Universales Haus der Gerechtigkeit | Botschaft vom 2013-07-24 An den Nationalen Geistigen Rat der Bahá’í in Kanada zur Rolle der Association for Bahá’í Studies
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Das Universale Haus der Gerechtigkeit
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24. Juli 2013
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Der Nationale Geistige Rat der Bahá’í in Kanada
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Liebe Bahá’í-Freunde,
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Das Universale Haus der Gerechtigkeit hat vor kurzem eine Reihe von Beratungen über das intellektuelle Leben der Bahá’í-Gemeinde und seine stärkere Einbeziehung in das Leben der Gesellschaft abgeschlossen. Wir wurden darum gebeten, Ihnen die folgende Antwort auf Ihre Anfrage vom 3. März 2010 hinsichtlich der Association for Bahá’í Studies zu übermitteln:
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Seit ihrer Gründung in Nordamerika im Jahr 1975 hat die Association for Bahá’í Studies einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung der Bahá’í-Gemeinde geleistet, und so entstand allmählich ein Netz von Zweigstellen bzw. verbundenen Strukturen zur Förderung der Gelehrsamkeit in verschiedenen Teilen Welt. Obwohl das Vorgehen je nach verfügbaren Mitteln und Umständen in den einzelnen Ländern variierte, befassten sich diese Gesellschaften mit einer Reihe ganz ähnlicher Fragen. Hierbei ging es u.a. darum, die Wertschätzung für die Bedeutung des persönlichen Studiums der Offenbarung zu fördern, die Lehren mit dem gegenwärtigen Denken in Beziehung zu setzen, die Sache zu verteidigen, junge Gläubige in ihren akademischen Tätigkeiten zu ermutigen, das Interesse und die Beteiligung von Nicht-Bahá’í-Akademikern so weit wie möglich zu gewinnen und ein Forum für die Zusammenarbeit von Bahá’í-Akademikern zur Verfügung zu stellen, um hierdurch zu helfen, die Fähigkeiten derer auszubauen, die sich in einem breiten Spektrum von Fachgebieten beteiligen, insbesondere in bestimmten, stärker mit dem Studium des Glaubens verbundenen Bereichen, wie beispielsweise Geschichte, Religionswissenschaft und Übersetzung.
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Im Jahr 1996 begann die Bahá’í-Welt, sich auf eine gewaltige Anstrengung zu konzentrieren: die Arbeiten für Ausbreitung und Festigung, das Wachstum und die Gemeindebildung besser zu verstehen und zu systematisieren. Vieles wurde gelernt, was das Handlungsmuster der Gemeinde zutiefst geprägt hat. Die Association for Bahá’í Studies befasste sich unterdessen weiterhin mit bestimmten komplementären Bereichen zu den Aktivitäten, die sich innerhalb der letzten Reihe von Plänen entwickelt haben. „Das Bahá’í-Gemeindeleben umfasst eine Vielzahl von Elementen, die sich über Jahrzehnte herausgebildet haben und die weiter verfeinert und entwickelt werden müssen“, schrieb das Haus der Gerechtigkeit in einer Botschaft vom 27. Dezember 2005. Es ist jetzt an der Zeit nachzudenken über die langjährige Erfahrung der Association for Bahá’í Studies, über das Zusammenspiel ihrer Unternehmungen mit den wichtigsten Handlungsfeldern, in denen Bahá’í sich engagieren, und über die Möglichkeiten, die sich künftig für die fruchtbarsten Bestrebungen bieten.
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Das Haus der Gerechtigkeit konnte beobachten, dass innerhalb von Clustern, in denen der Wachstumsprozess an Intensität gewinnt, sowie auf nationaler Ebene sich die Bahá’í zunehmend am gesellschaftlichen Diskurs zu Themen beteiligen, die der Nationale Rat ausgewählt hat. Zugleich weist es darauf hin, es gebe „sehr viele Bahá’í, die sich in ihrem Beruf als Einzelne in sozialem Handeln und öffentlichem Diskurs engagieren“. Jeder Gläubige hat die Möglichkeit, die gesellschaftlichen Kräfte zu studieren und relevante Aspekte der Lehren in Diskursen einzubringen, die innerhalb seines eigenen sozialen Umfelds allgemein verbreitet sind. Die Bemühungen der Association for Bahá’í Studies können vielleicht als ein Mittel angesehen werden, um die Fähigkeiten der Freunde zu verbessern, solche Gelegenheiten in Verbindung mit ihren wissenschaftlichen Interessen auszuloten. Durch die besonderen von ihr geschaffenen Rahmenbedingungen kann die Association for Bahá’í Studies für eine Vielfalt von Gläubigen in einem breiten Spektrum von Fachgebieten das Lernen fördern.
