Mein Gesetz gilt!‹ Welche dieser Auffassungen sind richtig, und wer von ihnen ist im Recht?«
2:3Zunächst: In einer Hinsicht unterscheiden sich die göttlichen Boten voneinander. Denke beispielsweise an Moses: Er brachte ein Buch und erließ Gesetze, und eine Vielzahl von Propheten nach Ihm waren damit beauftragt, Seinem Gesetz Geltung zu verschaffen, da es der damaligen Zeit entsprach. Die Bücher und Chroniken, die die Thora ergänzen, geben beredtes Zeugnis davon.2:4Was nun die Aussage betrifft, die du Ihm, dem Offenbarer des Qur’án, zuschreibst: »Durch Mein Erscheinen haben sich alle anderen Gesetze als falsch erwiesen. Allein Mein Gesetz gilt!« Ein solches Wort ist niemals jener Quelle göttlicher Weisheit entsprungen. Nein, vielmehr hat Er das bestätigt, was zuvor den Propheten und Sendboten aus dem Himmel des göttlichen Willens herabgesandt worden war. Er – erhaben ist Er – spricht: »Alif Lám Mím. Gott, es ist kein Gott außer Ihm, dem Lebendigen, dem Selbstbestehenden. Er hat das Buch mit der Wahrheit auf Dich herabgesandt als Bestätigung dessen, was vor ihm war. Und Er hat die Thora und das Evangelium herabgesandt vordem als Rechtleitung für die Menschen, und Er hat jetzt den Qur’án herabgesandt ...«Qur’án 3:1–4
Q Er hat zudem verkündet, dass alle Propheten von Gott gekommen und zu Ihm zurückgekehrt sind. In diesem Licht betrachtet sind sie alle eins, da sie kein Wort gesprochen, keine Botschaft verkündet und keine Sache offenbart haben, die aus ihnen selbst gekommen wäre. Nein, alles was sie sprachen, kam von dem einen wahren Gott, groß ist Seine Herrlichkeit. Sie alle haben die Menschheit zum Höchsten Horizont gerufen und ihnen die frohe Botschaft des ewigen Lebens überbracht. Folglich sind die unterschiedlichen Aussagen, die der verehrte Ṣáḥib wiedergegeben hat, so zu betrachten, als seien sie einzelne Buchstaben, die zusammen erst ein Wort bilden.2:5Nun zur Frage: »Welche dieser Auffassungen ist richtig, und wer von ihnen ist im Recht?«
Hier gelten die folgenden gesegneten Worte, die hell wie die Sonne erstrahlen: »Keinen Unterschied machen Wir zwischen Seinen Boten.«Qur’án 2:285.
Q Hingegen bezieht sich der Vers: »Einige Boten haben Wir die anderen überragen lassen«Qur’án 2:253.
Q auf die andere, zuvor genannte Sichtweise. Die Antwort auf alle Fragen des verehrten Ṣáḥib ist in diesem umfassenden und erhabenen Wort verwahrt. Er – groß ist Er – spricht: »Und nun zu deiner Frage über die heiligen Schriften. Der allwissende Arzt legt Seinen Finger an den Puls der Menschheit. Er erkennt die Krankheit und verschreibt in Seiner unfehlbaren Weisheit die Arznei. Jede Zeit hat ihre besonderen Nöte, jede Seele ihre eigene Sehnsucht. Für die Krankheit der Welt von heute gibt es ein Heilmittel, für die Welt von morgen ein anderes. Sorgt euch um die Nöte eurer Zeit, und konzentriert euch auf ihre Bedürfnisse.«Siehe 1:4
Q Jeder Gerechte wird bezeugen, dass diese Worte wie ein Spiegel des göttlichen Wissens sind, der die Antwort auf all das, wonach gefragt wurde, klar und deutlich widerstrahlt. Selig, wem Gott, der Allwissende, der Allweise, Augen gab zu sehen.2:6Eine weitere Frage des verehrten Ṣáḥib lautet: »Es gibt vier verschiedene Anschauungen. Eine besagt, dass alle Dinge in der Welt des Sichtbaren, vom kleinsten Atom bis hin zur Sonne, Gott selbst sind, und dass in der Schöpfung nichts gesehen werden kann als Er. Eine andere behauptet, dass Gott allein der notwendig und ursprünglich Seiende ist und dass Seine Boten die Mittler zwischen Ihm und Seinen Geschöpfen sind und diese zu Ihm führen. Die dritte sagt hingegen, dass der Notwendig SeiendeDer ›Notwendig Seiende‹ (Vájibu’l-Vujúd) steht für Gott. Dieser Terminus wurde von muslimischen Philosophen wie al-Farabi verwendet und lässt sich auf Aristoteles zurückführen.A zwar die Sphären erschaffen hat, dass alles andere aber aus diesen hervorgehe. Es entsteht und vergeht, so wie winzige Lebewesen, die sich in einem Gewässer bilden und wieder zugrunde gehen. Die vierte behauptet, dass der Notwendig Seiende die Natur gestaltet hat, und dass alle Dinge, vom kleinsten Atom bis hin zur Sonne, ohne Anfang und Ende aus ihr hervorgehen und wieder verschwinden. So wie Gras bei Regen wächst und danach wieder verdorrt. Wo ist da Platz für Strafe und Abrechnung? Dass die Propheten und Könige Gesetze erlassen haben, sei lediglich, um der menschlichen Gesellschaft eine Ordnung zu geben und sie zu lenken. Dabei sind die Propheten und die Könige auf jeweils verschiedene Weise vorgegangen: Die Propheten beriefen sich auf Gott, damit die Menschen gehorchen. Die Könige setzten auf Schwerter und Kanonen. Welche dieser vier Vorstellungen ist Gott wohlgefällig?«
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