‘Abdu’l-Bahá | Sendbriefe an die Zentralorganisation für einen dauernden Frieden
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‘Abdu’l-Bahá
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Sendbriefe an die Zentralorganisation für einen dauernden Frieden
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Das erste Schreiben vom 17.12.1919
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O ihr Hochgeehrten, die ihr Pioniere seid unter den Wohltätern der Menschenwelt!Dies ist der erste Teil der Antwort ‘Abdu’l-Bahás auf einen Brief, den der Exekutiv-Ausschuss der Zentralorganisation für einen dauernden Frieden an Ihn gerichtet hatte. ‘Abdu’l-Bahás Brief vom 17. Dezember 1919, den Shoghi Effendi in Gott geht vorüber als ein Sendschreiben von »weittragender Bedeutung« bezeichnet, wurde 1920 von einer besonderen Bahá’í-Delegation an den Exekutiv-Ausschuss im Haag übergeben..A
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Die Briefe, die ihr während des Kriegs abgesandt habt, sind nicht eingetroffen, aber ein Brief vom 11. Februar 1916 hat mich soeben erreicht, und darauf folgt sofort eine Antwort. Eure Absicht verdient tausendfältiges Lob; denn ihr dient der Menschenwelt, und dies führt zu aller Glück und Wohlergehen. Dieser jüngstvergangene Krieg hat der Welt und dem Volk bewiesen, dass Krieg Vernichtung ist, Weltfrieden dagegen Aufbau. Krieg ist Tod, Frieden hingegen Leben. Krieg ist Raubsucht und Blutgier, Frieden indessen Wohltat und Menschlichkeit; Krieg gehört der Welt der Natur an, Frieden aber zur Grundlage der Religion Gottes; Krieg ist Finsternis über Finsternis, während Frieden himmlisches Licht ist; Krieg zerstört den Bau der Menschheit, während Frieden der Menschenwelt ewiges Leben ist; Krieg ist wie ein reißender Wolf, Frieden aber den Engeln des Himmels gleich; Krieg ist Kampf ums Dasein, während Frieden gegenseitige Hilfe und Zusammenarbeit unter den Völkern der Welt ist und das Wohlgefallen des Einen Wahren im himmlischen Reiche herbeiführt.
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Es gibt keine Seele, deren Gewissen nicht bezeugte, dass es heutigen Tages nichts Wichtigeres auf der Welt gibt als den Weltfrieden. Jeder Gerechte bestätigt dies und bewundert jene geehrte Versammlung; denn sie verfolgt das Ziel, diese Finsternis in Licht, diesen Blutdurst in Güte, diese Folter in Wonne, diese Mühsal in Behagen und diese Feindschaft, diesen Hass in Freundschaft und Liebe zu verwandeln. Daher ist die Bemühung jener geachteten Seelen des Preises und des Lobes wert.
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Der wesenhaften Beziehungen gewahr, die von den Wirklichkeiten der Dinge ausgehen, bedenken weise Seelen jedoch, dass eine einzelne Sache für sich die menschliche Wirklichkeit nicht so beeinflussen kann, wie es sein sollte und müsste; denn ehe die Menschen in ihrer Gesinnung geeinigt werden, lässt sich nichts Wichtiges bewerkstelligen. Heute ist der Weltfriede von großer Bedeutung, aber die Einheit des Gewissens ist dabei wesentlich, damit des Friedens Grundlage gesichert, sein Gefüge fest und sein Bau stark sei.
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Darum erläuterte Bahá’u’lláh vor fünfzig Jahren die Frage des Weltfriedens zu einer Zeit, als Er in der Festung ‘Akká in strenger Haft Unrecht erduldete und eingekerkert war. Er schrieb über diese wichtige Angelegenheit, den Weltfrieden, an alle großen Herrscher der Welt und verwirklichte ihn im Kreise Seiner Freunde im Orient. Des Ostens Horizont war in tiefes Dunkel gehüllt, die Völker standen sich in Hass und Feindschaft gegenüber, die religiösen Gruppen lechzten nach dem Blut der anderen – es herrschte Finsternis über Finsternis. Zu solcher Zeit erstrahlte Bahá’u’lláh der Sonne gleich vom Horizont des Ostens und erhellte Persien mit dem Licht dieser Lehren.