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Um die Arbeit der Ausbreitung und Festigung, das soziale Handeln und die Beteiligung an den Diskursen der Gesellschaft voranzubringen, steht im Zentrum der Bemühungen die Vorstellung eines sich entwickelnden konzeptionellen Rahmens, einer Struktur, die das Denken ordnet und dem Handeln Gestalt verleiht und die mit zunehmender Erfahrung weiter ausgearbeitet wird. Es wäre sicherlich fruchtbar, wenn die für die Arbeit der Gesellschaften für Bahá’í-Studien relevantesten Elemente dieses Rahmens ganz bewusst immer besser herausgearbeitet werden könnten. In diesem Zusammenhang könnte es sinnvoll sein, Erkenntnisse, die zum Fortschritt der Gemeinde beigetragen haben, näher zu untersuchen: Die Beziehung zwischen Studium und Handeln, die Notwendigkeit eines gemeinsamen Fokus, der nicht mit Uniformität verwechselt werden darf, die Herausforderung, Fähigkeiten der Einzelnen zu fördern und andere in ihrem Dienst zu begleiten, die Dynamik einer organischen Entwicklung, die institutionellen Vorkehrungen, die notwendig sind, um immer komplexere Handlungsmuster aufrecht zu erhalten, das zwischen allen Unternehmungen erforderliche Zusammenspiel, sowie die guten Beziehungen zwischen den Einzelnen, der Gemeinde und den Institutionen. Der wichtigste Aspekt hierbei ist vielleicht Lernen durch Handeln; die Freunde beteiligen sich an einem fortlaufenden Prozess des Handelns, der Reflexion, des Studiums und der Beratung, um Hindernisse anzugehen und gemeinsam Erfolge zu erleben, Strategien und Methoden zu überdenken und zu überarbeiten, und mit der Zeit die Bemühungen zu systematisieren und zu verbessern.
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Einer der entscheidenden Aspekte eines konzeptionellen Rahmens, der in den kommenden Jahren sorgfältige Beachtung erfordert, ist die Schaffung und Anwendung von Wissen und Erkenntnissen, ein Thema, das die Teilnehmer der Konferenz der Association for Bahá’í Studies im August untersuchen werden. Den meisten Wissensgebieten der Menschen liegt ein gewisser Grad von Konsens über die Methodik zugrunde – ein gemeinsames Verständnis von Methoden und wie man sie in geeigneter Weise zu verwenden hat, um Tatsachen systematisch zu untersuchen und zu verlässlichen Ergebnissen und fundierten Schlüssen zu gelangen. Bahá’í, die sich mit verschiedenen Fachbereichen befassen, mit Wirtschaft, Bildung und Erziehung, Geschichte, Sozialwissenschaften, Philosophie und mit manchen anderen, sind offensichtlich in den in ihren Bereichen angewandten Methoden bewandert und wenden sie voll und ganz an. Ihnen obliegt die Verantwortung, sich ernsthaft darum zu bemühen, darüber nachzudenken, welche Implikationen die der Offenbarung innewohnenden Wahrheiten auf ihre Arbeit haben könnten. Das Prinzip der Harmonie von Wissenschaft und Religion, wenn es getreulich eingehalten wird, stellt sicher, dass religiöser Glaube nicht dem Aberglauben erliegt und dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht vom Materialismus vereinnahmt werden. Die Freunde, die in ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit Hervorragendes leisten möchten, werden sich natürlich bemühen, den hohen Erwartungen gerecht zu werden, die Bahá’u’lláh und ‘Abdu’l-Bahá gesetzt haben. Was auch immer der Umfang ihrer Leistungen sein mag, sind diese Freunde doch ein fester Bestandteil der Gemeinde; sie sind nicht befreit von den Verpflichtungen, die jedem Gläubigen auferlegt sind und sie verdienen zugleich Verständnis, Geduld, Unterstützung und Respekt von Seiten der Gemeinde.