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Eine Seiner Lehren war die Erklärung des Weltfriedens. Menschen verschiedener Völker, Religionen und Sekten, die Ihm nachfolgten, kamen sich derart nahe, dass bemerkenswerte Versammlungen zustande kamen, die aus den verschiedenen Völkern und Religionen des Ostens zusammengesetzt waren. Wer solche Versammlungen besuchte, sah nur ein Volk, eine Lehre, einen Pfad, eine Ordnung; denn Bahá’u’lláhs Lehren waren ja nicht auf die Errichtung des Weltfriedens beschränkt; sie umfassten viele Lehren, welche die des Weltfriedens ergänzten und stützten.
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Eine dieser Lehren ist das selbständige Erforschen der Wirklichkeit, so dass die Menschenwelt aus dem Dunkel der Nachahmung errettet werde und zur Wahrheit gelange, dass sie das zerlumpte, abgetragene Kleid von vor tausend Jahren abreiße und wegwerfe und ein Gewand anlege, welches in höchster Reinheit und Heiligkeit auf dem Webstuhl der Wirklichkeit gewoben ist. Da es nur eine Wirklichkeit gibt, die keine Vieldeutigkeit zulässt, müssen unterschiedliche Ansichten schließlich in einer aufgehen.
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Eine der Lehren Bahá’u’lláhs ist die Einheit der Menschenwelt. Alle Menschen sind Gottes Schafe, und Er ist der gütige Hirte. Dieser Hirte ist gut zu allen Schafen, denn Er schuf sie alle, erzog sie, sorgte für sie und beschützte sie. Es besteht kein Zweifel, dass der Hirte gütig zu allen Schafen ist; sind Unwissende darunter, so müssen sie belehrt werden; sind Kinder darunter, so müssen sie erzogen werden, bis sie die Reife erlangen; sind Kranke darunter, so müssen sie geheilt werden. Hass und Feindschaft darf es nicht geben. Wie von einem gütigen Arzt müssen diese Unwissenden, diese Kranken behandelt werden.
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Eine weitere Lehre Bahá’u’lláhs ist, dass Religion zu Freundschaft und Liebe führen muss. Bewirkt sie Entfremdung, dann bedarf man ihrer nicht; denn Religion ist wie eine Arznei: Verschlimmert sie das Leiden, dann wird sie unnötig.
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Unter Bahá’u’lláhs Lehren finden wir ferner, dass Religion mit Wissenschaft und Vernunft in Einklang sein muss, so dass sie auf die Menschenherzen wirkt. Die Grundlage muss festgefügt sein und darf nicht auf Nachahmung beruhen.
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Eine andere Lehre Bahá’u’lláhs ist, dass religiöse, rassische, politische, wirtschaftliche und vaterländische Vorurteile den Bau der Menschheit zerstören. Solange diese Vorurteile herrschen, wird die Menschenwelt keine Ruhe finden. Über einen Zeitraum von sechstausend Jahren berichtet uns die Weltgeschichte. Während dieser sechstausend Jahre war die Menschenwelt nie frei von Krieg, Streit, Mord und Blutgier. Zu jeder Zeit wurde in diesem oder jenem Land Krieg geführt; der Krieg entstand entweder aus religiösem Vorurteil oder aus rassischem Vorurteil, aus politischem Vorurteil oder aus vaterländischem Vorurteil. So ist gesichert und erwiesen, dass alle Vorurteile den Bau der Menschheit zerstören. Solange diese Vorurteile weiter bestehen, muss der Kampf ums Dasein vorherrschen, müssen Blutdurst und Raubgier fortdauern. Deshalb kann die Menschheit, wie in der Vergangenheit so auch heute, nur dann aus der Finsternis der Erdgebundenheit errettet werden und Erleuchtung empfangen, wenn sie Vorurteile ablegt und die Tugenden des Gottesreiches erwirbt.
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Gehen Vorurteile und Feindseligkeiten auf das Konto der Religion, so bedenkt, dass die Religion zu Freundschaft führen muss; andernfalls ist sie unnütz. Und ist das Vorurteil nationaler Art, so bedenkt, dass alle Menschen einer Nation angehören. Alle sind dem Baume Adams entsprossen; Adam ist die Wurzel des Baumes. Der Baum ist einer, alle Völker sind wie Äste, während die einzelnen Menschen den Blättern, Blüten und Früchten daran gleichen. So sind die Bildung verschiedener Nationen und in der Folge alles Blutvergießen und alle Zerstörung am Bau der Menschheit nur menschlicher Unwissenheit und eigennützigen Beweggründen entsprungen.
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Was das vaterländische Vorurteil betrifft, so entstammt auch dieses völliger Unwissenheit, denn der Erdkreis ist ein Heimatland. Jeder Mensch kann an jedem beliebigen Ort des Erdballs leben. Darum ist die ganze Welt des Menschen Vaterstadt. Grenzlinien und Grenzübergänge wurden durch den Menschen ersonnen. In der Schöpfung sind keine solchen Grenzen und Hoheitsgebiete festgeschrieben. Europa ist ein einziger Erdteil, Asien ist ein Erdteil, Afrika ist ein Erdteil, Australien ist ein Erdteil, aber einige Seelen haben aus persönlichen Beweggründen, aus Eigennutz, jeden dieser Erdteile zerteilt und einen bestimmten Teil als ihr eigenes Land betrachtet. Gott hat keine Grenze zwischen Frankreich und Deutschland gezogen: Sie gehen ineinander über. Fürwahr, in den ersten Jahrhunderten haben selbstsüchtige Seelen um ihrer eigenen Vorteile willen Grenzen und Übergänge geschaffen und ihnen Tag für Tag mehr Gewicht beigelegt, bis dies schließlich in den späteren Jahrhunderten zu heftiger Feindschaft, zu Blutvergießen und Raubgier führte. So wird es unaufhörlich weitergehen, und wenn der Gedanke der Vaterlandsliebe auf einen engen Kreis beschränkt bleibt, wird er die Hauptursache der Weltzerstörung sein. Kein kluger, gerechter Mensch wird diese eingebildeten Unterscheidungen anerkennen. Eine begrenzte Fläche, welche wir unser Vaterland nennen, betrachten wir als unsere Heimat, wo doch der ganze Erdball, nicht eine begrenzte Fläche, die Heimat aller ist. Kurz gesagt: Nur wenige Tage leben wir auf dieser Erde; schließlich werden wir darin bestattet, sie ist unser ewiges Grab. Ist dieses ewige Grab es wert, dass wir Menschenblut vergießen und einander in Stücke reißen? Nein, keineswegs: Weder ist Gott erfreut über ein solches Verhalten, noch kann es ein Mensch mit gesundem Verstand gutheißen.
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Überlegt: Die glückseligen Tiere lassen sich nie in einen vaterländischen Streit ein, sie leben in bester Kameradschaft einmütig miteinander. Kommen zum Beispiel eine Taube aus dem Osten, eine Taube aus dem Westen, eine Taube aus dem Norden und eine Taube aus dem Süden zufällig zur gleichen Zeit an einem Platze zusammen, so gesellen sie sich alsbald einträchtig zueinander. So ist es bei allen glückseligen Tieren und Vögeln. Die Raubtiere aber greifen einander an, sobald sie sich treffen, kämpfen miteinander und reißen sich in Stücke. Es ist ihnen unmöglich, friedlich am selben Ort zusammenzuleben. Sie sind alle ungesellig, grausam, wild und kampflustig.