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Während über wesentliche Konzepte eine Einheit im Denken entsteht, mag es die Association nützlich finden, mit einigen einfachen Schritten, die zunehmend komplexer werden können, neue Ansätze zu erkunden. Jene Aspekte des konzeptionellen Rahmens, die sich auf intellektuelles Forschen in den unterschiedlichsten Bereichen beziehen, werden allmählich an Klarheit und Vielfalt zunehmen. So könnten beispielsweise kleinere Seminare abgehalten werden, um Personen aus bestimmten Berufen oder akademischen Fachbereichen dabei zu unterstützen, einen bestimmten Aspekt des Diskurses auf ihrem Gebiet zu untersuchen. Eine Gruppe erfahrener Teilnehmer könnte zu konkret gewählten Themen Artikel zugänglich machen oder Beiträge verfassen und über aktuelle Standpunkte und entsprechende Bahá’í-Konzepte beraten. Interessengruppen zu Themen wie Philosophie oder Religionswissenschaft könnten sich treffen, um ihre Bemühungen zu intensivieren. Regelmäßige Mitteilungen oder Folgetreffen könnten angeboten werden, damit die Teilnahme dieser Gruppen an Aspekten des Diskurses auf ihrem Fachgebiet noch wirksamer wird. Auch auf jene Bereiche der wissenschaftlichen Literatur über den Glauben, die nicht beachtet werden oder die in einer irreführenden oder problematischen Weise behandelt werden, könnte die Aufmerksamkeit gerichtet werden. Darüber hinaus könnten bestehende Aktivitäten, wie das Abhalten einer großen Konferenz, neu überdacht werden. Natürlich bedarf die Ausarbeitung und Veröffentlichung von Artikeln, Zeitschriften und Büchern weiterhin fortgesetzter Anstrengungen.
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Ein weiterer Punkt wird im Mittelpunkt dieser Überlegungen stehen. Das Trainingsinstitut ist von zentraler Bedeutung dafür, dass sich die Fähigkeiten der altgedienten und der neuen Gläubigen für eine aktive Beteiligung an der Ausbreitungs- und Festigungsarbeit entwickeln. Darüber hinaus bietet das Institut die Struktur für einen Ausbildungsprozess mit drei verschiedenen Phasen, der zunehmend Personengruppen im Alter von sechs Jahren bis ins Erwachsenenalter zu Gute kommt. Mit den Erfahrungen, die das Institut anbietet, werden den Teilnehmern nicht nur einfach Informationen vorgelegt, vielmehr erwerben sie durch das Studium der Kurse und durch die Beteiligung an Gemeindebildungsaktivitäten, in denen die Lektionen eine praktische Anwendung finden, Wissen, Fertigkeiten und geistige Einsichten, die sie in die Lage versetzen, persönlichen und gesellschaftlichen Wandel wirksam zu fördern. Doch welchen Umfang die Lehrpläne auch haben und wie grundlegend sie für den Fortschritt der Gemeinde auch sein mögen, die Beteiligung am Institut ist nur ein Teil des lebenslangen Forschens, für das die Freunde sich engagieren werden, etwas, was die Erkundung der Offenbarung sowie verschiedene Wissensbereiche umfassen wird. Die kommenden Jugendkonferenzen, die Zehntausende von jungen Menschen anziehen werden, sind beispielhaft für die wachsende Zahl von Teilnehmern, die, in ihrer frühen Reifezeit durch den Institutsprozess geformt, festentschlossen den Pfad des Lernens und Handelns beschreiten werden, der sich über die Zeit ihrer akademischen Studien und darüber hinaus erstrecken wird. Das Haus der Gerechtigkeit erwartet, dass heranwachsende Generationen von Bahá’í voll und ganz ein breites Spektrum von intellektuellen Herausforderungen in Angriff nehmen, alle Fallstricke und Hindernisse überwinden und ihre Dienste für die Besserung der Welt leisten. So wird in den kommenden Jahrzehnten eine große Anzahl von Gläubigen verschiedene gesellschaftliche Gebiete und Felder menschlichen Handelns betreten. Auf diesem Schauplatz überreicher Möglichkeiten kann die Association for Bahá’í Studies einen wichtigen Beitrag leisten.
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Mit liebevollen Bahá’í-Grüßen,
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Sekretariatsabteilung
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