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Betrachtet man das wirtschaftliche Vorurteil, so tritt klar zu Tage, dass dann, wenn man die Verbindungen zwischen den Völkern festigt und den Warenaustausch beschleunigt, jedes wirtschaftliche Prinzip, das man in einem Land durchsetzt, schließlich die anderen Länder beeinflusst und allgemeinen Nutzen stiftet. Wozu also dieses Vorurteil?
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Was nun das politische Vorurteil betrifft, so muss Gottes Politik befolgt werden, und es ist unbestreitbar, dass Gottes Politik größer ist denn menschliche Politik. Wir müssen der göttlichen Politik folgen, sie gilt gleichermaßen für alle. Gott behandelt alle Menschen gleich: Kein Unterschied wird gemacht. Dies ist die Grundlage der göttlichen Religionen.
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Eine weitere Lehre Bahá’u’lláhs ist die Schaffung einer Sprache, die weltweit im Volk verbreitet werden kann. Die Feder Bahá’u’lláhs offenbarte diese Lehre, damit die Weltsprache Missverständnisse zwischen den Menschen beseitige.
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Eine Lehre Bahá’u’lláhs ist ferner die Wesensgleichheit von Frauen und Männern. Die Menschenwelt hat zwei Flügel: Den einen bilden die Frauen, den anderen die Männer. Erst wenn beide Flügel gleichmäßig entwickelt sind, kann der Vogel fliegen. Bleibt ein Flügel schwächlich, so ist kein Flug möglich. Erst wenn die Frauenwelt der Männerwelt im Erwerb von Tugenden und Vollkommenheiten gleichkommt, sind Erfolg und Gedeihen so erreichbar, wie es sein soll.
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Eine weitere Lehre Bahá’u’lláhs ist das freiwillige Teilen des Eigentums mit anderen unter der ganzen Menschheit. Dieses freiwillige Teilen übertrifft die Wesensgleichheit; es bedeutet, dass der Mensch sich selbst nicht anderen vorziehen, vielmehr sein Leben und sein Eigentum für andere opfern soll. Dies soll aber nicht zwangsweise eingeführt und ein Gesetz werden, das der Mensch gezwungenermaßen befolgen muss. Im Gegenteil soll der Mensch aus freiem Antrieb, auf selbstgewähltem Opfergang, Eigentum und Leben für andere hingeben und willig den Armen spenden, wie es in Persien unter den Bahá’í geschieht.
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Eine weitere Lehre Bahá’u’lláhs ist des Menschen Freiheit: Durch die geistige Macht soll er frei werden und sich der Verhaftung in der natürlichen Welt entledigen. Denn solange der Mensch in der Natur gefangen liegt, ist er ein Raubtier, da der Kampf ums Dasein zu den Bedürfnissen der Naturwelt gehört. Dieser Kampf ums Dasein ist der Ursprung allen Elends und die höchste Not.
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Eine weitere Lehre Bahá’u’lláhs besagt, dass die Religion ein mächtiges Bollwerk ist. Wenn das Gebäude der Religion erzittert und schwankt, folgen Aufruhr und Chaos, und die Ordnung der Dinge wird völlig umgestürzt; denn in der Menschenwelt gibt es zwei Wächter, die den Menschen vor dem Unrechttun bewahren: Der eine ist das Gesetz, das den Verbrecher bestraft; aber das Gesetz verhindert nur das offenkundige Verbrechen, nicht jedoch die geheime Sünde. Hingegen verhütet der ideale Wächter, die Religion Gottes, sowohl das offenkundige wie das geheime Verbrechen. Er erzieht den Menschen, entwickelt Sittlichkeit, nötigt zur Tugend und ist die allumfassende Macht, die für das Glück der Menschenwelt die Gewähr bietet. Unter Religion aber ist das zu verstehen, was durch Forschen nach Wahrheit gesichert ist, nicht was lediglich auf Nachahmung beruht – also die Grundlagen der göttlichen Religionen, nicht menschliche Nachahmungen.
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Zu den Lehren Bahá’u’lláhs gehört ferner, dass die materielle Zivilisation zwar ein Mittel zum Fortschritt der Menschenwelt ist, dass jedoch der gewünschte Erfolg – das Glück der Menschheit – erst dann zu erreichen ist, wenn die materielle Zivilisation mit der göttlichen Kultur vereinigt wird. Bedenkt! Diese Schlachtschiffe, welche eine Stadt innerhalb einer Stunde in ein Trümmerfeld verwandeln, sind das Ergebnis der materiellen Zivilisation; ebenso die Kruppkanonen, die Mausergewehre, das Dynamit, die Unterseeboote, die Torpedoboote, die Jagdflieger und Bomber. Alle diese Kriegswerkzeuge sind die bösen Früchte der materiellen Zivilisation. Wäre die materielle Zivilisation mit der göttlichen Kultur verbunden worden, so hätte man diese fürchterlichen Waffen niemals erfunden. Im Gegenteil, die menschliche Tatkraft hätte sich ganz und gar nützlichen Erfindungen zugewandt und auf rühmliche Entdeckungen konzentriert. Die materielle Zivilisation ist wie das Glas um die Lampe, die göttliche Kultur ist die Lampe selbst. Das Glas ohne Licht ist dunkel. Die materielle Zivilisation ist wie der Leib. Sei er auch noch so anmutig, elegant und schön, so ist er dennoch tot. Die göttliche Kultur ist wie der Geist; der Leib erhält sein Leben durch den Geist, sonst ist er ein Leichnam. So ist es klar, dass die Menschenwelt den Odem des Heiligen Geistes braucht. Ohne den Geist ist die Menschenwelt leblos; ohne dieses Licht verbleibt die Menschenwelt in tiefster Finsternis. Denn die Naturwelt ist eine tierische Welt. Ehe der Mensch wiedergeboren wird aus der Welt der Natur, das heißt, ehe er sich von der Naturwelt loslöst, ist er seinem Wesen nach ein Tier, und es sind die Lehren Gottes, die dieses Tier in eine menschliche Seele umwandeln.
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Eine weitere Lehre Bahá’u’lláhs ist die Förderung der Erziehung. Jedes Kind muss im erforderlichen Umfang in den Wissenschaften unterrichtet werden. Können die Eltern die Kosten dieser Erziehung tragen, so ist es gut; andernfalls muss die Gemeinde die Mittel für den Unterricht des Kindes aufbringen.
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Eine weitere Lehre Bahá’u’lláhs handelt von Recht und Gerechtigkeit. Ehe nicht Recht und Gerechtigkeit auf der Ebene des Daseins verwirklicht sind, werden alle Dinge in Unordnung sein und unvollkommen bleiben. Die Menschenwelt ist dann eine Welt der Unterdrückung und der Grausamkeit, ein Reich der Angriffslust und des Irrtums.
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Kurz, es gibt viele derartige Lehren. Diese mannigfaltigen Prinzipien – die mächtigste Grundlage für der Menschen Glück, eine Gnadengabe des Barmherzigen – müssen die Sache des Weltfriedens ergänzen und damit verbunden werden, so dass Erfolge eintreten. Auf andere Art, für sich allein, ist der Weltfrieden in der Menschenwelt nur schwer zu verwirklichen. So wie Bahá’u’lláhs Lehren mit dem Weltfrieden verknüpft sind, gleichen sie einer Tafel mit frischen, köstlichen Speisen aller Art. An dieser Tafel unermesslicher Gaben kann jede Seele finden, was sie ersehnt. Bleibt aber die Frage allein auf den Weltfrieden beschränkt, so sind die herausragenden Erfolge, die man erwartet und erhofft, nicht zu erzielen. Die Perspektive des Weltfriedens muss so sein, dass alle Gemeinschaften und Religionen ihre höchste Sehnsucht darin verwirklicht finden. Bahá’u’lláhs Lehren sind so beschaffen, dass alle Gemeinschaften der Welt, religiöse, politische oder ethische, althergebrachte oder neuzeitliche, den Ausdruck ihrer höchsten Wünsche darin finden.
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Zum Beispiel finden die Gläubigen der Religionen in Bahá’u’lláhs Lehren die Begründung der allumfassenden Religion, einer Religion, die vollkommen auf die gegenwärtigen Verhältnisse passt, echte, rasche Heilung der unheilbaren Krankheit schafft, alle Schmerzen stillt und das unfehlbare Gegenmittel für jedes tödliche Gift bietet. Denn wollten wir die Menschenwelt nach den derzeit herrschenden religiösen Nachahmungen einrichten und organisieren, wollten wir darauf der Menschheit Glück aufbauen, so wäre dies unmöglich und undurchführbar. Zum Beispiel wäre es unmöglich, die Gesetze der Thora und der anderen Religionen so durchzuführen, wie es heutiger Nachahmung entspricht. Den Wesensgrund aller göttlichen Religionen aber, der auf die Tugenden der Menschenwelt gerichtet ist und ihrer Wohlfahrt zugrunde liegt, findet man in den Lehren Bahá’u’lláhs in der vollkommensten Darstellung.
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Ähnlich steht es um die Menschen, die nach Freiheit schreien. Die gemäßigte Freiheit, welche die Gewähr für die Wohlfahrt der Menschheit bietet und allumfassende Beziehungen aufrechterhält, findet ihre kraftvolle Ausprägung in den Lehren Bahá’u’lláhs.
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So ist es auch bei den politischen Parteien: Die höchste Staatskunst, die Menschenwelt zu lenken, ja die Göttliche Politik findet sich in den Lehren Bahá’u’lláhs.
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Desgleichen die Partei der ›Gleichheit‹, welche die Wirtschaftsprobleme zu lösen sucht: Bis heute haben sich alle vorgeschlagenen Lösungen als undurchführbar erwiesen, außer den wirtschaftlichen Vorschlägen in den Lehren Bahá’u’lláhs, die durchführbar sind und der Gesellschaft nicht schaden.
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Und so ist es auch mit anderen Interessengruppen. Wenn ihr euch in die Sache vertieft, werdet ihr die höchsten Ziele dieser Parteien in Bahá’u’lláhs Lehren finden. Diese Lehren bilden die allumschließende Macht unter den Menschen und sind durchführbar. Es gibt aber manche Lehren aus der Vergangenheit wie die aus der Thora, die heute nicht mehr anwendbar sind. Das gleiche gilt von den anderen Religionen sowie den Lehrsätzen der verschiedenen Sekten und Parteien.
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Zum Beispiel sagte Bahá’u’lláh über den Weltfrieden, dass der Höchste Gerichtshof begründet werden muss. Obgleich der Völkerbund geschaffen worden ist, ist er doch unfähig, den Weltfrieden zu errichten. Der Höchste Gerichtshof aber, den Bahá’u’lláh beschrieben hat, wird diese heilige Aufgabe mit größter Macht und Kraft erfüllen. Sein Plan geht dahin, dass die Nationalversammlungen jedes Landes und jeder Nation, das heißt, die Parlamente, zwei oder drei Personen auswählen, die Edelsten ihres Volkes, Kenner des internationalen Rechts sowie der Beziehungen zwischen den Regierungen, dazuhin vertraut mit den wesentlichen Bedürfnissen der heutigen Menschheit. Die Zahl dieser Abgeordneten sollte im Verhältnis zu der Bevölkerungszahl des Landes stehen. Die Wahl dieser Seelen durch die Nationalversammlung, das heißt, durch das Parlament, ist vom Oberhaus, vom Kongress, vom Kabinett und ebenso vom Präsidenten oder Monarchen zu bestätigen, damit diese Persönlichkeiten die Gewählten des ganzen Volkes und der Regierung sind. Aus diesem Personenkreis sind die Mitglieder des Höchsten Gerichtshofes zu wählen. Die ganze Menschheit hat somit Anteil daran; denn jeder Abgeordnete vertritt die ganze Nation. Wenn der Höchste Gerichtshof zu einer internationalen Frage ein Urteil fällt, entweder einmütig oder durch Mehrheitsbeschluss, so gibt es keinen Einwand mehr für den Kläger und keine Ausflucht für den Beklagten. Falls eine Regierung oder Nation die unwiderlegliche Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs missachtet oder die Ausführung verschleppt, werden die übrigen Nationen dagegen auftreten; denn alle Regierungen und Nationen der Welt sind die Stützen dieses Höchsten Gerichtshofs. Überlegt, wie fest diese Grundlage ist! Ein beschränkter, eingeengter Bund jedoch erfüllt den Zweck nicht angemessen. Dies ist die Wahrheit über die erwähnte Lage.Bis hier wurde der [deutsche] Text entnommen aus ‘Abdu’l-Bahá, in: Briefe und Botschaften, Bahá’í Verlag 1998, Kap. 227. [Der folgende deutsche Text wurde entnommen aus ‘Abdu’l-Bahá, Der Weltfriedensvertrag – Ein Brief an die Zentralorganisation fiir einen dauernden Frieden, Bahá’í Verlag 1988 – Anm. d. Hrsg.].Q
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Bedenkt, wie machtvoll Bahá’u’lláhs Lehren sind! Als Bahá’u’lláh im Gefängnis von ‘Akká war und unter den Beschränkungen und Drohungen zweier blutdürstiger Könige stand, verbreiteten sich Seine Lehren dennoch mit aller Macht im Írán und in anderen Ländern. Wird sonst eine Lehre, ein Prinzip oder eine Gemeinschaft von einem mächtigen, blutdürstigen Monarchen bedroht, so wird sie in kürzester Zeit zunichte. Heute sind es fünfzig Jahre, dass die Bahá’í im Írán und in vielen anderen Gebieten weitreichenden Beschränkungen und der Bedrohung durch Schwert und Speer unterworfen sind. Tausende haben ihr Leben auf der Opferstätte hingegeben, Tausende sind als Märtyrer unter dem Schwert grausamer Unterdrückung gefallen. Tausende von angesehenen Familien wurden entwurzelt und zerstört. Tausende von Kindern wurden elternlos. Tausende von Vätern wurden ihrer Söhne beraubt. Tausende von Müttern weinten und klagten um ihre enthaupteten Kinder. Alle Unterdrückung und Grausamkeit, alle Raubgier und aller Blutdurst konnten die Ausbreitung der Lehren Bahá’u’lláhs nicht verhindern. Sie verbreiteten sich Tag für Tag; ihre Kraft und Macht wurden immer deutlicher.
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Es mag sein, daß irgendeine törichte Person unter den Personen ihren Namen dem Inhalt der Sendschreiben Bahá’u’lláhs anhängen wird oder auch den Erklärungen in den Briefen ‘Abdu’l-Bahás beifügt und sie an diesen geschätzten Gerichtshof sendet. Ihr müßt auf diese tatsache achten, denn irgendein Perser, der Ruhm sucht oder andere Absichten hegt, wird den vollen Inhalt der Sendschreiben Bahá’u’lláhs benützen und diesen unter seinem eigenen Namen oder im Namen seiner Gemeinschaft veröffentlichen, so wie es sich auf dem Universalen Rassenkongreß in London vor dem Krieg zugetragen hat. Ein Perser entnahm den Inhalt der Sendschreiben Bahá’u’lláhs, betrat den Kongreß, gab ihn mit seinem eigenen Namen kund und veröffentlichte ihn, während der Wortlaut genau von Bahá’u’lláh stammte. Einige dieser Leute fuhren nach Europa, brachten Verwirrung unter die Völker Europas und führten die Gedanken einiger Orientalisten in die Irre. Ihr müßt diese Tatsache wohl bedenken, denn nicht ein Wort dieser Lehren war in Persien vor dem Erscheinen Bahá’u’lláhs jemals gehört worden. Untersucht diese Angelegenheit, damit sie für euch erwiesen und offenbar werde! Es gibt Menschen, die wie Papageien sind; sie lernen das Neue, das sie hören, und sprechen es nach; sie sind sich aber dessen nicht bewußt, was sie reden. Es gibt gegenwärtig in Persien eine Sekte von einigen wenigen Menschen, die sich Bábí nennen. Sie behaupten, Nachfolger des Báb zu sein, obwohl sie sich über Seine Heiligkeit völlig im unklaren sind. Sie haben etliche Geheimlehren, die in vollem Widerspruch zu den Lehren Bahá’u’lláhs stehen, und in Persien wissen dies die Leute. Wenn diese Menschen aber nach Europa kommen, verheimlichen sie ihre eigenen Lehren und verkünden die von Bahá’u’lláh. Sie wissen, daß die Lehren Bahá’u’lláhs mächtig sind, und deshalb erklären sie auch öffentlich jene Lehren Bahá’u’lláhs als ihre eigenen. Was ihre Geheimlehren betrifft, so sagen sie, daß diese dem Bayán entnommen sind, aber das Buch Bayán hat der Báb verfaßt. Wenn ihr die Übersetzung des Bayán studiert, die in Persien angefertigt wurde, so werdet ihr die Wahrheit entdecken, daß die Lehren Bahá’u’lláhs völlig im Gegensatz zu den Lehren jener Sekte stehen. Hütet euch, diese Tatsache zu mißachten! Solltet ihr in dieser Sache weiter nachforschen wollen, so fragt danach in Persien selbst.
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Kurz, wenn man durch die ganze Welt reist und den Aufbau sieht, ist dies das Ergebnis von Freundschaft und Liebe, wogegen alles im Niedergang Begriffene die Wirkung von Feindschaft und Hass zeigt. Doch die Menschheit ist dessen noch nicht gewahr; sie ist noch nicht aus dem Schlafe der Achtlosigkeit erwacht. Schon wieder lässt sie sich auf Hader, Zank und Streit ein, um Fronten aufzubauen und auf Schlachtfelder zu ziehen.
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Nicht anders steht es mit dem Weltall und seiner Zerstörung, mit dem Sein und dem Nichtsein. Alles Stoffliche ist aus vielen verschiedenen Elementen gebildet; das Dasein jedes Dings ist das Ergebnis einer Zusammensetzung. Das heißt, wenn einfache Elemente zusammengesetzt werden, entsteht daraus etwas Neues. Die Schöpfung der Dinge geschieht auf diese Weise. Wenn diese Zusammensetzung gestört wird, folgt die Auflösung: Die Elemente zerfallen, dieses Sein wird vernichtet. Das heißt, jede Vernichtung beruht auf der Auflösung und Trennung der Elemente. Somit führt jede Zusammensetzung von Elementen zum Leben, jede Auflösung und Trennung zum Tod. Kurz, Anziehungskraft und Einklang der Dinge lassen Früchte und nützliche Ergebnisse entstehen, während Abstoßung und fehlende Harmonie zwischen den Dingen Verwirrung und Vernichtung bewirken. Alle lebendigen Geschöpfe, die Pflanze, das Tier und der Mensch, entstehen durch Einklang und Anziehung; durch Unvereinbarkeit und Abstoßung setzen Verfall und Vernichtung ein.
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Was unter den Menschen Einklang, Anziehung und Vereinigung verursacht, ist Leben für die Menschenwelt; was hingegen Gegensätze, Abstoßung und Trennung bewirkt, führt die Menschheit zum Tode.
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